Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Gefühl in Kontakt zu sein

In den letzten Wochen habe ich festgestellt, dass es ganz wichtig für mich ist, mit Menschen, die mir etwas bedeuten, in Kontakt zu sein. Das klingt vermutlich so, als wäre es etwas, was selbstverständlich und mir damit nicht neu sein müsste. Aber für mich ist dieses Gefühl neu. Ich bin ein sehr freiheitsliebender Mensch. Wenn man versucht, mich in einen Kontakt hineinzuzwingen, ziehe ich mich schnell zurück. Alles kann und darf sein, solange ich das Gefühl habe, selbst entscheiden zu können, ob ich in Kontakt sein will oder nicht.

T. hat mich immer in unseren Kontakt hineingezwungen. Er wollte immer mehr Kontakt, als ich wollte. Mehr Telefonate, mehr Treffen, mehr Miteinander. Gerade am Ende, als wir schon längst dabei waren, auseinanderzufriften, hat er mich oft unter Druck gesetzt. Und auch nachdem er mir gesagt hatte, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben will und ich aus seinem Leben verschwinden soll, hat er nie wirklich losgelassen. Selbst dann hat er mich noch, auf allen möglichen Wegen, versucht zu drängen, den Kontakt aufrechtzuerhalten. So auch das letzte Mal, als wir Kontakt hatten. Vor etwa zwei Wochen. Anstatt froh darüber zu sein, dass wir uns langsam wieder einander annähern, hat er Grenzen gesetzt und mir mitgeteilt, dass er mir in die Augen sehen will, wenn wir weiter in Kontakt sein wollen. Ein Schritt wozu ich, in der derzeitigen Situation, niemals bereit gewesen wäre. Also habe ich ihm gesagt, dass das für mich nicht infrage kommt. Und ihn gebeten, mich in Ruhe zu lassen. Seitdem ist Funkstille. Ich glaube, dass das für uns Beide das Beste ist. Weder kann er meine Erwarten erfüllen, noch ich seine.

Bei T. habe ich mich immer gegen den Kontakt gewehrt.

Paradoxerweise stelle ich aber in der letzten Zeit wieder und wieder fest, dass ich T. ziemlich ähnlich bin. Bei Menschen, die mich nicht unter Druck setzen, brauche ich es nämlich tatsächlich auch zwingend, regelmäßig in Kontakt zu sein. Ich muss fühlen können, dass ich am Leben des Anderen teilhaben darf und dass ich wichtig bin. Wenn ich dieses Gefühl nämlich verliere, fange ich an zu zweifeln: An meinem Verhältnis zu diesem Menschen, an meinem eigenen Verhalten, an unserer Bindung. Es ist anscheinend wichtig für mich, mir sicher sein zu dürfen. Ohne Kontakt verunsichere ich und fange an, mich abzuschotten und in meine Muschel zurückzuziehen. Je mehr ich mich zurückziehe, desto schwieriger ist es, irgendwann die Schutzmauern wieder runterzufahren. Das ist schon seltsam. Ich habe mich bisher nicht für einen Menschen gehalten, der darauf angewiesen ist, in Kontakt zu sein.

So kommt es, dass ich momentan nicht ganz glücklich bin. Denn mir fehlt gerade an mehreren Fronten der Kontakt, obwohl ich mir diesen eigentlich wünschen würde.
Für die größten Zweifel in mir sorgt eigentlich der Mensch, den ich seit vielen Jahren als beste Freundin bezeichne. Mein Vertrauen in unseren Kontakt ist zurzeit einigermaßen erschüttert. Nachdem ich ihr vor einigen Monaten beichtete, schwanger gewesen zu sein, hatten wir ein sehr intensives, tränenreiches Treffen, in dem sie sich mir gegenüber sehr besorgt zeigte. Es war ein schönes, sehr ehrliches Treffen. Bei dem wir, wie man das eben so macht, uns einfach über alles, was uns zurzeit beschäftigt, unterhalten haben. Nachhaltig verärgert hat mich, dass sie sich nach diesem Treffen kein einziges Mal mehr bei mir gemeldet hat. Ich hätte mir wenigenstens mal einen kurzen Anruf gewünscht, nach dem Motto: Geht es dir gut? Kommst du zurecht?
Vor ein paar Wochen habe ich sie dann zu ihrem Geburtstag besucht. Wir haben eine wilde Nacht mit einander verbracht. Aber auch in diesen gemeinsamen Stunden kam nicht eine Nachfrage.
Und nun fühle ich mich ein wenig hin- und hergerissen. Auf der einen Seite ist die Freundschaft zu alt und zu intensiv, um sie einfach sausen zu lassen. Auf der anderen Seite kränkt es mich, wie wenig sie in letzter Zeit Anteil an meinem Leben genommen hat. Obwohl ich wahrlich jemanden hätte brauchen können, der mich ein wenig stützt. Vielleicht bin ich eingefahren, unter den Menschen, die mich seit vielen Jahren kennen, in der mir zugeschriebenen Rolle: Normalerweise bin ich diejenige, die andere stützt, die hilft und zuhört und sich kümmert. Allerdings glaube ich fest daran, dass eine Freundschaft aus relativ gleichgewichtigem Geben und Nehmen bestehen sollte. Und bin nicht bereit, nur noch zu geben.
Ich brauche Kontakt.
Will ihn aber nicht selbst herstellen, weil ich das oft genug getan habe.
Das ist eine Zwickmühle.

