Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von dem Klischeemann in mir


Manchmal fühle ich mich so gar nicht weiblich. Dennoch bin ich aber eine Frau. Indizien dafür habe ich ja schon vor kurzem aufgelistet. Nun gibt es aber auch noch, natürlich, gewisse Indizien, die dafür sprechen, dass ich, trotz eindeutig weiblichen Aussehens, auch ein paar männliche Klischees ganz gut erfülle:
  1. Salat ist für mich kein Essen. Maximal ein Teil eines Essens. Eine Vorspeise. Aber er macht nicht satt. Und wenn ich die freie Wahl habe, dann entscheide ich mich gerne für ein gutes Stück Steak. Medium rare. Ich bin schließlich kein Kaninchen.
  2. Ich habe eine Freundin, die unglaublich darauf steht, sich Essen zu teilen, wenn man zusammen essen geht. Wenn ich mich weigere mein Essen mit ihr zu teilen, begeht sie Mundraub. Wenn ich mich darauf einlasse, mein Essen zu teilen, isst sie den Belag von der Pizza und lässt mir den Boden über. Ich hasse es, Essen zu teilen. Wenn ich jemals mein Essen mit jemandem teile, dann entweder aus Höflichkeit oder aus Liebe.
  3. Ab und an verbringe ich, mit Holzfällerhemd und Arbeitshose bekleidet, meine Zeit draußen. Handwerklich tätig zu sein, bereitet mir keine Angst: Ich kann einen Akkuschrauber von einer Bohrmaschine unterscheiden und einen Gabelstapler von einem Handhubwagen. Sicher kann ich es nicht perfekt, aber ich habe bereits Übung darin, Teppich zu verlegen, Dächer zu decken, Dachgerüste zu bauen, Dämmwolle zu bearbeiten, Fliesen zu fugen und Fachwerk zu mauern. Wenn ich gutes Werkzeug zur Hand habe, kann ich Möbel (mit Steckmechanismen) bauen, Lampen anschließen und liebe es, zum Lötgerät zu greifen. Ich bin gerne dazu bereit, Fußbodenleisten, Steckdosen und Lichtschalter abzukleben, zu tapezieren und zu malern - in welcher Farbe es auch immer von mir verlangt wird. Meine eigenen Wände sind allerdings weiß. Mein allerliebstes Lieblingswerkzeug ist die Handoberfräse. Und beim Kauf von Werkzeug gilt: Wer billig kauft, kauft zweimal. (Letzteres hat mich übrigens nicht davon abgehalten, den pinken Werkzeugkasten für 10 Euro zu kaufen. Der war einfach so schön!!!)
  4. Zur EM und zur WM bin ich leidenschaftliche Fußballguckerin. Die Fußballregeln kann ich, in nüchtern und betrunken, ziemlich gut erklären. Ich weiß, wer Zinédine Yazid Zidane ist und denke bei Müller nicht an Milch. Damit selbst Fußball zu spielen, kann man mich allerdings nicht verlocken. Außer am Tischkicker. Und da ziehe ich fast jeden ab. Auch mit einer Acht im Turm. 
  5. Bier her, Bier her oder ich fall´ um! Was gibt es schöneres als in einer warmen Sommernacht ein eiskaltes Bier in guter Gesellschaft zu trinken? Kaum etwas, richtig. Alternativ spiele ich aber auch, bei Whiskey und Zigarre, ziemlich gerne Poker. Und wenn ich dann betrunken bin, kehre ich gerne noch mal, auf dem Heimweg, in einer Dönerbude ein. Wenn ich am nächsten Tag völlig verkatert bin, helfen kalte Pizza vom Vorabend oder fettiges Essen, um den Magen wieder in Schwung zu bringen. Wenn ich einen Wunsch frei habe: bevorzugt Nudeln mit irgendeiner Sahnesauce.
  6. Und nun ein Geheimnis: Ich finde es toll, wenn der Frühling wieder einkehrt und die Kleidung wieder leichter und kürzer wird. Es bereitet mir nämlich durchaus Freude, hübsche Frauen anzusehen und ihnen auch mal hinterherzuschauen. Der weibliche Körper ist mit seinen Kurven und Rundungen einfach wahnsinnig ästhetisch. Das mag ich. Und nein, Missgunst oder Neid findet man in meinem Blick nicht. Allerhöchstens mal einen Hauch von Sehnsucht, wenn ich mir so etwas denke wie: Himmel, so einen Hintern hätte ich auch gern! ;-)
