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Es werden Posts vom Dezember, 2023 angezeigt.

Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Küssen

"Gib mir die Zeit für einen ehrlichen Kuss, so wollen wir uns küssen, wenigstens am Schluss: Es wird ein Kuss sein, der alles verzeiht, der alles vergibt und uns beide befreit. Du musst ihn mir schenken,  ich bin zwar ein Dieb, doch gestohlen ist er wertlos und dann brauch' ich ihn nicht." (Die toten Hosen: Der letzte Kuss) Kein Sex. Wir sind sogar voll bekleidet. Du liegst auf deinem Sofa und ich sitze auf dir. Ohne hinzuschauen weiß ich, dass mein Rock längst über meine Hüften gerutscht ist. Ich spüre dich bei jeder Bewegung unter mir. Das ist so verführerisch.  Und du küsst mich. Du küsst mich wie ein Ertrinkender. Weitestgehend kontrolllos, gierig und hart. Leidenschaftlich. Immer mal wieder spüre ich, wie die Angst in mir hochbrandet. Einmal gebe ich dem Drang, aufzuspringen, fast nach. Aber dann erinnere ich mich daran, dass du es bist, der hier ist. Ich denke an deinen Gesichtsausdruck, als du mir ein paar Stunden zuvor gezeigt hast, dass die Wohnungstür offen ist

Vom Seilbahnmoment

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" Wir wollen einfach weg und kommen nie mehr zurück, auch wenn ich weiß, es klingt viel zu verrückt: Sie fällt hin, wo sie will, weil die Liebe so ist -  ich hab dich mein halbes Leben vermisst." (Clueso, Elif: Mond)   Wir treffen uns, irgendwo auf einem Parkplatz an einer Landstraße, und laufen durch ein Naturschutzgebiet. Wir laufen, um ganz ehrlich zu sein, damit wir nicht küssen. Oder berühren. Oder vögeln. Laufen als Alternative zu all den Dingen, die wir am liebsten tun würden. Und von denen fällt uns eine ganze Menge ein. Trotzdem versuchen wir, nur miteinander zu sein. Und auch das ist sehr, sehr schön und weitaus mehr, als ich dachte, was jemals zwischen uns passieren wird. Ich kenne den Spielplatz, an dem uns unser Weg gleich vorbeiführen wird. Und noch bevor du weißt, dass es dort überhaupt eine Seilbahn gibt, weiß ich, dass du mit ihr fahren wirst. Weil du an mir magst, übrigens ganz im Gegensatz zu dem sehr erwachsenen Mann, dass ich nur halb-bis-gar-nicht-e

Vom Kaffee und vom Leben

Irgendwann als Jugendliche las ich mal ein Buch - ich glaube, es war "Gangs of New York" von Herbert Asbury - in dem jemand sagte, er würde seinen Kaffee nur schwarz trinken, damit er nichts vermissen müsse, gäbe es mal keinen Zucker oder keine Milch. Ich fand das damals ziemlich nachvollziehbar und auch ein bisschen cool. Deshalb habe ich die Geschichte, auch hier im Blog, gerne erzählt und meinen Kaffee ebenfalls lange schwarz getrunken. Heute, viele Jahre später, fällt mir dieser Spruch wieder ein. Und zum ersten Mal fällt mir auf, wie blödsinnig er ist. Mittlerweile trinke ich meinen Kaffee mit Milch. Täglich und immer. So liebe ich ihn. Und genauso wie ich meinen Kaffee trinke, lebe ich nun auch mein Leben:  Es ist nicht gut, prophylaktisch auf Dinge zu verzichten, weil man sie irgendwann mal missen könnte, wenn sie nicht mehr sind. Ich genieße die Dinge heute und koste sie, möglichst bewusst, aus, weil ich nicht weiß, ob es ein Morgen gibt. Wenn es aber kein Morgen gibt

Von der Buckelei

Wir wollen spazieren gehen. "Sollen wir was mitnehmen?", frage ich den Mann. Er kennt mich lange genug, um zu wissen, dass ich damit eine Thermoskanne Kakao und Kekse meine. "Von mir aus müssen wir nichts mitnehmen.", antwortet er schulterzuckend. Ich finde das irgendwie komisch. Deshalb frage ich ihn, nachdem ich ein paar Minuten darüber nachgedacht habe, warum er nicht will, dass wir etwas mitnehmen. "Das ist immer so viel Vorbereitung.", sagt er, "Und dann müssen wir den ganzen Kram einpacken, mitnehmen und durch die Gegend buckeln."  Ich muss ganz schön schlucken. Weil: Das vorbereiten, einpacken und mitnehmen übernehme eigentlich immer ich. Und das der Mann den Kram tragen muss, kommt auch eher selten vor. "Das ist ganz schön gemein.", erwidere ich irgendwann leise. Das hier, das kann ich nicht einfach so schlucken. "Ich mache das - Kakao kochen und Kekse einpacken - damit wir eine schöne Zeit haben. Für uns." Der Mann an