Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Lebenszeichen

Im Moment fehlen mir sowohl die Zeit als auch ein bisschen die Kraft, um zu bloggen. Brrrrt. Ich brauche ein unverplantes Wochenende zum schlafen, schreiben und Seele baumeln lassen.
Kurzzusammenfassung:

  • Ein Mitarbeiter, den ich sehr mag, hat um Kündigung gebeten. Als Grund hat er (schriftlich) angegeben, dass er die Arbeit nicht schafft, weil seine Hände für so viel Arbeit zu klein sind. Ich musste ein bisschen kichern, als ich das las.
  • Mir wurde heute ein Magdeburgerischer Dialekt unterstellt - das ist URST furchtbar! Denn ich liebe Hochdeutsch. Und auch wenn ich Magdeburg für eine unterschätzte und großartige Studentenstadt halte, bin ich überzeugt davon, dass ich hochdeutsch spreche. Allerdings weiß ich, dass ich Dialekte tatsäch schnell annehme. Aber es kann doch wohl nicht wahr sein, dass man nach neun Jahren noch hört, dass ich da mal studiert habe?! Habe beschlossenen, nur noch zu berlinern. Pah!
  • Die Mädels aus dem neuen Büro sind echt witzig. Ich gebe ihnen ein wenig, wirklich nur ein klitzekleines bisschen, Arbeitsstruktur an die Hand und sie reagieren absolut dankbar und mehr als begeistert. Das ist völlig faszinierend. Bisher war mir nicht bewusst, dass man Menschen mit ein paar Aktenschütten, einigen festgelegten Ablageorten und diversen Arbeitsmitteln so glücklich machen kann. Das macht mir echt Freude. Ich frage mich, wie sie erst reagieren, wenn ich die Arbeit so systematisiert habe, wie es mir eigentlich unter den Nägeln brennt. Laufen wir dann alle nur noch völlig euphorisiert durch die Gegend und reißen die Weltherrschaft an uns?
  • Erst jetzt, seitdem ich woanders arbeite, wird mir klar, wieviel ich wirklich in den letzten vier Jahren in meinem Job gelernt habe. Das ganze Wissen, dass ich momentan durch die neue berufliche Situation abrufen muss, war mir gar nicht bewusst. Ich habe mich heute zum ersten Mal in meinem Leben gefragt, ob ich in meinem Beruf vielleicht doch gar kein Hochstapler bin. Vielleicht kann ich mehr, als ich glaube.
  • Ich habe heute jemandem von einem Konzept überzeugt, das er gar nicht hören wollte, weil er es von Anfang an abgelehnt hat. Das hat mir Spaß bereitet. Ich mag es, zunächst ganz sanft an Überzeugungen zu ruckeln, ehe ich sie gänzlich umstürze. Es erstaunt mich selbst, dass in mir ein Verkäufer steckt. Wer hätte gedacht, dass aus dem sozialphobischen Mädchen, das früher einmal im Kleiderschrank wohnen wollte, ein Vertriebler werden könnte? Ebenso überrascht bin ich davon, dass ich offenbar eine Art natürliche Autorität besitze. Ich werde ernst genommen. Von Mitarbeitern und Lieferanten. Ohne Diskussionen. Das ist alles andere als selbstverständlich. Wie ich an meinen Kollegen sehen kann. Aber offenbar strahle ich es aus, dass ich mir nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lasse. Das ist überraschend.
  • Aber ich merke auch, dass mich der Job mitnimmt. Nachts liege ich manchmal wach. Zumindest die letzten drei Nächte. Dann schreibe ich innerlich To-Do-Listen, damit ich weiß, wann ich welche Aufgaben am nächsten Tag erledigen muss. Und ich mache mir Sorgen. Über die Dinge, die noch nicht gut funktionieren und die ich irgendwie verbessern muss. Ich bin ehrgeizig. Will gut sein in den Dingen, die ich tue. Beides halte ich für wichtig. Aber ein wenig mehr Distanz zum Job würde mir sicher auch nicht schaden.

Kommentare

  1. Liebes Muschelmädchen,
    lass das innerliche Todolistenschreiben. Leg dir nen Block und Stift ans Bett und schreib's direkt auf. "Das löscht die Flammen im Kopf" sagte mir mal ein Herzensmensch. Recht hatte er.
    LG
    Gwen

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    1. Das klingt so einfach ;-) Wusstest du, dass es nachgewiesen ist, dass es Nacht-Depressionen gibt? Das ist tatsächlich so. Nachts, im Dunkeln, wirkt alles viel dramatischer und nicht zu bewältigen.
      Aber deinen Tipp werde ich mal ausprobieren. Danke dafür!

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  2. Das klingt sehr gut, das klingt nach Aufwertung deines Selbst, nach Selbstbewusstsein. Behalte es dir! In allen Lebenslagen!

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    1. Das ist ein guter Vorsatz - den nehme ich so mit. Vielen Dank. :-)
      (Und auch ein riesiges Danke für die andere Sache. Aber dazu an anderer Stelle mehr. :-))

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  3. ja, innerlich to do Listen sind die Pest, ich schreibe mir selbst eine kurze Mail ins Büro und dann ist der Kopf frei

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    1. Auch mitten in der Nacht?
      Ich fürchte, wenn ich mitten in der Nacht auch noch auf mein Handy sehe, bin ich völlig wach. Trotz Blaufilter. Vielleicht versuche ich beim nächsten Mal einfach wieder orange Schäfchen zu zählen...

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  4. Also ich hatte in einer Stressphase, wo ich auch nicht wirklich abschalten konnte, ein analoges Diktiergerät neben mir liegen und auch tagsüber quasi fast ständig bei mir. Wenn mir was einfiel hab ich drauf gesprochen und der Gedanke war gesichert und meist auch zeitnah aus dem Kopf...

    Vorteil in der Nacht: Kein Licht erforderlich! Kein Tippen auf dem Handy oder aufschreiben, was man am nächsten Morgen aufgrund vieler Fehler nicht mehr "übersetzen" kann...

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    1. Das ist eine tolle Idee! Ich finde alles gut, was man im Dunkeln ohne Licht tun kann. Denn wenn ich das Licht anschalte, bin ich sofort gänzlich wach.
      Danke!

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