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Es werden Posts vom Oktober, 2018 angezeigt.

Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von der Orientierungslosigkeit

Ich möchte mich Zuhause fühlen. In Bezug auf meinen Körper gelingt mir das in letzter Zeit immer besser, weil ich mich wieder wohler mit mir selbst fühle. Was mir aber fehlt, sind Menschen, bei denen ich mich Zuhause fühlen kann. Bei denen ich ankommen kann. Ich brauche körperliche Nähe: Umarmungen, Schmuseleien, Sex. Und emotionale Nähe: Gedanken und Gefühle mit einander zu teilen. Ich brauche Menschen, die mir Zeit schenken. Interesse. Zuneigung. Ohne das ich mich aufdrängen muss. In der letzten Zeit merke ich immer mehr, dass mir meine Familie fehlt. Ich fühle mich nicht mehr dazugehörig. Und anstatt meine Bemühungen, wieder einen Anschluss zu finden, zu intensivieren, ziehe ich mich noch mehr, noch tiefer in mich selbst zurück. Als ob es helfen würde zu schmollen und zu trotzen, nach dem Motto: Wenn ihr euch nicht für mich interessiert, interessiere ich mich auch nicht für euch. Das bringt mich nicht weiter, so viel ist klar. Dennoch kann ich mich nicht überwinden, aus mir herau

Vom Hunger

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„Dinge erscheinen uns süßer, wenn wir sie nicht haben. Einmal wollte ich etwas und habe es bekommen. Es war das Einzige, was ich je begehrt habe und als ich es hatte, wurde es zu Staub in meiner Hand.“   (F. Scott Fitzgerald: The Beautiful and Damned)   Ich mag den unverstellten Blick. Mit beiden Füßen fest auf dem Boden stehend, stehe ich am Strand und schaue zum Horizont. Es gibt keine Grenzen, die die Bewegung einschränken, keine Mauern, die den Blick brechen und keine Fesseln, die mich ernsthaft binden. Trotzdem erliege ich für einen Moment dem Eindruck, ich wäre Truman Burbank (aus dem Film „Die Truman Show“). Für einen kurzen Augenblick fühle ich mich, als könnte ich auch an den Horizont stoßen. So, als wäre es mir möglich, ihn mit der Hand zu berühren und einfach die nächste Tür zu öffnen. Behutsam, dennoch bestimmt. Ich schließe die Augen und spüre der Ruhe nach, die in mich einzieht, sobald ich am Meer bin. Mit der Zunge fahre ich über meine Lippen

Von der Rückblende

Als ich seine Wohnung nach einer komplett schlaflosen Nacht betrete, erschlägt mich ihre Anwesenheit fast. Sie hängt so sehr zwischen den Wänden, dass ich Mühe habe, überhaupt zu atmen. Ganz still bin ich und kneife die Augen zusammen. Anstatt die Zimmereinrichtung zu begutachten, die sich seit dem letzten Mal, als ich hier war, ziemlich verändert hat, blinzle ich und versuche, mich auf Bilder, Tapeten und Spiegel zu konzentrieren. Ich will nicht, dass mein Blick das Bett oder die Matten streift. Sobald ich etwas von all dem in meinem Blickfeld erahnen kann, schaue ich weg. Albern ist das. Vor allem, weil es keinen Unterschied macht, ob ich hinsehe oder nicht: Vor meinen Augen schläft er eh mit ihr. Er kocht Tee. Ich schweige und sehe ihm dabei zu. Es ist gut, dass ich ihn vorgewarnt habe, dass ich still sein werde. Nichts in mir ist fröhlich. Ganz im Gegenteil. Eine harte, beruflich bedingte Hotel-Woche steckt mir in den Knochen. Ganz-Tags-Programm bis spät in die Nacht hinein. Tr

Von Tagebuchsachen

Es ist eine Woche, die es in sich hat. Denn sie konfrontiert mich mit alten Wunden. Reißt sie auf, langsam, nachhaltig und schmerzhaft. Eine Woche, die ich schnell ad acta legen sollte. (1) Mitte der Woche verstirbt jemand. Ein Mensch, mit dem ich aufgewachsen bin. Das ist der vierte Verlust dieses Jahr. Und ich schäme mich dafür, aber mir kommt die Redewendung in den Sinn: "Sie sterben wie die Fliegen." Und ich frage mich, ob ich irgendwann alleine hier zurückbleibe. Oder ob ich zu denen gehöre, die zu früh gehen. Weder das eine noch das andere gefällt mir. Ich will keinen Abschied mehr nehmen müssen. (2) Meine Mama kämpft mit dem Verlust. Wir telefonieren oft und lange. Ich versuche, so gut das eben möglich ist, also kaum, ihr ein wenig Trost zu spenden. Sie erzählt mir, dass sie unsere Geburtstage, die recht nahe beieinander liegen, dieses Jahr am allerliebsten ausfallen lassen möchte. Ich sage ihr, dass wir das tun können, wenn sie sich wirklich sicher ist, dass

Von Gewichtigem - KW 43

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Heute Morgen war ich völlig schlafverwirrt und bin recht kopflos durch die Gegend gestolpert. Mit leerem Kopf oder so ganz kopflos wiegt man dann ja auch weniger. Anders kann ich mir das Gewicht, das sich mir heute Morgen offenbarte, jedenfalls nicht erklären. Ich war mehr als nur perplex, als mir die Zahlen entgegenleuchteten. An den 71 Kilogramm habe ich eine halbe Ewigkeit rumgekaut. Aber seit ein paar Tagen geht es plötzlich wieder voran. Nur das entsprechende Körpergefühl will sich einfach nicht einstellen. Obwohl schon wieder die nächste Hosengröße rutscht, fühle ich mich einfach nicht "dünn" oder "schlanker" oder "weniger unförmig". So gar nicht. Das ist seltsam und für mich ungewöhnlich. Mein mangelndes Körpergefühl stößt zurzeit auch in meiner näheren Umgebung auf reichlich Unverständnis. Am Wochenende wurde mir vorgeworfen, dass ich regelmäßig von mir selbst reden würde, als wäre ich ein Walroß. Dieser Vorwurf hat mich ziemlich berührt und kli

