Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom steinernen Schatz

Fern von dem bunten Treiben, sitzen die Elfjährige und ich auf der Schaukel. Die untergehende Sonne taucht die Blätter der Bäume, die uns umgeben, in ein sanftes orangerot. Weil sie griechische Sagen so mag, erzähle ich ihr leise vom Stein der Aphrodite, den man auf Zypern findet. Es heißt, wer einen Stein vom Strand dort mitnimmt und ihn in der Kleidung seines Geliebten versteckt, wird auf ewig mit diesem Manne glücklich sein.
"Hast du auch einen Stein mitgenommen, als du da warst?", fragt mich das kleine Mädchen neugierig lächelnd.
Ich nicke.
"Und dann hast du ihn bei Asa versteckt!", stellt sie voller Begeisterung fest, "Jetzt müsst ihr für immer zusammenbleiben."
Für einen Moment zögere ich. Dann schüttle ich den Kopf und entscheide mich dafür, die Wahrheit zu sagen.
"Nein.", sage ich nachdenklich, "Das habe ich nicht. Ich habe den Stein nicht versteckt."
Sie sieht mich mit großen Augen an.
"Warum denn nicht?", fragt sie.
Abermals zögere ich.
"Ich habe den Stein gut verwahrt und hüte ihn wie einen kleinen Schatz. Aber ihn zu verstecken, hat sich einfach nie richtig angefühlt.", gebe ich schließlich zu.
Das Kind lächelt mich an.
"Eines Tages wirst du den Stein verstecken.", stellt sie fest und nickt so nachdrücklich, als würde sie fest an mich glauben. Dabei sieht sie so altklug aus, dass ich mir auf die Unterlippe beißen muss, um ein Schmunzeln zu unterdrücken.
"Ja, vielleicht werde ich das.", antworte ich und versuche den leisen Zweifel, der in meiner Stimme mitklingt, zu verstecken.
Für ein paar Momente betrachten wir schweigend, wie die Sonne hinter dem Horizont verschwindet. Ein jeder verloren in seinen Gedanken.

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