Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von der Bedeutung

Abends krame ich meine kleine Lieblingsschatuelle hervor, die mir ein guter Freund zu meinem 16. Geburtstag schenkte. Alle Kleinigkeiten, die für mich von Bedeutung sind, sammle ich dort seit jenem Geburtstag. Die erste Rasierklinge, die ich über Jahre hinweg benutzt habe, selbst als sie schon ganz abgenutzt und stumpf war. Der letzte Brief von Ephraim, den er mir schrieb. Ein Haustier aus Kronkorken, welches mir ein Punk schenkte, als ich mich so sehr nach einem Haustier zum Liebhaben sehnte. Der metallene Schmetterling, den ich mir nach dem Tod meines Opas von seiner Gardine pflückte und heimlich in meine Hosentasche gleiten ließ. Die Brosche meiner über alles geliebten Uroma. Ein kleiner runder Glasstein, der mich an ein denkwürdiges Silvester in Hamburg erinnert, an dem ich das neue Jahr aus der Luft begrüßte. Ein Foto von meinem ersten ernsthaften Blind Date, dem zehn Jahre steter E-Mail-Verkehr vorangingen. Ein Plastik-Büstenhalter im Miniaturformat, den ich auf einer Party einsammelte, auf der wir alle nackt auf den Tischen tanzten und der Lilafarbene die Wiese staubsaugte. Gedichte vom Lilafarbenen, die von unserer Liebe zu Whiskey, durchzechten Nächten und philosophischen Diskussionen zeugen. Die Schablone der Friedenstauben, die wir Nachts an die Wände sprayten. Zwei Visitenkarten sowie zwei Büroklammern, die mir der Zaubermann schenkte. Die Scherbe, die die größte Narbe hinterlassen hat. Briefe. Jede Menge Briefe. Kleine und große. Viele, viele andere Dinge. Alles Erinnerungen, die ich niemals vergessen wollte.

Heute, am Abend des 31.05.2017, falte ich ein kleines Stück Papier dreimal. Damit ich nie wieder vergesse, dass es das Salz ist, das die bösen Geister vertreibt. Und wer derjenige war, der es geschafft hat, sie fortzujagen.


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