Vom Lebenszeichen

Im Moment fehlen mir sowohl die Zeit als auch ein bisschen die Kraft, um zu bloggen. Brrrrt. Ich brauche ein unverplantes Wochenende zum schlafen, schreiben und Seele baumeln lassen. Kurzzusammenfassung: Ein Mitarbeiter, den ich sehr mag, hat um Kündigung gebeten. Als Grund hat er (schriftlich) angegeben, dass er die Arbeit nicht schafft, weil seine Hände für so viel Arbeit zu klein sind. Ich musste ein bisschen kichern, als ich das las. Mir wurde heute ein Magdeburgerischer Dialekt unterstellt - das ist URST furchtbar! Denn ich liebe Hochdeutsch. Und auch wenn ich Magdeburg für eine unterschätzte und großartige Studentenstadt halte, bin ich überzeugt davon, dass ich hochdeutsch spreche. Allerdings weiß ich, dass ich Dialekte tatsäch schnell annehme. Aber es kann doch wohl nicht wahr sein, dass man nach neun Jahren noch hört, dass ich da mal studiert habe?! Habe beschlossenen, nur noch zu berlinern. Pah! Die Mädels aus dem neuen Büro sind echt witzig. Ich gebe ihnen ein wenig, wi

Vom Schwindel

In letzter Zeit ist mir oft schwindelig. Hauptsächlich dann, wenn ich mich hinlege oder mich im Liegen von einer Seite zur anderen umdrehe. Wenn ich aufstehe, verschwindet das Schwindelgefühl meistens. Nur morgens, direkt nach dem Weckerklingeln, begleitet es mich noch für ein paar Minuten. Dann muss ich aufpassen, dass ich keine abrupten Bewegungen mit dem Kopf vollführe, weil es mir sonst die Beine wegzieht. Vor kurzem hatte ich mir vorgenommen, deswegen mal zum Arzt zu gehen. Aber dann verschwand der Schwindel wieder. Nun ist er, seit ein paar Tagen, wieder da. Morgens muss ich aufpassen, dass ich nicht zu schnell aufstehe und mich nicht zu ruckhaft bewege, damit ich nicht umfalle. Heute hatte ich, nach einem wirklich harten Arbeitstag, zum ersten Mal auch tagsüber etwas vom Schwindel. Auf der Heimfahrt, nach der Arbeit, hätte ich am liebsten, wie ein kleines Mädchen, losgeheult. Vor Erschöpfung, Wut und Frustration über die Herausforderungen, die mein Arbeitstag für mich bereithi

Vom Verzeihen

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Vor mir fährt ein LKW, an dessen Rückseite großflächig ein Name angebracht ist. Irgendwie kommt mir dieser Name bekannt vor, jedoch kann ich ihn für ein paar Momente nicht zuordnen. Bis es mir schließlich, ganze Minuten später, plötzlich wie Schuppen von den Augen fällt: Auf dem LKW stand der Name deine Geburtsortes - ein drei-Seelen-Kaff irgendwo im Nirgendwo. Sofort sehe ich dich in meiner Erinnerung lachend die Geschichte über die Entstehung des Ortsnamens erzählen. Lange habe ich nicht mehr an dich gedacht. Unwillkürlich frage ich mich, ob es wohl ein Zeichen ist, dass ich, so brachial in meinen Alltag hinein, an dich erinnert werde. Aber sollte es so sein, dann hoffe ich von Herzen, das es ein gutes Zeichen sein mag. Nie in meinem Leben hat mich ein Mensch so betrogen, wie du es getan hast. So tiefgehend und existentiell, so alles vernichtend und schmerzhaft. Trotzdem hoffe ich, dass es dir heute gut geht. Und dass du zu dem Menschen geworden bist, der du immer sein wolltest.

Vom Absturz

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„ Augen himmelwärts , das hat weh getan , Rost ums Eisenherz war wohl schuld daran. “ (Garish – Eisenherz) Ich stehe auf einem weiten Feld. Über mir kollidieren zwei Flugzeuge. Eines davon, rot-weiß-gestreift, verliert einen Flügel. Mit ausgestrecktem Finger zeige ich gen Himmel und rufe erschrocken: „Da!“. Die Blicke der Menschen um mich herum, die das Unglück noch nicht bemerkt haben, folgen mir. Während alle anderen schreiend, weinend und vollkommen verängstigt losrennen, um dem hinunterstürzenden Flugzeug zu entgehen, bleibe ich stehen. Erst ist es mir unmöglich, mich zu bewegen, dann ist es für jedwede Bewegung zu spät. Einigermaßen gelähmt versuche ich, in Zeitlupe, mehreren losen Flugzeugteilen, die mit unglaublicher Kraft über mich hereinbrechen, auszuweichen. Es gelingt mehr schlecht als recht. Halbtotgeschlagen fühle ich mich, als das Flugzeugwrack nur knapp über meinen Kopf hinweg fegt und mit einem unbeschreiblich lauten, dumpfen Knall auf dem Feld aufschlä