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Es werden Posts vom Mai, 2021 angezeigt.

Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom Durchringen

Ich bin kein guter Arztgänger. War ich noch nie. Meistens gehe ich erst dann, wenn es mir richtig schlecht geht und sich gar nicht mehr vermeiden lässt. Also gar nicht. Doch ich glaube, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich nicht mehr ignorieren kann, dass etwas nicht stimmt. Mein Herzschlag ist aus dem Rhythmus. Und langsam macht mir das Angst. Dass mein Herz manchmal rennt und ich auch nachts keinen Ruhepuls habe, kenne ich. Deshalb war ich mal in Behandlung. Aber extra Schläge, die mich innehalten lassen und vollkommen aus dem Takt bringen, bin ich nicht gewohnt. Zumindest nicht in dieser Häufigkeit. Bei weitem nicht. Eine Zeitlang dachte ich an eine Impfnebenwirkung. Ich habe gehofft, dass es vorbei geht. Aber stattdessen wurde es schlechter. Montag also. Arzt. Ich. Wirklich. 

Von Ausgleichsgefühlen

Ich bin nicht besonders gut in Selbstfürsorge. Auch wenn ich mir gerne das Gegenteil einrede. Tatsächlich ist es aber so, dass ich oft zu lange an Beziehungen festhalte, die mir nicht gut tun, mit Fieber auf Arbeit gehe, wenn der Schnelltest negativ ausfällt, damit die Kollegin nicht alleine die Stellung halten muss, und oftmals eigene Interessen und Wünsche zurückstelle, um die Harmonie aufrechtzuerhalten. Wie gut es mir geht, erkennt man an meinen Fingernägeln und an meiner Unterlippe, auf die ich gerne beiße, wenn ich gestresst oder emotional überfordert bin. Außerdem drücke ich in aufwühlenden Situationen mit aller Kraft meine Fingernägel in meinen rechten Daumen. Das weiß aber wirklich niemand. Und das ist mir auch wichtig, weil es mich viel zu verletzlich machen würde, wenn es anders wäre. Dann müsste ich alle Masken ablegen und könnte mich gar nicht mehr verstecken. Und das ist ein wirklich beunruhigender Gedanke. Es ist wichtig für mich, mich intensiv zu fühlen. Körpergrenzen z

Vom Grau im Herzen

"Denn all die Stürme, die mich trafen, Sie ließen meine Segel leer. Die Andern sind das bunte Meer, Du aber bist der Hafen." (Mascha Kaléko: Für Einen)  Vor mir liegt eine Landschaft in hunderten von Grautönen: Graue Steine, an denen sich das graue Meerwasser bricht. Am Horizont verschmilzt das Meer nahtlos mit dem tiefgrauen Himmel. Graue Wolken, graue Möwen, graue Segelboote. Graue Menschen. Beliebig. Austauschbar.  In meinem Herzen ist es zurzeit auch ein bisschen grau. Eine unbestimmte, schwere Traurigkeit hat von mir Besitz ergriffen, klammert sich an mich, in dem Versuch, mich in die Tiefe zu ziehen. Ich bin still. Still und müde und träume von besseren Tagen. Die bunter und unbeschwerter sind. Ich will barfuß durch das grüne Gras tanzen, mich vom Frühling in der Nase kitzeln lassen und spüren, dass ich gemocht werde. Heute wäre eine Umarmung schön. Denn ich fühle mich alleine. Und ich frage mich, ob es da draußen irgendjemanden gibt, der ähnlich fühlt.