  7. Ich finde Spinnen definitiv nicht toll. Sie machen mir aber auch keine Angst. Je nach Größe der Spinne nehme ich sie in die Hand oder hole mir ein kleines Glas, um sie einzufangen und dann zurück in den Garten zu bringen. Dabei zitiere ich gerne mit dunkler Stimme Don Vito Corleone, um mir selbst Mut zu machen: "Hör auf zu heulen und sei ein Mann!"
  8. Manchmal wache ich morgens auf und brauche dringend Sex, um mich auf den Tag einzustimmen. Manchmal bin ich nach der Arbeit so angestrengt, dass ich dringend Sex brauche, um mich zu entspannen. Manchmal kann ich nicht einschlafen, weil ich Sex brauche. Manchmal... Ach, lassen wir das.
  9. Ich benötige morgens in etwa 20 Minuten im Bad: Duschen, Rasur, Zähneputzen, Haare föhnen und kämmen. 1,5 weitere Minuten für einen geraden Lidstrich und ein bisschen Mascara. Fertig. 30 weitere Minuten gehen morgens dafür drauf, in Ruhe einen Kaffee zu trinken, Nachrichten zu checken und die Blogs zu lesen, die mich schon seit Jahren begleiten. Mit Frauenzeitungen kann man mich jagen. Zu viele Bilder, zu wenig Worte. Und ich frage mich, warum sich Menschen Handtaschen und Schuhe für einen Preis kaufen, der meine Mitekosten übersteigt.
  10. Menschen, die Konzerte besuchen, und der Musik lauschen, als hätten sie vor Konzertbeginn einen Stock verschluckt, gruseln mich. Bei Metalkonzerten findet man mich seitlich in einer der ersten Reihen. Headbangend, selbstverständlich. Die erste Reihe mittig klemme ich mir, seitdem ich mal beim SOAD-Konzert von der Security wegen Luftmangels gerettet werden musste, weil die Massen von hinten die vorderen Reihen gegen die Absperrung drückten.
  11. Am Steuer meines Autos neige ich nicht nur dazu, laut zu singen und wild zu tanzen, sondern mutiere durchaus auch mal zum fluchenden Rumpelstilzchen, wenn vor mir ein Mann mit Hut fährt, der sein Auto um die Ecken trägt und immer 10 km/h unter der zugelassenen Geschwindigkeit bleibt. Ich fahre gerne schnell. Auch gerne so schnell, dass ich mir mal ein paar Punkte einheimse. Seitdem ich ein Fahrverbot hatte versuche ich aber, nur noch ein bisschen zu schnell zu fahren. Mal ein bisschen mehr, mal ein bisschen weniger.
  12. Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich die erste Reihe in der Achterbahn wählen und Runde um Runde fahren, ohne wieder auszusteigen. Es gibt keine Fahrattraktion vor der ich zurückschrecke. Dass meine Haare hinterher aussehen wie ein Wischmobb ist mir egal. Sie sind wind-, wetter-, helm- und matscherprobt.
  13. Ich kann einen Besenstil auf meiner Stirn balancieren, bin eine Zeitlang Motocross gefahren und habe irgendwann einmal einen Kurs in Paragliding belegt. Karate, Basketball, Badminton, Stockkampf, Klettern, Breakdance. Nicht sehr ladylike. Ebenso wenig wie der Roadtrip auf Cuba. Ich probiere gerne neue Dinge aus. Hab ja nichts zu verlieren. Mehr als festzustellen, dass ich etwas nicht mag, kann ja nicht passieren. (Improvisationstheater ist so etwas, was ich mal versucht habe und einfach nur unlustig fand.)
  14. Darin über meine Gefühle zu reden, bin ich nicht besonders gut. Manchmal muss ich eine Nacht schlafen, um in Worte fassen zu können, was ich empfinde. Und selbst wenn mir bewusst ist, was ich fühle, tue ich mich ein wenig schwer damit, das preiszugeben. Mit dauerhaftem Streit, Liebesentzug oder Geschrei kann ich überhaupt nicht umgehen. Das löst bei mir den Fluchtreflex aus. Nähe zuzulassen, fällt mir eh schon schwer genug, denn Bindungen machen mir Angst. Zu viel Nähe erdrückt mich und nimmt mir die Luft zum atmen. Ich liebe meine Freiheit. Oder wenigstens das Gefühl, meine Entscheidungen selbst treffen, mein Leben selbst gestalten zu können. Leben und leben lassen. Das ist mir wichtig.
  15. Pornos. Jede Menge Pornos. Es geht auch ohne Pornos. Aber mit Pornos ist es halt schöner.
 (https://stocksnap.io/photo/FUCDX0FBLZ, 17.09.2017)

