Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom fehlenden Hirn

Habe mir für das nahende Vertriebsevent drei Dirndl gekauft und mich letztendlich doch dazu entschieden, das vom letzten Jahr anzuziehen. Werde Reizwäsche darunter tragen. Um mich über das alte Dirndl hinwegzutrösten.
Grusle mich ein wenig davor, dass ich vermutlich bei besagtem Vertriebsevent den ganzen Abend damit beschäftigt sein werde, den Werksleiter auf Abstand zu halten. Weil ich mein loses Mundwerk nicht halten konnte und wieder mal schneller im Reden als im Denken war, habe ich die Weichen dafür vor kurzem nämlich in die absolut falsche Richtung gestellt.
Folgender Dialog am Telefon:
"Hey, Muschelmädchen, trägst du deine Schuhe mal wieder falsch herum?", fragt er.
"Was...?", frage ich verwirrt, rolle mit dem Schreibtischstuhl zurück und betrachte allen Ernstes meine Schuhe. Voll richtig rum angezogen! Rechter Schuh an rechtem Fuß, linker Schuh an linkem Fuß. Ehrlich!
 "Na, als du das letzte Mal hier warst, hast du doch versucht, deine Arbeitsschutzschuhe falsch herum anzuziehen..."
"Oh...", stoße ich atemlos und äußerst intelligent hervor, "Das hatte ich schon wieder erfolgreich verdrängt..."
Er lacht. Wechselt dankbarerweise das Thema.
"Wir sehen uns zum Vertriebsevent!", stellt er fest.
"Hm, ja.", gebe ich, ein wenig abgelenkt, zurück. Ich checke nebenbei Mails.
"Ich werde mich extra für dich rasieren!", verspricht er und ich kann das Schmunzeln in seiner Stimme hören.
"Hm.", sage ich, immer noch unkonzentriert. Und erwidere, ohne darüber nachzudenken:
"Ich mich auch."
Erst als er in schallendes Gelächter ausbricht, wird mir bewusst, was ich da gerade gesagt habe. Ich laufe rot an und schiebe mir verlegen eine Hand über die Augen, während ich, den Telefonhörer noch immer am Ohr, wild den Kopf über mich selbst schüttle. Grrrr. Ich. Bin. So. Dämlich.
Kurz nach unserem Gespräch ploppt eine neue E-Mail in meinem Postfach auf.
"Ich freue mich auf die Feier und werde das kontrollieren! :-)", schreibt er.
Himmel. Warum hat Gott mich nur mit so wenig Hirn gesegnet?! Muss zu diesem Vertriebsevent unendlich viel Schnaps trinken und zu komischer Musik tanzen, um fehlendes Hirn zu kompensieren. Falls da noch irgendetwas zu kompensieren ist. Vermutlich sind Hopfen und Malz eh schon verloren. Und darauf noch ein Bier...

Bin dünnhäutig heute Abend, will auf den Arm und lieb gehabt werden. Gesundheitlich bin ich noch immer nicht wieder ganz auf der Höhe und kann mir ungefähr dreitausend schönere Dinge vorstellen, als bei dem kalten Wetter im Kleid den Abend zu verbringen. Aber: Ich werde reizend aussehen in meinem Dirndl und den hohen Schuhen. Nehme mir vor, die Nadel im Heuhaufen zu suchen: Den einen Menschen, der ein bisschen interessanter ist, als der Rest. In der Hoffnung, einen ebenbürtigen Gesprächspartner zu finden und eine neue Bekanntschaft mitzunehmen. Irgendjemanden der mich reizt...
Brauche neue Menschen in meinem Leben.
Dringend.

Kommentare

  1. Die Idee mit den neuen Menschen kam mir in letzter Zeit auch öfter. Interessant.

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    1. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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    2. Hm.
      (Mein erster Gedanke war, dass das ja fast nach einem kleinem Bloggertreffen schreit...)

      Wo und wie lernen wir denn die neuen Menschen kennen?

