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Es werden Posts vom Februar, 2018 angezeigt.

Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom Papier

Während ich den Arbeitsvertrag mit meinem neuen syrischen Mitarbeiter bespreche, lächelt er. Zunächst schiebe ich es darauf, dass er sich darüber freut, dass wir ein Arbeitsverhältnis eingehen. Dann aber unterbricht er mich. Im absolut perfekten Deutsch wendet er sich schmunzelnd an mich. "Im Flüchtlingsheim, wo ich wohne, gibt es einen Witz, den man sich über die Deutschen erzählt.", sagt er, "Eigentlich ist das ein Witz, der nur bei uns bleibt und den wir nicht weiter erzählen. Aber ihr Arbeitsvertrag ist so umfangreich..." "Erzählen sie mir den Witz?", frage ich freundlich. Er nickt. "Aus Ländern, die man besucht, bringt man Souvenirs mit.", erzählt er, "Aus Italien bringt man zum Beispiel eine Flasche Limoncello mit. In der Schweiz kauft man Schokolade. Was aber bringt man aus Deutschland mit?" Erwartungsvoll sieht er mich an. Ich schüttle ahnungslos den Kopf und zucke mit den Schultern. Er strahlt mich an. "Aus Deutsch

Von irrelevanten Details

Ich hege eine geheime Leidenschaft für Kamele. Kamele sind meine Lieblingstiere. Weil sie so schön dämlich gucken können. Und so flauschig sind. Viel cooler als Einhörner. Erstaunlicherweise bin ich aber, trotz einer Menge Reiseerfahrung, noch nie auf einem Kamel geritten. Auf einem Einhorn aber schon. Im Traum und so. Ich bin definitiv viel zu faul, mein Scheibenwischwasser aufzufüllen. Deshalb fahre ich seit circa sieben Tagen blind durch die Welt. Morgens bin ich nämlich zumeist spät dran und muss schnell ins Büro düsen, um nicht zu spät zu kommen, während ich am Abend gerne geschwind nach Hause möchte und keine Lust habe, rumzusuchen oder in meinem Handbuch nachzuschlagen, wie ich die Motohaube meines neuen Autos öffne. Mein neues Auto heiß Car-Sten. Ich bin mir noch nicht sicher, ob wir aufgrund dieses Names ein gespaltenes Verhältnis zueinander etablieren. Denn so heißt auch der freundliche Mann, der mein Halbbruder sein könnte. Car-Sten ist irgendwie cool, weil er schnell ist

Vom Analverkehr

In letzter Zeit wird in der Mittagsrunde ab und an über Analsex diskutiert. Wenn es soweit ist, werde ich immer ganz still. Das liegt hauptsächlich daran, dass sich die Mädels, wieder und wieder sich gegenseitig bestätigend, erzählen, wie eklig sie Analsex finden. Früher hätte ich vielleicht noch etwas gesagt. Mit meiner abweichenden Meinung ein bisschen provoziert, sie herausgefordert und geneckt. Aber mittlerweile weiß ich, dass einige von ihnen es überhaupt nicht mögen, wenn ich ihnen Bilder in den Kopf zaubere, in denen ich eine sexuelle Rolle spiele. Sie finden das in etwa so angenehm, wie sich ihre Großaltern beim Sex vorzustellen. "Aber wir leben im Jahr 2018.", habe ich beim letzten Mal gesagt, "Wo ist eure sexuelle Aufgeschlossenheit? Eure Toleranz? Eure Neugier?" Doch ich erntete nur schiefe Blicke. Also enthalte ich mich in letzter Zeit manchmal dieser Gespräche. Stattdessen hänge ich meinen eigenen Gedanken nach. Ich erinnere mich daran, wie ich dam

Vom Weg

„Dieses Lächeln machte mich frei. Es war ein ebenso endgültiges, in seinen Folgen selbstverständliches und nicht mehr umkehrbares Ereignis wie die Erscheinung der Sonne. Es öffnete den Zutritt zu etwas Neuem. Nichts hatte sich geändert, alles war verwandelt.“ (Antoine de Saint-Exupéry: Brief an einen Ausgelieferten)