    Kommentare

    1. Falls ich mal wieder n Handwerker brauche, weiß ich ja nun, wen ich um Hilfe fragen kann.

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      1. Da ich koffeinsüchtig bin, bin ich gerne dazu bereit, mich mit einem Kaffee bestechen zu lassen. Aber! Aber bitte beachten Sie, dass ich zwar alles schon einmal gemacht habe, meine Tollpatschigkeit jedoch nicht zu unterschätzen ist. Falls ich das handwerkliche Problem nicht gelöst bekomme, haben Sie dann aber wenigstens etwas zu Lachen. Das kann ich versprechen.
        (Halten Sie mich von allem fern, was mit Elektronik zu tun hat. Das endet nie gut. Habe zu viel MacGyver gesehen.)

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      2. Wenn es was zu lachen gibt, besorge ich schon mal den Kaffee.

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      3. Gibt es. Ich bringe dann auch jede Menge Sparwitze mit. Die kann ich...

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    2. Ich gestehe, dass ich erst einmal HANDOBERFRÄSE googlen musste und bin nun
      (nach dem dritten YT-Video) einigermaßen vorinformiert.

      In meinen Augen sind da oben ein paar ziemlich attraktive Attribute aufgelistet...so aus Sicht eines Mannes.

      Und das mit dem Besenstil auf der Stirn muss ich die Tage mal in unserem Ferienhaus ausprobieren^^.

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      1. Ich weiß schon, welche attraktiven Attribute das sind - ein Frau, die handwerklich begabt ist, bietet ein Rundum-Sorglos-Packet ;-) Zeit, sich endlich mal zurückzulehnen und die Frau machen zu lassen... Ich glaube, ich habe eine ungefähre Vorstellung von deinem Kopfkino.

        Bekomme ich Fotos? Wenn du das mit dem Besenstil ausprobierst?
        Das ist ganz einfach. Balanciere ihn zuerst auf dem Fußrücken, dann bekommst du ein Gefühl dafür. :-)

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      2. @Rain: suchmaschiniere er "Mafell LO 65 Ec". Das ist das Modell für Zupackeraußen und -innen. Oder so. 😜

        ... und das mit dem Besenstiel ist wirklich typisch Mann. Jede normal veranlagte Frau würde nicht zögern, ihn als Verkehrsmittel zu nutzen, Motto: scheixx auf Achterbahn! 😎

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      3. Ich habe auch gesuchmaschiniert. Bin schwer begeistert!

        Hm. Also... Fliegen ist jetzt aber irgendwie viel besser, als den Besen auf seiner Stirn zu balancieren? Irgendwie fühle ich mich jetzt doof. ^^

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    3. Du bist echt ein super Kerl :-) Da würd´ sich´s lohnen, mit Dir mal um die Häuser zu ziehen!

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      1. (bin mir fast sicher, sie trägt Einen auch hinterher nach Hause ^^)

        [[ Angebot freibleibend, ohne Gewähr, gilt nur bis 80kg ]]

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      2. @Horseman: Ich arbeite dran ;-) Aber so sehr Kerl bin ich dann doch nicht. Ich schätze, ich habe in meiner Jugend nur eine gute Erziehung durch einen mehrheitlich männlich geprägten Freundeskreis genossen. Um die Häuser ziehen geht aber immer!

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      3. @Rain: Rain Zaubermann! Du glaubst, ich könne einen 80kg-Mann nach Hause tragen?!

        1. Was soll das für ein Hämpflin sein, wenn er nur 80kg wiegt?!
        2. So dick bin ich gar nicht, dass ich 80kg schleppen kann - aber wir können uns aufs Rollen, Schieben und Ziehen verlegen.

        Alternativvorschlag: Der Herr trägt sich selbst und ich trage sein Weg-Bier. Da das letzte Bier eh immer schlecht ist, ist es bei mir sowieso besser aufgehoben. Außerdem bin ich erprobt darin, betrunken lustige Lieder in sehr, sehr schief zu singen. Und mit Bier geht das besser. (-> "Ein Kasten Bier, ein Kasten Biiiier... Eiiin Kasten Bier! Und die nächste Strophe: Zwei Kästen Bier. Zwei Kästen Biiiier...")

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    4. Eine Herausforderung am Tischkicker würde ich ja siegessicher annehmen, ansonsten steckt vermutlich mehr Klischee-Mann in Dir als in mir ;)
      Fachwerk mauern, Fliesen fugen... unfassbar ^^. Mit meinen Pannen beim "Heimwerken" könnte ich drei Blogs parallel füllen.

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      1. Ausgerechnet das Mauern hast du aufgegriffen! Ganz ehrlich? Du möchtest meine Mauern nicht sehen... Sie sind krumm und schief. Die sind so speziell, dass sie regelrecht Persönlichkeit haben. Die Wasserwaage ist beim mauern kein Freund von mir. Aber fehlende Kompetenz gleiche ich mit Tollpatschigkeit aus. So ist das Gelächter wenigstens gewährleistet. Das mit den Fliesen und dem fugen funktioniert da sehr viel besser...

        Was den Kicker betrifft: challenge accepted. Falls es sich mal ergibt. Falls nicht, wähne ich mich natürlich auf der Siegerseite. ;-)

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