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    3. Ich hab mal gehört, dass man Menschen auf der Arbeit und im Verein kennenlernt. Ich hasse Vereine.

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    4. Lassen Sie uns zusammen arbeiten... :-)

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    5. Gute Antwort. Woran sollen wir denn zusammen arbeiten?

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    6. Mmh. Gute Frage.
      An der Weltherrschaft?
      Ach, wobei... Klingt irgendwie anstrengend, oder?
      Haben Sie eine Idee?

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    7. Hm.
      Wir könnten:
      - ein Buch schreiben
      - eine Revolution anzetteln
      - der Politik in die Suppe spucken
      - ...

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    8. Buch oder Revolution. Bitte das, was weniger anstrengend ist.

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    9. Eindeutig die Revolution. Zu einem Montagmorgen passt ein Sitzstreik hervorragend...

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  2. Warum hast nicht ganz cool gesagt: "Die Beine, Alter, die Beine." Das wäre dann das natürlichste vonne Welt gewesen und hättest ihm damit den Wind aus den Segeln genommen.
    Kannste ihm ja auch jetzt noch locker unter die Nase halten ... ein rasiertes Bein meine ich ...

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    1. "Den Kopf, Alter, den Kopf!" --> Das hätte ich noch sehr viel witziger gefunden! Hach, wie gerne hätte ich seinen Blick gesehen... :-)
      Herzlichen Dank, ich musste heute Morgen total lachen, als ich deinen Kommentar gelesen habe. Er hat, in allen möglichen Variationen, ein wunderbares Kopfkino in mir ausgelöst! Die Lösung mit den Beinen wäre so verdammt naheliegend gewesen. Aber: Das Hirn funzt eben manchmal nicht.
      Schade für mich, dass du nicht in meinem Kopf wohnst. Die eine oder andere Konterhilfe, wenn mich mal wieder jemand aus der Fassung bringt, könnte ich ganz gut gebrauchen. :-)

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  3. Äh: ich hatte dich bislang eher in Norddeutschland verortet. Und jetzt lese ich was von Betriebsevent im Dirndl? Drehen denn jetzt alle leer dass ganz Deutschland im Voroktober meint, sich aufbrezeln zu müssen wie einst die Tiroler?

    Lout mi an Land! 😳

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    1. Vor ein paar Jahren gab es eine flächendeckende Dirndl-Schwemme. Die hat leider ganz Deutschland getroffen.

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    2. Verstehe das LEIDER nicht : wenige Kleidungsstücke vermögen dem weiblichen Körper derart zu schmeicheln wie es Dirndl vermögen, oder?

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    3. @Herr Zimmermann: Ich bin viel umgezogen in den letzten Jahren. Dementsprechend an so einigen Stellen, wenigstens geistig, verortet. ;-)

      @Rain: Man sagt immer, dass es für jede Frau das richtige Dirndl gibt. Ich persönlich halte das für ein ganz großes Märchen. Mal schauen, vielleicht habe ich ja die Möglichkeit, dir mal ein paar Fotos von eher unvorteilhaften Dirndln zu schießen...

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  4. Bitte mal kurz jeder mit "+" unter diesem Kommentar abstimmen,
    wer hier noch außer mir ein Foto vom Dirndl (IM DIRNDL!) sehen will.^^

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    1. Da mach´ ich sofort mit ;-) +

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    2. -

      Bin ich jetzt überstimmt?
      DrSchwein? Kann ich SIe auf meine Seite ziehen und sie schreiben ein "-"?
      Dann geht die Geschichte nämlich unentschieden aus. :-)

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    3. Nicht, dass ich es nicht sehen wollen würde, aber ich mag unentschieden. Die sind so herrlich deprimierend. -

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    4. Und dabei waren Sie auf einem hervorragenden Weg, mir wirklich sympathisch zu werden... aber ich hätte genau so gehandelt. Selbstverständlich hätte ich das.

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    5. Ich finde Herrn DrSchwein toll. :-)

      Foto kommt sicher trotzdem. Wenn ich einen großen Spiegel sehe. :-)

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