Von der Angst

Während ich mit dem Auto zum Gynäkologen fahre, legt sich die Morgensonne wärmend auf mein Gesicht und kitzelt meine Nasenspitze. Aus den Feldern und Wiesen, durch die mich mein Weg führt, steigt Nebel. Die Sonne lässt die unzähligen kleinen Wassertropfen im Licht glitzern. Max Raabe singt, dass heute ein guter Tag ist, um glücklich zu sein. Und ich denke, dass es schon merkwürdig ist, wie schön das Leben ist. Besonders in den Momenten, in denen es sich am zerbrechlichsten zeigt. Also wenn du, der du diese Zeilen im Augenblick liest, gerade etwas Zeit hast, dann drücke mir doch ein bisschen die Daumen. Ich würde mich darüber freuen. Denn ich sitze jetzt im Wartezimmer meines Frauenarztes, der gleich nachsehen wird, wie sich der kleine Tumor, der sich in mir befindet, in den letzten Wochen entwickelt hat. Und obwohl ich zuletzt recht entspannt damit war, dass sich in mir etwas befindet, was da eigentlich nicht hingehört, bin ich es jetzt gerade nicht mehr.  Aber ich atme einfach weiter.

Von Tagebuchsachen

Nachdem ich mehrere Nächte fast gar nicht geschlafen habe, liegen meine Nerven blank und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich ins straucheln gerate. Am Ende ist es H., der mich unabsichtlich und ohne es zu wollen aus der Bahn wirft: Er bucht, für mich unvermittelt, einen Urlaub, weil er das gute Wetter ausnutzen will. Der so blöd liegt, dass wir uns vermutlich in den nächsten vier Wochen auch nicht sehen werden. Eine kleine, gemeine Stimme in meinem Kopf flüstert: Urlaub und Sonne sind ihm halt wichtiger als dich zu sehen. Und obwohl ich weiß, dass dieser Gedanke (vermutlich) Quatsch ist, setzt er sich in mir fest und tut weh. Dazu kommt, dass ich ihn vermisse, ein großes hormonelles Ungleichgewicht, das mir vorgaukelt, unwichtig und alleine auf der Welt zu sein zu sein sowie das Körpergefühl eines schwangeren Elefanten. Mir tut alles weh, körperlich und psychisch. Also ziehe ich die Reißleine, wünsche H. von Herzen einen ganz wunderbaren Urlaub und ziehe mich so sehr zurück, wie es möglich ist, wenn man eine Familie hat. 

"Ich bin so fett.", seufze ich beim Blick in den Spiegel. Der Mann verdreht die Augen. "So ein Quatsch.", sagt er. "Du weißt doch, dass du Hormone hast. Guck einfach nicht in den Spiegel. In ein paar Tagen geht's dir schon viel besser!" Ich umarme in den nächsten Tagen allerdings so intensiv das Nutella-Glas, das ich erahne, dass sich mein Körpergefühl zeitnah eher nicht ändern wird.

Wie sehr mir alles - in körperlicher und emotionaler Hinsicht - zuviel ist, zeigt mein Körper, indem er als Reaktion auf meinen Rückzug von allem einfach einknickt. Kopfschmerzen und Fieber. Auch jetzt noch, nach ein paar Tagen. Aber auch das wird wieder vorbeigehen. Hoffentlich relativ zeitnah, denn das 1 Kilo-Nutella-Glas hat sich schon locker um die Hälfte reduziert. Ich will mich nicht mehr so alleine und doof und Hormon-fremdgesteuert fühlen. Ich vermisse mich.

Kommentare

  1. Für mich hört sich das nach Liebe an. Weil man jemand so vermisst, dass es weh tut.

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    1. Ich weiß gar nicht, was ich auf diesen Kommentar antworten soll. Und ich bräuchte an dieser Stelle diesen WhatsApp-Äffchen-Smiley, der sich die Augen zuhält. :-)

      Wer weiß...
      Ich nicht.
      Ich weiß nicht viel im Moment.

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  2. Es gibt 1Kilo Nutella in einem einzigen Glas? Wir leben echt in einer merkwürdigen Welt. 🥸

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