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Es werden Posts vom September, 2020 angezeigt.

Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Tanzen

Als ich den Saal betrete, legt sich eine Gänsehaut auf meine Arme. Es ist lange her, das ich das letzte Mal getanzt habe. Die Sehnsucht kitzelt mich. Zu gerne würde ich tanzen können. Natürlich ohne zu üben. Prüfend sehe ich mich in der Spiegelfront an. Eine erwachsene Frau sieht zurück. Aber in dem Glitzern ihrer Augen kann ich das Mädchen von früher noch erkennen.  Ganz automatisch greift meine Hand nach der Stange. Mein Rücken streckt sich. Probehalber spitze ich die Zehen. Mein Fuß schabt leise über das Parkett. Ganz behutsam. Die einzelnen Positionen. Immer die Stimme meiner Ballettlehrerin im Ohr: Kopf rein, Brust raus, Po anspannen! Fingerhaltung nicht vergessen. Demi-plié tiefer. Tiefer! Jeté. Erstaunlich, dass ich mich doch, nach so vielen Jahren, noch an so einige Einzelheiten erinnern kann, die darüber hinausgehen, dass meine Ballettlehrerin meinen Bauch dick fand. Und mich das in jeder einzelnen Stunde spüren ließ.  Plötzlich mutiger geworden, wage ich eine schüchterne Dreh

Von neuen Freunden

Im letzten Jahr habe ich mir neue Freunde gesucht. Ich habe, ganz plump, annonciert. Und Fremde angesprochen, die mir sympathisch schienen. Das hat recht gut geklappt. Ich zähle drei neue Mädels zu meinem Freundes- und Bekanntenkreis, mit denen ich regelmäßig etwas unternehme. Ich genieße den Kontakt und den Austausch sehr. Von Tag zu Tag fühle ich mich mehr angekommen. Plötzlich kann ich hier im Viertel über die Straße laufen und bin nicht mehr anonym. Weil ich plötzlich Menschen kenne, angesprochen werde. Die Gegend ist zu meinem Zuhause geworden. Trotzdem bleibt ein kleiner, schaler Nachgeschmack. Denn es ist immer so, dass ich mir die Menschen aussuche, deren Freundschaft ich gewinnen will. Ich gebe viel in diese Beziehungen hinein, fühle mich manchmal aufdringlich, ernte letztendlich jedoch reichlich. Nichtsdestotrotz würde ich gerne mal ausgesucht werden. Ich wünsche mir jemanden, der versucht, mich für sich zu gewinnen, der mir das Gefühl gibt, mich aus einer Gruppe von Menschen

Vom Glücklichsein

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Die Kerze wiegt sich leicht im Wind und ihr Licht flackert. Es bricht sich an dem grauen Tag. Die vielen verschiedenen Grautöne verschlucken jedes Geräusch. Und in mir ist es genauso still. Friedlich. Ich glaube, jetzt habe ich den Knoten in meinem Herzen entwirrt. Kann wieder sanft und nachsichtig sein. Trotzdem spüre ich, dass ich ein bisschen besser auf mein Herz aufpassen muss, denn es wird von Mal zu Mal schwieriger, die kleinen und großen Risse zu kitten, das Gefühl, nicht verstanden zu werden, wegzudrücken und mich wieder aufzurichten. Der Gedanke, dass die Zeit irgendwann nicht mehr ausreicht, um zu heilen, gruselt mich. Dieses Mal habe ich lange damit gehadert, nicht genug, nicht ausreichend, nicht allein zu sein. Doch das hatte auch etwas Gutes. So konnte ich lernen, die Augen zu öffnen und genauer hinzusehen. Menschen zu sehen, die schon längst da waren. Die mir lange viel zu nahe waren, als das ich sie bewusst hätte wahrnehmen können. Jetzt ist die Zeit, um glücklich zu sei