Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von meinem Fähnchen

"Pass gut auf dich auf, liebes Muschelmädchen. Wenn ich das nicht mehr tun darf, musst du es besonders gut selbst machen."

(SMS, 24.07.2017)

Ich mag es überhaupt nicht, wenn man mir das Gefühl gibt, ich wäre alleine nicht dazu fähig, gut auf mich aufzupassen. Ich bin schon groß, ehrlich. Und in der Regel kenne ich meine körperlichen und emotionalen Grenzen ziemlich gut. Mir ist bewusst, was ich mir zutrauen kann und darf, ich weiß, was ich aushalte und wann ich damit beginnen sollte, mich selbst auszubremsen.

Seit meinem 14. Lebensjahr lebe ich nicht mehr Zuhause. Dementsprechend habe ich es relativ früh gelernt, selbständig zu sein und für mich selbst und mein Handeln Verantwortung zu tragen. Im Zuge dessen macht es mich wütend, wie ein unzurechnungsfähiges Kleinkind behandelt zu werden. Weder bin ich klein noch unfähig. Und zerbrechlich bin ich auch nicht, obgleich ich mich an manchen Tagen so fühle.
Eines wird ganz gerne von meiner Umwelt vergessen:
Dass ich es liebe, mich selbst an und über Grenzen zu bringen, dass ich leidenschaftlich gerne ausprobiere, wie weit ich gehen kann und wie weit zu weit ist. Sicher mache ich (oft) Fehler, stolpere und falle, aber bisher bin ich auch jedes Mal, und das aus eigener Kraft, wieder auf die Füße gekommen. Selbst in den Situationen, in denen ich mich oder meine Fähigkeiten überschätzt habe. Ich bin und war niemals jemand, um den man sich Sorgen machen musste. Nicht einmal dann, als mein Hang zu Scherben und Rasierklingen noch ausgeprägter war, als er es heute ist. Wenn ich überhaupt jemandem schade, dann nur mir selbst. Einen anderen Menschen würde ich niemals in Mitleidenschaft ziehen.

Ich habe ein gutes Gefühl für mich selbst. Als "tough" würde ich mich nicht bezeichnen. Aber durchaus als jemanden, der es gelernt hat, sich in den Momenten, in denen es darauf ankommt, dem Leben zu stellen und sich "durchzubeißen", anstatt sich zu verstecken und auszuharren, bis der Sturm sich gelegt hat. Und das ist es doch, worum es, meiner Meinung nach, geht: Dass man das Fähnchen nicht mit dem Wind dreht, sondern den Weg einschlägt, den man selbst gehen will. Auch wenn das Fähnchen manchmal, an Tagen wie diesen, lediglich auf Halbmast hängt.

Kommentare

  1. Manchmal sind jene Formulierungen, die einem das Gefühl geben, der Gegenüber glaube, dass man nicht recht auf sich aufpassen können ganz ganz ähnlich zu jenen, die die Botschaft überbringen sollen, dass der Andere sich einfach nur sorgt.
    Nicht, weil er glaubt, Du könntest nicht selbst aufpassen auf Dich.
    Sondern weil er fürchtet, dass das schwieriger werden könnte, als Du es Dir vorstellst.

    Ohne zu wissen, wie dieser Absender es gemeint hatte:
    Manchmal klingt "ich sorge mich" genau so wie "ob Du das schaffst?", ohne böse gemeint zu sein.

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    1. Ich bin dem Absender alles andere als neutral gegenüber. Wenn er auf mich aufgepasst hätte, dann wäre ich vermutlich noch Teil seines Lebens. Deshalb fällt es mir ein wenig schwer, die Nachricht so zu verstehen, wie sie vermutlich gemeint ist.

      Aber ich verstehe, was du meinst und mir sagen willst.
      Danke, lieber Rain.

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