Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom M.ittelfinger-M.ittwoch

Mein Job ist super, wenn man darauf steht, seine eigenen Grenzen zu testen und ab und an Selbsterfahrungsabenteuer sucht. Für heute hat der Tag die meisten Worte verschluckt, deshalb nur eine kurze Zusammenfassung, um mein Kopfchaos ein wenig zu erleichtern:
  • Morgens werde ich vom Mitarbeiter geweckt. Das Auto springt mal wieder nicht an. Also falle ich vom Bett in den Firmenwagen und sammle die komplette Fahrgemeinschaft ein, um einem Produktionsausfall entgegenzuwirken. Ungeduscht. Aber mit geputztenZähnen. Trotzdem ist mir eklig zumute. Wenigstens aber kann ich mich dem flirtenden Werksleiter erfolgreich entziehen. Den kann ich nämlich gerade gar nicht ertragen.
  • Weil ich Ehrenamtsdinge fristig erledigen muss, verschlägt es mich von der Produktion aus direkt ins Büro, damit ich sie dort vor Arbeitsbeginn in aller Ruhe abarbeiten kann. Ich setze Kaffee auf, vergesse aber, die Kaffeekanne unterzustellen und wische erstmal 20 Minuten die Küche. Außerdem fällt mir auf, dass ich vergessen habe, mich anzumalen. Und später muss ich mich darauf hinweisen lassen, dass ich mein Shirt linksherum trage (Bereits das dritte Mal in diesem Jahr! Ich führe einen neuen Trend ein!). Die Putzfee findet mein Diensttelefon (Kein Scherz. Leider.) im Kühlschrank. Läuft bei mir.
  • Fünf Stunden lang arbeite ich, auf Anweisung der Geschäftsführung, auf, was eine Kollegin verbockt hat, die im Urlaub ist. Parallel versuche ich mich darin, die Tür zu öffnen, jongliere mit drei Telefonen und will das Tagesgeschäft am Laufen zu halten. Ich bin bedient. Es ist mir völlig unverständlich, warum ich keine Urlaubsübergaben bekomme und jede noch so kleine Aufgabe nachkontrollieren muss. Was ist mit Ehrgeiz, Motivation, Selbstdisziplin und eigenverantwortlichen Arbeiten? Reporting? Ich stelle so oft Fragen: Ist dir das zu viel Arbeit? Was hast du geschafft? Was hast du noch nicht geschafft? Wie kann ich dich unterstützen? Was brauchst du, um effektiver arbeiten zu können? Was kann ich dir abnehmen? Ehrlich? Mir fällt langsam nichts mehr ein, was ich tun kann. Und darauf reagiere ich mit Hilflosigkeit und Wut. Ich habe keine Lust mehr, Blitzableiter zu spielen, für schlechte Arbeiten, die Leute aus dem Team abliefern.
  • Fünf Bewerbungsgespräche stehen für den Tag auf meiner Liste. Wir haben Sommer: Wer jetzt noch Arbeit sucht, ist entweder aus gesundheitlichen Gründen nicht arbeitsfähig oder bringt Voraussetzungen mit, die es mir unmöglich machen, mit demjenigen zu arbeiten. Fazit aus 5 Gesprächen: Bewerber 1 und Bewerber 2 sind vorbestraft wegen bewaffneten Raubüberfalls, Bewerber 3 befindet sich mitten in einem schwebenden Ermittlungsverfahren, weil er sich an seiner achtjährigen Schwester vergangen hat, Bewerber 3 hat Glasknochen, mit denen er in der Produktion nicht glücklich wird, Bewerber 4 kommt sturztrunken und Bewerber 5 erscheint gar nicht.
  • Und dann tritt noch die Möglichkeit zutage, dass es sein könnte, dass ich mich zeitnah arbeitslos werde melden können. Aufgrund eines systematischen Fehlers, den zu begehen ich angewiesen wurde. Aber wenn man ein Exempel statuiert, löscht man sicherlich nicht die hellste Kerze auf dem Kuchen aus. Sondern eher das kleine Windlicht. Vermute ich. Da ich aber vielleicht eh in naher Zukunft krankenhausreif geschlagen werde, wie mir heute mal wieder angedroht wurde, ist das eigentlich auch egal. Ich lasse das einfach auf mich zukommen. Alles.
Beschissene Tage?

Kann ich.
Kann ich wirklich.
Manchmal habe ich Angst, dass ich der einzige normale Mensch in dieser Welt bin. Friedfertig, harmoniebedürftig, sanft.
Morgen wird ein besserer Tag.


Kommentare

  1. Jeder hat so seine persönliche Schmerzschwelle, seinen persönlichen Weckruf, der ihm signalisiert: Du bist zu weit gegangen. Du hast zugelassen, dass man mit Dir zu weit geht.

    In Deinem Fall rate ich den Gang zum Ohrenarzt an, denn DEIN Weckruf müsste ein gesundes Selbstverständnis vorausgesetzt schon seit Langem auf mega-Alarm stehen.
    Aber womöglich gehörst auch Du ja zu den Menschen, die aus bestehenden Strukturen herausgesprengt werden müssen, unfreiwillig, plötzlich.
    Weil sie sich sonst verantwortlich fühlen, und schuldig wegen der hinterlassenen Arbeit, der Vertrautheiten, der Menschen die sich verlassen darauf, dass man da ist und funktioniert.

    So lange, bis man eben nicht mehr zum Funktionieren in der Lage ist.

    Und dies genau ist dann der Moment der Erkenntnis, in dem man out of order ist und sieht, wer sich alles bisher auf Einen verlassen hat, wer sich meldet, wer im Gegenzug eben selbst auch interessiert ist an Einem, wer fragt, wie es Einem geht, und zwar OHNE den Zusatz "ab wann können wir denn wieder mit Dir rechnen?"

    Diese Erkenntnismomente sind in 9,5 von 10 Fällen Momente des Schmerzes und der Enttäuschung.
    Und wenn man DAS weiß, kann man eigentlich auch schon vorher aktiv werden, um "out-of-order"
    zu verhindern.

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    1. Ich hab ja schon bei dir vor mich hingeblubbert, dass ich finde, dass ich sehr wohl ein gesundes Sebstverständnis besitze. Nachdem ich eine Nacht drüber geschlafen habe, bin ich auch nicht mehr bockig. Gut, nicht? :-) Verzögerungsmensch: Manchmal brauche ich ein paar Minuten, um mir etwas einzugestehen. Oder eben eine Nacht.
      Du schulst zum Ohrenarzt um?
      Ich finde, der Weckruf gelingt dir ganz gut.

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  2. hey....ihr beiden...einfach mal geschehen lassen....scheiß auf gesellschaft und co....das lohnt sich nicht...(zucker ganz legitim...und wenn ich falsch liege...t'schuldigung)

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    1. Öhm... :-)
      Das lasse ich einfach mal fast kommentarlos stehen. Aber ich musste gerade in mich hineinschmunzeln. Danke dafür!
      Rain, willst du was sagen?

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