In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein. Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin
Vom Flächenbrand
"Wir tauschen unser Sofa gegen einen Tag am
Meer, wir sitzen abends auf den Dächern und küssen gern, wir
sind am Strand die ersten, die ihre Schuhe verlieren. Wir brauchen
keine Thesen und keine Theorien, wir träumen davon, dass es
Realität nicht gibt, wir sind aus bunten Farben und wir sind aus
Magie... Denn jetzt ist die Zeit und hier ist der Ort, wir sind
bereit, so sind wir geboren: Wir sind frei."
(Berge: Wir sind frei)
"Wenn man dich kennenlernt, wirkst du, als ob du kein
Wässerchen trüben könntest.", sagt sie. Ich lächle
unschuldig. Sie zieht die Augenbrauen zusammen. "Aber eigentlich
hast du es faustdick hinter den Ohren!", stellt sie
nachdrücklich fest. Ich lache und zucke mit den Schultern. Keine
Ahnung, ob ich es faustdick hinter den Ohren habe. Eigentlich halte
ich mich für fast schon langweilig normal.
Am Ende des Tages liegt eine 70 Stunden-Woche hinter mir.
Erstaunlicherweise überrasche ich mich jedoch selbst und bringe es
tatsächlich noch fertig, die Musik laut aufzudrehen und laut singend
durch die Wohnung zu tanzen, während ich wenigstens oberflächlich
versuche, das Chaos in der Wohnung zu beseitigen. Eine Nachricht auf
meinem Handy lässt mich über eine Erinnerung stolpern:
Lächelnd denke ich an einen warmen Sommerabend vor ein paar
Jahren. Ich befinde mich in einer beliebigen Stadt in Niedersachsen.
Mit einem Freund liege ich auf einer Wiese unter einem sternenklaren
Himmel. Wir halten uns an unserem Billigbier fest und diskutieren,
vermutlich auf Stammtischniveau, über Hobbes "Homo homini lupus
est" und Rousseaus Annahme, der Mensch sei von Natur aus gut.
Während mein Gegenüber Gott, die Welt und alle Menschen verteufelt,
argumentiere ich inbrünstig dagegen, gehe vom Guten aus und
versuche, ihn von meiner Meinung zu überzeugen. Wie immer gehen mir
irgendwann die Worte aus, weil ich es nicht schaffe, das Grundgefühl,
das sich durch mein Leben durchzieht, in passende Worte zu kleiden.
Das bringt ihn zum Lächeln. Und weil das Bier anfängt uns zu
drehen, zieht es uns zu Springbrunnen. Lachend greift er nach meiner
Hand, nimmt mich mit sich, bis wir beide in das angenehm kühle
Wasser kippen und uns atemlos treiben lassen. Es ist ein
schleichender Prozess, aber wir verlieren uns beide in dieser Nacht.
Lassen los. Leise. Kontrolllos. Sehnsüchtig. Das Gefühl von Glück
kitzelt sich mit einer Intensität durch uns hindurch, die sich kaum
ertragen lässt. Wie schön es ist, dass wir am Leben sind!
Ich kaufe uns im Rotlichtviertel die teuerste Flasche Wein, die
ich je erstanden habe. Einen Korkenzieher brauchen wir nicht.
Korkenzieher sind etwas für Mädchen. Er zieht die Spraydosen aus
dem Rucksack. Mir gehören die Litfaßsäulen und ihm die
Werbeplakate. Eine Friedenstaube nach der anderen spraye ich. Es kann
nicht genug Frieden geben, denke ich mir. Und überhaupt kann ein
wenig Liebe der Welt nicht schaden. Um wenigstens ein paar Menschen
am kommenden Tag zum Lächeln zu bringen, pflücken wir anschließend
bunte Blumen, die wir in Briefkästen, unter Scheibenwischer und an
Fenster klemmen.
Der Tag hat längst die Nacht abgelöst, als wir heimkehren.