Von Meinungsverschiedenheiten

Der freundliche Ägypter, der mal bei mir beschäftigt war, weist mich brüllend darauf hin, dass ich in Zukunft aufpassen soll, wenn ich auf die Straße gehe. Es kann ja sein, dass dort draußen jemand auf mich wartet und mich absticht. Immerhin bekommt jeder seine gerechte Strafe. Meine ist der Tod. Nachdrücklich warnt er mich davor, mich nirgends mehr sicher zu fühlen und verspricht mir, mich zu finden. Egal wo. Gefährlich ruhig verweise ich ihn des Hauses. Als ich die Nummer der Polizei vor seinen Augen wähle, rotzt er mir vor die Füße. Dann geht er und tobt sich im Treppenhaus weiter aus. Sobald die Tür hinter ihm zugefallen ist, muss ich mich erstmal setzen. Jede Faser meines Körpers zittert. Bei mir im Büro wird es niemals langweilig.

Vom Mann-mit-Ahnung

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(Im Moment ist mir ja nicht so nach Gelächter.  Deshalb krame ich eine olle Kamelle aus,  die eigentlich ein bisschen zu schade ist,  um im Import-Ordner zu versauern.  Lacht ihr doch mal eine Runde.  Für mich mit.) Ich rufe bei der Support-Hotline meines Internetanbieters an. Nachdem ich zehn Minuten in der Warteschleife hänge und das Klavierstück, das mir in den Ohren dröhnt, bereits parallel auf meinem Keyboard mitklimpern kann, bin ich ein bisschen frustriert. Meine Bank hat mehr Humor, was ihre musikalische Warteschleifen-Musik angeht. Die spielen wenigstens „Don´t worry, be happy“ und man kann, um sich die Zeit zu vertreiben, laut mitsingen. Nichtsdestotrotz erwische ich irgendwann einen der offensichtlich rar gesäten Mitarbeiter. Natürlich genau in dem Moment, in dem ich einen Schluck Wasser trinke und nicht davon ausgehe, dass heute noch jemand mein Gespräch annehmen wird. Mann mit Ahnung [höchst übermotiviert] : Internetanbieter von Muschelmädchen, Eber

Vom Herzschlag

"I'm selfish, impatient, and a little insecure. I make mistakes, I am out of control, and at times hard to handle. But if you can't handle me at my worst, then you sure as hell don't deserve me at my best."* (Marilyn Monroe) Ich wälze mich im Bett herum und kann nicht schlafen. Die Frage, die ich eine Stunde zuvor jemandem gestellt habe, spukt in meinem Kopf herum. Und ich finde keine Antwort. Deshalb greife ich irgendwann nach meinem Handy. "Was ist falsch an mir?", tippe ich. Die SMS geht einmal an mein komplettes Telefonbuch. Zwei Blogger und die ADAC-Hotline, die ich nicht mit Mädchenkram behelligen will, ausgenommen. Die Antworten bringen nicht die erhoffte Erkenntnis. Hier ein Querschnitt: Meine Mutter schreibt: "Gar nichts. Ich habe dich lieb." T. antwortet: "Nichts. Nichts ist falsch an Dir. Wieso denkst Du das?" Meine Chefin lässt verlauten: "Du sollst nicht so viele Drogen nehmen, Butterblümchen." D

