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Es werden Posts vom Februar, 2020 angezeigt.

Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom Kern

"Und was ist Ihre Diagnose?“ Die Frau guckt ein wenig irritiert. Vermutlich weil ihr sehr bewusst ist, dass sie mit ihrer dünnen, eng anliegenden Mütze aussieht wie eine Krebspatientin. "Brustkrebs.", antwortet sie nach kurzen Zögern und nimmt einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. "Sie wollten mir die Brust abnehmen. Aber das habe ich abgelehnt. Meine Brust ist doch ein Teil von mir. Gehört zu mir. Ich will mich weiblich fühlen. Die große Chemorunde habe ich schon hinter mir. Jetzt werde ich bestrahlt." Sie zuckt mit den Achseln. "Mal schauen, was passiert. Was da noch kommt." Dann benutzt sie erstaunlicherweise die Worte, die mir auch so oft über die Lippen schlüpfen. "Am Ende kommt es ja eh so wie es kommen soll." Ich nicke. Für wenige Minuten versinken wir in einvernehmlichem Schweigen. Irgendwann schnippst sie ihren übriggebliebenenen Kippenstummel vor uns auf den Bürgersteig. Bereits im Gehen, bleibt sie doch noch einmal stehen

Von der Dankbarkeit

Harter Tag. Ich bin so müde, dass mir die Glieder schmerzen. Wer immer das hier liest - nimm dir doch einen Augenblick der Dankbarkeit. Sei dankbar dafür, ... Dass du dich an einem Ort deiner Wahl befindest und frei bist.  Dass deine Glieder sich nicht taub anfühlen und die Taubheit wandert. Von deinen Füßen über deinen Genitalbereich bis hin zur Brust, ohne dass ein Ende in Sicht ist.  Dass du keine Krankheit hast, die dir wie ein Überraschungsei voller Momente unberechenbare neurologische Ausfälle serviert. Dass du deine Lieben hast. Deine Freunde. Deine Haustiere. Deine Arbeit. Dein Haus oder deine Wohnung. Dein Bett.  Dass es Menschen gibt, denen du wichtig bist. Die dich lieben. Die dich aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Krankenhaus besuchen würden, wenn du dort sein müsstest.

Vom Whisky und mir

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Jeden Morgen, während ich darauf warte, dass die Kaffeemaschine meinen Kaffee zaubert, fällt mein Blick auf das Regal über meinem Kopf. Täglich frage ich mich, welcher Whisky ich wohl wäre, wenn man versuchen würde, mich in drei Worten zu beschreiben. Ich habe da so eine Ahnung...

Von Schranken

Intuitiv spüre ich, dass dieser hübsche Typ hinter mir über den Parkplatz läuft. Das macht mich irgendwie nervös. Ich fühle mich wie ein vierzehnjähriges, pubertäres Mädel, weil ich mich darauf konzentrieren muss, einen Fuß vor den anderen zu setzen, obwohl ich gar nichts getrunken habe. Aber irgendwie legt dieser wildfremden Mann nicht nur meine Gehirnwindungen, sondern auch meine körperlichen Funktionen lahm. Zumindest fühle ich mich torkelig. Das Bedürfnis zu fliehen ist übermächtig. Vor mir fährt ein Auto vor die Schranke, die den Parkplatz begrenzt. Der Fahrer lässt sein Fenster hinab, schiebt seine Parkkarte in den Automaten und die Schranke öffnet sich. Ein Geistesblitz durchzuckt mich. Ohne zu überlegen nähere ich mich im Stechschritt der Schranke. Wenn ich unter der Schranke hindurchhusche, spare ich mir einen kleinen Umweg, bin schneller vom Parkplatz runter und dieser mehr als seltsame Gefühlssturm in mir legt sich hoffentlich wieder. Anders formuliert: Ich komme bestimmt w

Vom ersten Kuss

Draußen stürmt es. Aber wir liegen zusammen im Bett und gucken "Der König der Löwen". Ich kuschel mich in seine Halsbeuge hinein. Das ist einfach schön, weil wir einander so nahe sind. Ich spüre in diesem Moment, wie sehr ich das vermisse: Nähe. Zarte, ganz unsexuelle Berührungen voller Zuneigung. Jetzt wendete er sich mir zu. Mit den Fingerspitzen fahre ich sanft über seine dunkle Haut. Sein Kopf nähert sich mir. Unwillkürlich öffne ich meine Lippen. Und ja, wirklich, er küsst mich. So zart als wäre ich zerbrechlich. Sein Kuss gleicht einem Flügelschlag. Ich fühle mich geliebt. Das ist der beste erste Kuss, den ich jemals erlebt habe. Danke, Geordi La Forge. Himmel, ich sollte wirklich aufhören zum Einschlafen Star Trek zu gucken.

PS: Du wirst geliebt

Mein liebes, süßes Kind, ich wünsche dir alles Liebe zu deinem ersten Geburtstag. Leider durften wir uns nicht kennenlernen, weil dein kleines Herz viel zu früh aufgehört hat zu schlagen. Aber dennoch trage ich dich tief in meinem Herzen und werde es immer tun. Du hast in mir ein Zuhause und ich liebe dich. In allen Momenten meines Lebens. So gerne hätte ich dir das Leben geschenkt. Du kamst zwar überraschend, aber ich habe mich darauf gefreut, dich mit Liebe zu überschütten, dir unsere Welt zu zeigen, dich die vielen Wunder entdecken zu lassen, dich Vertrauen zu den Menschen zu lehren und zu einem guten Menschen zu erziehen. Ich wollte dich in meinem Leben. Mit absolut jeder Faser. Und du wärest mehr als nur willkommen gewesen. Ich habe mir so oft vorgestellt, wie wir miteinander kuscheln und ich dir mit leiser Stimme Märchen erzähle. Die Liebe zur Sprache wollte ich dir beibringen. Deine Fantasie fordern. Vor meinem inneren Auge habe ich uns im warmen Sommerregen durch die Pfüt