Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Loslassen

Irgendwo auf unserem Weg habe ich bedauerlicher Weise mein Vertrauen in dich verloren. Vermutlich zwischen einem der gebrochenen Versprechen und einer deiner Versicherungen, jetzt würde sich alles ändern.
"Ist das dein Ernst?!", fauche ich, versteckt hinter meinem Computerbildschirm, als ich auf Arbeit mal kurz meine Mails checke. "Wenn du das so willst, kannst du das haben.", füge ich hinzu, "Kannst du gerne!" Nun schon stiller. Meine Kollegin sieht mich mit großen Augen an. "Dich will ich aber auch nicht zum Feind haben, Muschelmädchen.", sagt sie. Mein Ausbruch irritiert sie. Man muss mich schon wirklich lang und intensiv reizen, damit ich aus der Haut fahre.

Du schreibst, dass du dich von mir betrogen und verraten fühlst. Dass du beginnst, mich zu hassen. Und deine Wortwahl ist ziemlich grenzwertig. Wenn ich darüber nachdenke, fällt mir auf, dass sich unsere damalige Beziehung eigentlich kaum von der heutigen unterscheidet: Früher konnte ich es dir nicht recht machen. Du wolltest, dass ich mich verändere, dir mehr gebe, als ich bereit war zu geben. Was ich tat, war immer falsch. Das ich heute schweige, ist dir auch nicht recht. Du willst, dass ich rede. Dir wieder gebe, was ich gab. Und alles was ich tue, ist immer noch falsch. Wie man es dreht und wendet: Mit der Zeit, die vergangen ist, scheine ich zu deinem Druckablassventil geworden zu sein. Zu deiner persönlichen persona non grata, die die schuld an all dem trägt, was in deinem Leben schiefläuft. Zu deinem Boxsack. Und das tut ziemlich weh.

Du sagst, dass ich an dir gelernt habe, mich von anderen Menschen abzugrenzen. Dabei vergisst du aber eines: Ich habe meinen Meister nicht gesucht und wollte das nicht lernen. Ich wollte nicht, dass mein Vertrauen nachhaltigen Schaden erfährt. Und ich wollte nicht härter werden.
Es tut mir leid, dass ich dich verletzt habe. Und auch das ich nicht der Mensch war, den du haben wolltest. Dass ich stattdessen nicht perfekt war, dass ich Fehler gemacht habe, dass ich offenbar auch nicht gut genug für dich war. Oder überhaupt: das ich nicht gut für dich war.

Es macht mich traurig, was aus uns geworden ist.
Ich bitte dich, lass mich los.

Kommentare

  1. Irgendwie erinnert mich das hier an den Impulserhaltungssatz.

    M.

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    1. Der gilt aber -glaube ich- nur in energetisch isolierten, abgeschlossenen Systemen.

      Aber ich teile den Grundgedanken dahinter^^.

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    2. Ihr dürft schmunzeln: Ich war (unfassbar) schlecht in Physik. Und muss erst googeln ehe ich mitreden kann...

      (Wobei ich im Nachhinein finde "Das Universum in der Nussschale" sollte im Unterricht behandelt werden. Hätte ich zu Schulzeiten erahnen können, wie viel Philopsophie in Physik stecken kann, hätte mich das Fach wesentlich mehr interessiert.)

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  2. Viele Parallelen. Langsam wird's dann doch unheimlich. Und das, was bei dir das kontraphobische Verhalten ist, ist bei mir wohl der Drang, dorthin zu gehen, wo es richtig wehtut. Wobei die Vergangenheitsform angemessener wäre. Mittlerweile übe ich auf derartige Menschen so wenig Reiz aus, wie sie auf mich. Lektion gelernt. Dafür bin ich sehr dankbar. Möge das so bleiben.

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    1. Ich bin sicher vieles, aber unheimlich ganz bestimmt nicht. ;-)
      Um ehrlich zu sein, ist das kontraphobische Verhalten dem Drang, dorthin zu gehen wo es richtig wehtut, ziemlich ähnlich, vermute ich. Zumindest in meiner Welt. Denn: Wer den Schmerz erlebt, muss sich nicht mehr vor ihm fürchten. Und das ist doch das Schlimmste: die Angst vor der Angst.

      "Lektion gelernt", mmh?
      Das ist toll.
      Ich will auch. Und arbeite dran.

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