Vom Anfang

Irgendein Sonntag, zwischen Winter und Frühling, vier Jahre später. Vor dem Fenster klebt am blauen Himmel die Sonne, ihr helles Licht tut mir in den Augen weh und ich denke, dass das irgendwie absurd ist, dass die Welt so schön aussieht, weil es in mir stürmt, blitzt, hagelt und brennt. Während ich hier sitze und das Wetter so überhaupt nicht mit meinem Innenleben überein bringen kann, denke ich darüber nach, warum ich eigentlich so gottverdammt dämlich bin. Während andere aus den Fehlern, die sie begehen, lernen, sogar an ihnen reifen, sich weiterentwickeln und herausfordern lassen, drehe ich mich im Kreis. Lernresistent. Am Ende bleibt nur das tosende Gefühl es wieder nicht hinbekommen, wieder unter einer Altlast eingeknickt zu sein, wieder ein wenig zu wild geträumt zu haben. Ohne daran zu denken, vorab ein sicheres Auffangnetz zu spannen. Schön dämlich. Schön ich. Und dann ist da plötzlich so ein Gedanke in meinem Kopf: Nämlich die Idee, der Angst ein Schnippchen zu schlagen. I

Von der Seltsamkeit der Männer

Die längste durchgängige Zeit, in der ich single war, beträgt 4,5 Jahre. In dieser Zeit habe ich händeringend einen Mann gesucht, der mir gefällt. Aber es war, als hätte man mir ein für mich selbst nicht sichtbares "Achtung, diese Frau sucht verzweifelt einen Mann!" auf die Stirn tätowiert. Denn es gab einfach keine Männer, die mich wollten. Zumindest wenn man von dem Sadisten, der in seiner Kindheit sexuellen Missbrauch erfahren musste, absieht. Und von dem langhaarigen, blonden Mann, der nicht nur einen Kopf kleiner war als ich es bin, sondern auch so aggressiv sächsisch gesprochen hat, dass sich weder Anziehung noch körperliche Erregung einstellen wollten. Nicht mal unter dem massiven Einfluss von Alkohol und Haschisch. Und auch nicht in der Kombination beider Genussmittel. Ehrlich, ich habe es ernsthaft versucht. Dabei war ich damals, finde ich, ganz nett und auch noch ein bisschen weniger vollweiblich, als ich es heute bin. Ich war - zumindest hoffe ich das - nie eine

Von der Heirats-Lüge

Der Werksleiter hat seit fast drei Monaten nicht mehr mit mir gesprochen. Meine Chefin hat ihm vor etwa zwölf Wochen in einem Vieraugengespräch erklärt, dass ich in diesem Jahr heiraten werde. Dummerweise hat sie mich in diese Lüge nicht eingeweiht. Weder vor noch nach ihrem Gespräch. So bin ich einigermaßen überfordert, als er mich vor ein paar Wochen zur Rede stellt. Und stolpere natürlich. Verbal und emotional. Ich kann nicht lügen. Schaffe es aber irgendwie, mich herauszureden und aus dem Gespräch rauszuwinden. Was folgt ist eisige Funkstille. Er meidet mich. Ganz offensichtlich. Beschränkt unsere Gespräche auf das Notwendigste. Und auch wenn ich spüre, dass er mich auch im vollsten Raum beobachtet, lasse ich ihn in Ruhe. Obwohl mir das ein wenig schwerfällt. Denn jetzt muss ich in Kauf nehmen, dass er mich, seiner Wahrheit nach, berechtigterweise für eine ganz schön blöde Kuh hält. Irgendwann fängt er an, mir E-Mails zu schreiben. Natürlich ausschließlich im beruflichen Kontext.

Vom Hageltanz

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"Jeder spinnt auf seine Weise,  der eine laut, der andre leise." (Joachim Ringelnatz) Manchmal verschwinden alle Gedanken. Einfach so. Dann hühnere ich kopflos durch die Gegend und folge wahllos wirr aneinandergereihten Impulsen. Das ist der Grund dafür, dass ich mich heute nicht zurückhalten kann. Als es plötzlich vor dem Fenster zu pritseln und zu prasseln beginnt , springe ich so abrupt auf, dass mein Schreibtischstuhl an die hinter mir stehende Schrankwand donnert. "Was ist denn jetzt los?!", ruft mein Chef erschrocken und fährt zusammen. Ich stürme an ihm vorbei. Während ich die Balkontür öffne, drehe ich mich zu ihm um. "Es hagelt!", rufe ich begeistert. Seine Augen werden ganz groß, als er erkennt, was ich vorhabe. "Nein, Muschelmädchen! Nein, nein!" Mit nur einem Schritt hüpfe ich auf den Balkon. Verzaubert strecke ich die geöffnete Hand aus. Ein paar schneeweiße, runde Hagelkörner sammeln sich kalt in meiner Handinnenflä