Kommentare

  1. Liebe Frau Muschel, warum Menschen, an denen unser Herz hängt, nicht das tun, was wir uns von ihnen wünschten und wonach wir uns auch sehnen, das erfahren wir viel zu oft nur, wenn wir sie fragen..
    Wenn dieser Kontakt, diese Freundin Dir fehlt, dann sag es ihr.. Sag es ihr ganz direkt.. Frei von jedem Vorwurf, aber dennoch so, dass es nicht misszuverstehen ist..
    (Kommunikation, so fühlt es sich für mich immer mehr an, ist etwas, das mehr und mehr Menschen unterschätzen. Sie reden lieber gar nicht mehr, bevor sie etwas Falsches sagen. Aber dann kommt auch kein Dialog, keine Kommunikation mehr zustande - und dann verliert man sich. Ja, das gilt auch für mich ;))
    Und wenn dann immer noch nichts zurückkommt bzw. sie Dir nicht sagen kann, warum sie gerade so passiv ist, dann muss man vielleicht davon ausgehen, dass ihr dieser Kontakt nicht mehr so viel bedeutet wie Dir?

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    1. Hach. Ich hatte es befürchtet: Ich muss reden ;-) Ja... Ja. Du hast recht. Ich weiß. Aber ich muss noch ein kleines bisschen mit meinem Stolz kämpfen. Und mit der Angst, dass etwas zu Ende gehen könnte, von dem ich noch nicht will, dass es endet.

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  2. Und ich hab noch einen Gedanken: Wer sich immer kümmert, immer macht und tut, der wird als jemand wahrgenommen, der stark genug ist, auch für sich selbst zu sorgen. Man kommt gar nicht erst auf die Idee, dass er überhaupt Zuwendung und insbesondere diese Stütze gebrauchen könnte. Leider Gottes ist das so..
    Auch deshalb mein Impuls: Sag ihr ganz direkt, dass Du sie brauchst und was Du Dir wünscht.. Und dann schau auf die Reaktion.

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    1. Das ist ein sehr interessanter Gedanke...
      Es fällt mir nicht ganz leicht klar zu formulieren, was ich brauche und mir wünsche. Nicht weil ich es nicht könnte, sondern weil ich mir wünschte, es würde einfach erkannt werden. Aber reines wünschen hilft nicht. Im Zweifel hilft nur sprechen.

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    2. Nicht nur „im Zweifel“ - eigentlich immer. So mühsam (oder besser „bemüht“) das Einem auch bisweilen erscheinen mag.
      Menschen sind halt anstrengend^^.

      Achte wohl darauf, wie die Balance ist zwischen „geben“ und „zurück erhalten“.
      Aber leg unbedingt die Regeln VORHER fest, was Du tust, wenn Du ein Ungleichgewicht wahrnimmst.

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    3. Genau darum geht es: Um die Balance zwischen Geben und Nehmen.
      Warum muss man die Regeln dafür, was passiert, wenn ein Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen herrscht, vorher festlegen?

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    4. Damit Du Dir klarmachen kannst, was Du wirklich (von ihr) brauchst und Dich auch nicht mit weniger „zufrieden“ gibst. Nicht mit dem „Weniger“, das Dir ja doch nicht guttut.
      Zumindest empfinde ich es so 😉

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    5. Oh. Das verstehe ich. Es ergibt Sinn. Danke! :-)

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