"Was tun, wenn´s brennt?", flüstert er leise, als wir
nebeneinander im Bett liegen. Ein Satz, der seit Jahren unsere
Freundschaft besiegelt. "Brennen lassen!", antworte ich und
lächle mit geschlossenen Augen. Seine Hand schiebt sich behutsam auf
meine.
Irgendwann als Jugendliche las ich mal ein Buch - ich glaube, es war "Gangs of New York" von Herbert Asbury - in dem jemand sagte, er würde seinen Kaffee nur schwarz trinken, damit er nichts vermissen müsse, gäbe es mal keinen Zucker oder keine Milch. Ich fand das damals ziemlich nachvollziehbar und auch ein bisschen cool. Deshalb habe ich die Geschichte, auch hier im Blog, gerne erzählt und meinen Kaffee ebenfalls lange schwarz getrunken. Heute, viele Jahre später, fällt mir dieser Spruch wieder ein. Und zum ersten Mal fällt mir auf, wie blödsinnig er ist. Mittlerweile trinke ich meinen Kaffee mit Milch. Täglich und immer. So liebe ich ihn. Und genauso wie ich meinen Kaffee trinke, lebe ich nun auch mein Leben: Es ist nicht gut, prophylaktisch auf Dinge zu verzichten, weil man sie irgendwann mal missen könnte, wenn sie nicht mehr sind. Ich genieße die Dinge heute und koste sie, möglichst bewusst, aus, weil ich nicht weiß, ob es ein Morgen gibt. Wenn es aber kein Morgen gibt
Ich muss an meine Kollegin denken. Vor ein paar Wochen kam sie krank zur Arbeit. Nachdem wir einen halben Tag zusammen in unserem kleinen Büro gesessen hatten, sagte sie ganz unglücklich: "Ich glaube, ich habe Corona. Aber ich darf kein Corona haben. Wenn ich jetzt Corona habe, kann ich nicht in den Urlaub fliegen. Dann kann ich nie wieder glücklich sein." Ich musste etwas lachen, weil ich sie zunächst gar nicht ernst nahm. In dem Wissen um ihre Weihnachtsverliebtheit erwiderte ich scherzhaft: "Doch, doch. Spätestens zu Weihnachten wirst du wieder glücklich sein!" Doch sie schüttelte nur den Kopf. "Nicht einmal dann.", antwortete sie ernst. Ihre Worte sind mir sehr nachgegangen und zunächst einmal konnte ich gar nicht verstehen, warum dem so ist. Eine Zeitlang überlegte ich, ob ich neidisch sein könnte. Auf die Fähigkeit, ein nicht Antreten des Urlaubs als einen so großen Verlust zu empfinden. Aber das war es nicht. Mittlerweile weiß ich, dass es mich schl
Ich lasse die Statusmeldungen bei W.hatsA.pp durchlaufen und stolpere darüber, dass T. Bilder veröffentlicht hat. Das trifft mich, nach Jahren der Stille, unerwartet. Zugleich ist der Zeitpunkt fast schon lächerlich passend, weil ich in letzter Zeit oft an ihn denke. Denn ich lerne an H. wie tief die Verletzungen sind, die T. mir zugefügt hat. Seit T. ist H. der erste Mensch, dem ich es gestatte, so tief in mich hineinzusehen. Das ist irgendwie leicht, weil er so liebevoll und gut zu mir ist und andererseits ist es schwerer denn je, weil ich jederzeit erwarte, an den Punkt zu stoßen, an dem er mich zurückweist. Ich erwarte verbale Verletzungen und Ablehnung meiner Person in vorauseilendem Gehorsam. Der Glaube daran, das etwas wirklich gut sein kann ist mir abhanden gekommen. Ich genieße die Zeit, die wir miteinander verbringen. Aber ich warte auf das Ende. Jeden Tag. Ich vermute, die Bilder aus T. Status' sind aus seinem Bus heraus aufgenommen. Vielleicht auch nicht, aber sie fühle
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