Vom Teufelskreis

Es ist mir in den letzten sieben Tagen ganz gut gelungen abzuschalten. Wenigstens zunächst. Die erste Hälfte der Woche habe ich damit verbracht, mich zu verkriechen, lange zu schlafen, ans Meer zu fahren und einfach nur Selbstfürsorge zu betreiben. Ausgedehnte Duschen, Körperpflege, Milchkaffeeorgien, Schokoladenmahlzeiten, Pizzalieferservice. Dabei habe ich mich jeglicher sozialen Kontakte vollkommen abrupt und ohne Ankündigung entzogen. Weil mir irgendwie die Kraft gefehlt hat, um mich mitzuteilen. Ich hab Zeit gebraucht, um wieder zu mir zu finden, meine Gedanken zu ordnen, einfach wieder klarzukommen. Einfach zu funktionieren hat plötzlich eben nicht mehr funktioniert. Darauf habe ich mit totalem Rückzug reagiert. Die zweite Hälfte meiner freien Woche habe ich mich einmal aus Versehen ordentlich abgeschossen. Inklusive Gleichgewichtsstörung und Silberblick. Das war zwar irgendwie notwendig, hat mir aber einen ziemlich verkaterten Tag geschenkt, an dem ich mich einfach nur schle

Vom Brauchen: Stöckchen

Ich bin in Angis Blog, der hier zu finden ist, auf ein Stöckchen gestoßen, das mir heute Freude bereitet hat. Man suchmaschiniert "[Name] braucht" (in Anführungszeichen) und schreibt die ersten zehn Suchmaschinen-Treffer ab. Da ich keine Lust hatte, Rückschlüsse auf meinen richtigen Namen zuzulassen, habe ich dazu meinen Bloggernamen verwendet. Suchergebnisse zu meinem eigenen Blog und Dopplungen habe ich weggelassen. Heraus kam das: 1. "Muschelmädchen braucht" Märchenbasar - Das Muschelmädchen Der Name "Muschelmädchen" ist tatsächlich nicht an das indische Märchen angelehnt, sondern vielmehr an einen Kunstdruck, der bei mir im Bücherregal steht und der zweifellos zu den Gegenständen gehört, die ich abgöttisch liebe. Der Name passt zu mir. Denn wenn ich unsicher werde, mich überfordert fühle oder mir die Welt zu laut wird, ziehe ich mich gerne (in meine Muschel) zurück. Manchmal bin ich wahrscheinlich ein wenig zu zartbesaitet. Für mich ist wichtig

Von Ottfried

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„Dem Ganzen entzweit, doch ganz auf dich gestellt bleibt nur dein brüchiger Tanz auf den Wogen der Welt.“ (Konstantin Wecker – Weltenbrand) Ich treffe ihn ab und an im Supermarkt. Und jedes Mal, wenn es soweit ist, bin ich auf eine ganz seltsame Art und Weise glücklich, ihn wiederzusehen. Es ist dann, als ob mir mit einem Schlag bewusst wird, dass die Welt eigentlich doch ganz in Ordnung ist. Es ist, als könnte ich das an den Reaktionen, die ihm entgegen gebracht werden, ablesen. In Gedanken nenne ich ihn Ottfried. Wie ich auf diesen Namen gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Was ich aber weiß, ist, dass ich Ottfried unheimlich gerne mag. Jedes Mal, wenn wir einander sehen, bringt er ein bisschen Sonne in meinen Tag, vollkommen unabhängig von den Jahreszeiten und der tatsächlichen Wetterlage. Ottfried strahlt. Ganz von innen, einfach aus sich selbst heraus. Er ruht in sich wie kein anderer Mensch. Und alles um ihn herum strahlt zurück zu ihm. Weil es gar nicht a

