Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von den Erkenntnissen des Tages

  • Habe herausgefunden, wo man hier Gras kauft. Super. Sitze direkt an der Quelle.
  • Im Stau lernt man leicht Leute kennen. Vor allem Männer. Wobei mir das Wohnmobil mit den 5 jungen Dänen, das neben mir in der Vollsperrung stand, fast ein wenig gruselig war. Eine Studie belegt ja, dass die Dänen das glücklichste Volk der Welt sind. Meine Stichprobe heute war klein. Hat das aber definitiv bestätigt.
  • Wenn man aus dem Süden kommt und im Dunkeln über die A7 auf den Hamburger Hafen zufährt, fährt man an einem Lichtermeer aus Laternen vorbei. Jedes einzelne Mal fasziniert mich dieser Anblick. Es fühlt sich an, wie nach Hause zu kommen, wenn ich diese Stelle passiere.
  • Ich bin wahnsinnig schlecht darin, es zu ertragen, wenn den Menschen, die mir etwas bedeuten, meiner Meinung nach Unrecht angetan wird. In solchen Momenten mutiere ich zur Löwenmutter. Und habe, obwohl ich unfassbar harmonie- und friedliebend bin, durchaus das Gefühl, das Gewalt eine Lösung sein könnte. Frage mich seitdem, was ich tun muss, um mich körperlich gegen einen Mann durchsetzen zu können, der zwar ziemlich spack, aber dafür drei Köpfe größer ist, als ich es bin. Ziehe ernsthaft in Erwägung, in den nächsten Wochen megamäßig viel zu essen und dreißig Kilo zuzunehmen. Dann überrolle ich den Typen einfach. Außerdem kann ich das dann gut als Versehen deklarieren. Wenn das mal nicht ein perfekt-perfider Plan ist.
  • Seit ein paar Monaten überlege ich immer mal wieder, ob ich meinem Arbeitgeber die Kündigung auf den Tisch packe. In letzter Zeit ist diese Überlegung allerdings dauerpräsent. Da ich manchmal zu Kurzschlussreaktionen neige, bin ich ein wenig beunruhigt. Obwohl es eigentlich egal ist. Ich könnte auch ein paar Monate ohne Job überleben. Und auch ein paar Monate mehr. Oder ich schmeiße alles hin und kaufe mir ein Flugticket. One way. Wandern in Georgien. Selbstfindung und so. Mal gucken, wo ich lande.
  • Ich habe Fernweh. Und will hier weg. Wieder mal etwas anderes sehen, erleben und spüren. Neue Menschen kennenlernen. Das kribbelige Aufregungsgefühl empfinden, das einer Reise ins Ungewisse vorausgeht und sich ein bisschen anfühlt, wie verliebt zu sein.
  • Offenbar gelingt es mir, eine ganz gute Bindung zu meinen Mitarbeitern herzustellen. Schon das zweite Mal in diesem Monat stand heute ein ehemaliger Mitarbeiter im Büro, der zufällig in der Nähe war und einfach mal auf einen Kaffee vorbeikommen wollte. Die mögen mich, die Mitarbeiter und ehemaligen Mitarbeiter. Seltsam ist das.
  • Himmelherrgottnochmal. Es nervt mich. Ich kann nicht mehr Fahrstuhlfahren ohne an Erving Goffman und seine "Territorien des Selbst" zu denken. Mittlerweile ist es fast schon zu einer Zwangsneurose geworden, Menschen in Fahrstühlen zu beobachten. Hab wohl ein bisschen zu viel qualitative Sozialforschung eingeatmet.
  • Zu guter Letzt: Man sollte immer einen Stift (Eyliner, Kajal, Lippenstift, Edding, ...) dabei haben, um in den richtigen Momenten eine passende Antwort schreiben zu können. Siehe Foto. Entstanden in der öffentlichen Damentoilette eines Einkaufszentrums. Vielleicht lasse ich morgen früh mal das Duschen weg. Und halte ab jetzt nach jedem Atemzug erstmal die Luft an. Will ja niemandem etwas wegnehmen. 

Kommentare

  1. Das wundert mich nicht, dass deine (Ex)Mitarbeiter dich mögen. Ich denke, die merken, dass du jedem Menschen eine Chance gibst. Und solche Menschen sind selten. Manche geben sich nicht mal selbst eine Chance.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Danke für die lieben Worte. Ich hoffe einfach, dass das so stimmt. Die Wahrheit ist aber auch, dass ich durchaus streng sein kann. Und mir nicht dauerhaft auf der Nase rumtanzen lasse. Sonst würde ich irgendwann noch verrückter werden, als ich es eh schon bin.

      Löschen
    2. Zitat: "Ich habe Fernweh. Und will hier weg. Wieder mal etwas anderes sehen, erleben und spüren. Neue Menschen kennenlernen. "
      Auf der einen Seite würde ich das auch so gerne tun. Und könnte problemlos jederzeit...
      Auf der anderen - ich trau mich nicht. Andere - ehrliche - Gründe gibt es eher nicht.
      Zwickmühle

      Löschen
    3. Und wenn du unbegrenzten Mut zur Verfügung hättest, was würdest du tun?

      Löschen
    4. Gute Frage. Da fängt es schon an, dass ich das nicht genau weiß, weil "Ich machs ja dann sowieso nicht..."
      Ich würde gern (für immer?) von hier weggehen. Woanders neu anfangen und mich dabei nicht wieder so einigeln, wie es mir hier passiert ist. Vielleicht auch nur mal für einige Zeit woanders leben bzw. länger reisen und dann wiederkommen und neu anfangen.
      In jedem Falle dieses Einigeln hinter mir lassen. Das wäre schön...

      Löschen
    5. Vielleicht ist das zu groß gedacht... Kein Wunder, dass dich der Gedanke erschreckt und du es dann doch lässt. Manchmal kann es ja sinnvoll sein, klein anzufangen?
      (Danke für die offenen Worte. Ich war neugierig...)

      Löschen
    6. Ja, klein anfangen ist sicher sinnvoll. Aber das "große Ziel" sollte zumindest grob auch schon da sein, denke ich. Bei mir fehlt halt für dieses dazwischen der Plan und der Mut...
      Die offenen Worte (also quasi sich selbst einzugestehen, dass sich was ändern muss) sind doch schon mal ein klitzkleiner Anfang - oder?
      Was wäre jetzt der nächste Schritt? Irgendwelche Ideen?

      Löschen
    7. Tu etwas Verrücktes :-)
      Oder: Brenn doch mal für ein Wochenende durch.
      Oder: Fang doch wieder an zu bloggen - mittlerweile mache ich die Erfahrung, dass sich hier so einige interessante Menschen tummeln.

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Willkommen im Zauberreich. Da dieser Blog ziemlich viel persönlichen Krimskrams enthält, lassen Sie uns einander doch duzen:

Schreib mir gerne einen Kommentar, bringe mich zum nachdenken, schmunzeln oder lachen. Aber bitte vergiss nicht, dass dieser Blog ein Spiegel meines Innen- und Gedankenleben ist. Ich würde mich demnach freuen, wenn du deine Worte sorgfältig wählst und behutsam mit den Dingen umgehst, die ich hier niederschreibe. Außerdem möchte ich dich darum bitten, mir deinen Namen oder wenigstens ein Kürzel unter dem Kommentar zu hinterlassen, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe. Dankeschön!

Bitte beachte zudem, dass die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (https://zauberreich.blogspot.de/p/datenschutz.html) und in der Datenschutzerklärung von Google.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vom Kaffee und vom Leben

Vom Unglücklichsein

Vom Schmerzgedächtnis