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Es werden Posts vom Februar, 2017 angezeigt.

Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von der späten Erkenntnis

Zwischen Staubsaugen und dem Abwaschen des alten Geschirrs, ist er plötzlich da, dieser Moment, auf den ich seit vielen, vielen Monaten warte: Mit einem Male fühlt es sich richtig an, mir einen Stapel weißes Papier zu nehmen und ihm einen Brief zu schreiben. Mein Stift fliegt über die leeren Seiten, füllt sie mit Worten, während sich zeitgleich mein Kopf immer mehr leert. Ich schreibe alles auf, was mir auf der Seele liegt. Alles, was mir wichtig erscheint und alles, was ich sagen will. Fast vier Stunden lang schreibe ich. Erst einige Stunden danach spüre ich die Sackgasse, in die mich dieses Schreiben hineingezwungen hat. Denn es geht mir nicht besser. Ganz im Gegenteil. Ich ringe vielmehr um Fassung und mir ist danach, mich zusammenzurollen und zu weinen. Denn mit einem Schlag wird mir bewusst, dass die Zeilen, die ich geschrieben habe, niemals ihren Empfänger erreichen dürfen. Denn es ist doch so: Wir haben seit vielen, vielen Jahren keinen Kontakt mehr. Und nichts u

Von der Rührei-Depression

Ich hab morgens so Lust auf Rührei. Also ringe ich mich durch und fahre in den Supermarkt. Das erste Mal schaue ich nicht in die Eierpackung hinein, um sicherzugehen, dass die Eier heile sind, was sich natürlich postwendend rächt, als ich wieder Zuhause bin: Ich zaubere mir ein Mini-Rührei aus dem einzigen verbliebenen heilen Ei. Dann werfe ich mich in meinen absolut unsexy aussehenden, aber dafür unheimlich gemütlichen Tag-Zuhause-Look: Dicke lila Kuschelsocken, unpassende weinrote Strumpfhose, graues Baumwollkleid und dicker beigeroter Schal. Ich verkrieche ich mich auf dem Sofa unter meiner dicken Decke und lausche den kräftigen Wehen des Windes, der der grauen Welt vor dem Fenster Leben einhaucht. Heute schmolle ich ein bisschen mit dem Leben. Meine Nähmaschine Lisbeth zickt mit mir (ich bekomme keine ausreichende Spannung in den Oberfaden und er reißt, sobald ich rückwärts nähe) und irgendwie habe ich keine Lust, sie für ihr Verhalten zu belohnen, indem ich ihr ein

Von den Herausforderungen der letzten Woche

„ Gott schläft im Stein, atmet in der Pflanze, träumt im Tier, wacht auf im Menschen.“ ( Angelus Silesius) Puh. Wo fange ich an? Ich bin vollkommen überdreht von der Woche. Sie beginnt damit, dass ich, auf Anweisung meiner Geschäftsführung, meinen besten Mitarbeiter kündigen muss. Aus wirtschaftlichen Gründen, die ich selbst nicht verschuldet habe. Bis aufs Blut habe ich mich mit der Chefetage darüber gestritten, dass ich das nicht möchte, und hatte doch keine Chance. Also wähle ich den Weg, der mir am ehesten liegt: Ich hole mir den Mitarbeiter ins Büro und lege alle Karten auf den Tisch. Bin absolut ehrlich.