Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von der Sehnsucht

Ich spüre, wie ich Distanz erzeuge. Weil ich mich in der Distanz sicherer und nicht so sehr leicht verletzbar fühle. Wie immer setzt dieses Verhalten eine ganz eigene Kreativität frei: Die besten Zeichnungen entstehen in solchen Momenten. Also setze ich mich an meinen Schreibtisch und fokussiere mich vollkommen auf mich selbst. Und je länger der Bleistift über das Papier gleitet, desto leerer wird mein Kopf.

Während des Zeichnens denke ich darüber nach, dass meine Bibliothek groß und ich eine Geschichtensammlerin wäre, wenn Menschen Bücher wären. Alle Geschichten habe ich verwahrt, sorgsam. Manche führen ein Eigenleben in meinem Kopf und verändern sich mit der Zeit, die ihnen mit ihrem Verstreichen eine andere Färbung verpasst. Bisweilen erinnert diese Färbung kaum noch an das Original, wie alte Fotografien, die über die Jahre hinweg an Farbe verlieren und an den Rändern brüchig werden. Andere Geschichten habe ich mit Tinte auf Papier tropfen lassen, um ihnen die Färbung vorzuenthalten, um sie zu bewahren, zu versiegeln und etwaige Interpretationen auszuschließen. Viele Geschichten: Kleine und große, schwarze, graue, weiße und bunte Geschichten, Kriminalromane, Liebesgeschichten, gruselige Erzählungen, weise Fabeln und Novellen. 

Später stehe ich auf und lege eine Schallplatte auf. Während Frank Sinatra "Killing me softly" singt, genieße ich die kleinen Staubkörnchen, die auf der Platte vor sich hinknistern. Leise mitsingend schenke ich mir ein Glas Weißwein ein und setze mich auf den Balkon. Ich sehe der Sonne dabei zu, wie sie langsam hinter den Bäumen versinkt und spüre dabei so lange der Sehnsucht nach, die sich durch mich hindurchzieht, bis ich es kaum noch auszuhalten vermag. Wenn Menschen Bücher wären, wurde ich mir die nächste Begegnung ein Märchen wünschen.


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