Von 1992

Kurz bevor mein Opa gestorben ist, hat er mir zwei selbstgebrannte DVDs geschenkt. Sein Tod kam so unvermittelt, dass ich mich danach nicht getraut habe, mir die Videos anzusehen. Heute schon. Es ist der Sommer im Jahr 1992. Meine Eltern haben es satt, Häuser zu besetzen und Steine zu schmeißen. Stattdessen beschließen sie kurz nach dem Studium sesshaft zu werden und kaufen ein riesiges Grundstück in einem der damaligen Randbezirke Berlins. Für 25.000 halb gesparte, halb geliehene Mark. Auf dem Grundstück steht ein altes Haus. Mit sieben Jahren finde ich ein unheimliches Vergnügen daran, mit einer Eisenstange die nur noch spärlich vorhandenen Putzreste an der Hausfassade abzuschlagen und dem Putz beim hinabrieseln zuzuhören. Ich finde das witzig, meine Eltern nicht. Aber was soll´s: Das Haus ist, mit oder ohne Putz, kaum bewohnbar. Es verfügt über zwei Öfen. Bei einer Außentemperatur von -6 Grad Celsius bringt man es, unter ständiger Befeuerung, auf +4 Grad Raumtemperatur. Zwei Zi

Vom Aufräumen

Ich habe ein wenig aufgeräumt in den letzten Tagen. In der Wohnung, aber auch innerlich. Dazu hat es gehört, mir einmal komplett von der Seele zu schreiben, mit welchen Vorwürfen mich T. konfrontiert hat und mich mit diesen auseinandzusetzen, um mich positionieren zu können. Die Unterstellungen ich wäre lieblos, hätte sein Vertrauen missbraucht und ihn verraten, haben mir zu schaffen gemacht. Sie haben mich vergiftet. Wie all diese Worte, die es darauf angelegt haben, mich zu verletzen und ein letztes Mal nachzutreten. Und ich habe mich ernsthaft hinterfragt, um herauszufinden, wie viel Wahrheit in diesen Worten steckt. Ich musste überprüfen, ob ich mich noch im Spiegel ansehen kann. Habe mich durch verschiedene sinnlose wie sinnvolle Internet-Tests geklickt, um herauszufinden, ob ich irgendeine Persönlichkeitsstörung, vielleicht einen ausgeprägten Hang zum Narzissmus, vorweisen kann. Stets bemüht, die ganzen Fragen, die mir das Internet gestellt hat, aus mir selbst heraus zu beantwort

Vom Zauber

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„Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu singen, Triffst du nur das Zauberwort.“  (Joseph Freiherr von Eichendorff: Wünschelrute) Ich denke gar nicht darüber nach. Ohne zu zögern oder ein Wort zu verlieren, verlasse ich den Weg und damit die Menschen, denen ich folge. Die blattlosen Bäume verschlucken die letzten Spuren menschlicher Gesellschaft, meine Füße versinken in Blättern und Moos und tragen mich solange voran, bis mir ein kleiner Bach den Weg abschneidet. Suchend sehe ich mich um. Und tatsächlich: Gar nicht weit von mir entfernt befindet sich eine verwitterte, grauweiße Holzbrücke. Weder ein Trampelpfad noch Fußspuren führen zu ihr hin. Es ist, als wäre sie mitten ins Nichts hineingebaut worden. Während ich sie überquere, streichen meine Fingerspitzen behutsam über das Geländer. Meine Füße wirbeln Blätter des vergangenen Herbstes auf, die sachte in den Bach hinein segeln und sich von der Strömung tragen lass