Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von extra Aufgaben

Das Diensthandy wechselt seinen Besitzer wochenweise. Es ist ausschließlich dazu da, um in Notfällen reagieren und schnelle Lösungen finden zu können. Ich brauche so unbedingt eine Augenbraue, die ich nach oben ziehen kann. Dass ist es zumindest, was ich denke, als ich morgens um 4:30 Uhr zum Handy greife. Ich will dem Werksleiter eine SMS schicken. Bevor ich aber dazu komme, verirrt sich mein Blick rein zufällig in den SMS-Verlauf. Irgendeiner meiner Kollegen schreibt SMS mit ihm. Und zwar über mich.
"Gib mir mal bitte die Handynummer vom Honigbrummer.", steht da. Und: "Hallo Werksleiter, der Honigbrummer hat versucht, dich anzurufen. Du hast ihn weggedrückt und jetzt ist er ganz traurig und lässt den Kopf hängen." Einige andere SMS reihen sich an. Aha. Hm. Ich bin reichlich irrtiert. So irritiert, wie man morgens um 4:30 Uhr sein kann. Schließlich fällt mir ein, warum ich das Handy zur Hand genommen habe. "Hallo Werksleiter", tippe ich, "Herr Müller verspätet sich um 20 Minuten. Er beeilt sich aber. Viele Grüße, Muschelmädchen." Die Antwort lässt keine drei Minuten auf sich warten: "Guten Morgen Muschelmädchen. Dann komm du vorbei und arbeite so lange bis er da ist." "Er ist schneller da, als ich es bin", schreibe ich, "Aber ich arbeite schon mal in Gedanken für ihn vor." Wieder piept das Handy. Dieses Mal muss ich die SMS zweimal lesen. "Für dich habe ich extra Aufgaben.", steht auf dem Display des Diensthandys.
Ich frage mich ernsthaft, ob es einem Mann möglich ist, so eine SMS zu schreiben, ohne einen Hintergedanken zu haben. Vielleicht bin ich einfach nur so sexuell verdorben, dass ich da etwas hineinlese, was eigentlich gar nicht da steht? Morgens, zu so früher Uhrzeit, bin ich noch nicht dazu fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber das muss ich auch nicht. Das Diensthandy fängt unvermittelt anzuklingeln. Vor 8:00 Uhr wird es nicht mehr verstummen.

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