Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom Schreiben

Ich habe das Gefühl, dass ich erst wieder lernen muss, dass ich alles schreiben darf und mich nicht verbiegen muss. Das hier - das zauberreich - ist mein Ort. Zwar weiß ich, dass ich hier eigentlich sein darf, wer ich bin, dennoch kann ich spüren, wie konditioniert ich noch immer bin: Schreib nicht über andere Männer! Schreib nicht über deine Freunde! Schreib nicht über Kollegen! Schreib am besten gar nichts über Menschen! Schreib nichts, was mich verletzt! ... Es fällt mir ganz, ganz schwer, mich wieder umzustellen - permanent überlege ich mir, wem ich mit welchen Worten wie sehr auf die Füße treten könnte, formuliere noch immer um oder behalte Beiträge für mich. Kämpfe gegen den Impuls an, Rechtfertigungen für das, was ich schreibe, zu finden, noch bevor ich Worte getippt habe. Seltsam ist das. So richtig bin ich noch nicht hier angekommen, glaube ich.

Ich brauche unbedingt einen neuen Rechner. Das denke ich schon seit Monaten. Die unterschiedlichen Anschläge meiner Tastatur machen mich wahnsinnig. Damit die Tastatur keine Buchstaben verschluckt, muss ich die Tasten antippen, als würde ich eine Schreibmaschine bedienen. Und mich dann davon überraschen lassen, ob der Buchstabe es in die Datei schafft und falls ja, ob er einmal oder mehrmals auftaucht. Bei der Vielzahl der Seiten, die ich täglich schreibe, ist es nervig, wieder und wieder nachzukontrollieren. Ich hasse Rechtschreibfehler (obwohl ich sicher als Kind, das zwischen alter und neuer Rechtschreibung aufgewachsen ist, jede Menge davon mitnehme). Eigentlich hätte ich den Rechner sofort nach dem Kauf einschicken müssen: Aber weil ich eben so gerne schreibe und keinen Ersatz verfügbar hatte, konnte ich mich nicht durchringen. Ich dachte, dass ich mich schon an die Tastatur gewöhnen werde. Aber: Nein. Ich werde mich daran nicht gewöhnen. Niemals. Die Tastatur ist einfach ein Arsch. Und Egon IV (mein Rechner) ist nicht zu meinem Lieblingsfreund geworden. Vielleicht wird es Zeit, Egon durch einen Nachfolger abzulösen.

Früher habe ich Papier-Tagebuch geschrieben. Das erste Tagebuch habe ich von meinen Großeltern geschenkt bekommen. Damals war ich sieben Jahre alt. Es war ein Katzenkalender. Offenbar gab es in meinem Leben eine Zeit, in der ich als Kind sehr viel wandern musste. So habe ich es zumindest niedergeschrieben: Seite um Seite habe ich lediglich mit dem Datum und einem Wort beschrieben: Wandern. "Warum müssen wir immer sinnlos Berge hochlatschen?", habe ich meinen Papa damals mal gefragt. Die schlaue Antwort auf meine Frage ist er mir bis heute schuldig geblieben. Dafür grinst er immer noch, wenn er an die Situation denkt. Ich fand wandern schon immer blöd (Wobei ich es heute wenigstens schon ein bisschen weniger blöd finde als damals. Ich kann mir, in der Theorie, immerhin vorstellen, einen Berg hinaufzuwandern.). Dementsprechend viel habe ich auf diesen Wanderungen gebockt. Wenn es meinen Eltern zu viel wurde, haben sie mich sitzenlassen. "Wir kommen nachher wieder hier vorbei und holen dich dann ab", haben sie dann gesagt. Aber irgendwie habe ich mich schwergetan, ihnen das zu glauben. Ich bin kein einziges Mal sitzengeblieben, um auf ihre Rückkehr zu warten. Stattdessen bin ich ihnen, Rotz und Wasser heulend, hinterhergerannt, sobald sie drohten, außer Sichtweite zu geraten.
Worauf wollte ich eigentlich hinaus?
Irgendwann wechselte ich vom Papier-Tagebuch auf den Rechner und tippte das, was mich bewegte, in diverse word-Dateien. Weil ich so wesentlich schneller und mehr schreiben konnte, als ich es von Hand zustande gebracht hätte. Das hatte aber einen Nachteil: Ich war nie ein Freund von Backups. Vielmehr sah ich mich als Verfechtern der Mädchen-Logik: "Mein Rechner hat einen Namen, ich rede manchmal mit ihm, also haben wir ein gutes Verhältnis und er wird schon keinen Blödsinn machen!" - der Plan ging natürlich nicht auf. Und als dann mein dritter Rechner in Folge unwiederherstellbar krachen ging, ging ich zum Bloggen über. Hauptsächlich aus Gründen der Datensicherung. Twoday zunächst. Später blogspot. Wordpress. Und eine kleinere, unbekannte, aber dafür sehr familiäre Community zwischendurch.

Und nun bin ich hier. Hier will ich bleiben dieses Mal. Ich wünsche mir sehr, einfach ankommen zu dürfen. Nicht über Inhalt und Wortwahl nachdenken zu müssen, sondern einfach wieder niederschreiben zu können, was mir im Sinn herumgeistert. Damit ich das tun kann, werde ich morgen mal nach geeigneten, unkaputtbaren Rechnern gucken. Rechnern, die auf equal treatment stehen und bei denen keiner der 26 Buchstaben des Alphabets diskriminiert und ausgeschlossen wird. Ist doch auch gemein, wirklich. Die ganzen r´s und a´s und i´s und n´s, die ich mit der Zeit verloren habe. Ich brauche ein Herz für Buchstaben.

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