Von der Unschuld
"Mama...", murmelt das große Kind leise und kuschelt sich ganz eng an mich, während es dabei ist einzuschlafen. "Ich hab dich lieb. Ich hab dich so lieb bis die ganze Welt platzt..." Sachte streichle ich ihm mit den Fingerspitzen durch das blonde Haar. "Ich lieb' dich auch.", flüstere ich leise. Meine Nasenspitze reibt sanft über seine Wange, aber er bleibt ganz still. Er ist eingeschlafen.
Kühle Abendluft schwappt durch das geöffnete Fenster ins Schlafzimmer hinein. Das abendliche Gezwitscher der Vögel mischt sich mit den ruhigen Atemzügen meines Sohnes. Wenn die Welt nur immer (und überall) so friedlich wäre. In der Welt meines Kindes werden Socken im Kühlschrank aufgeräumt, weil sie dann schön kalt sind, wenn man sie wieder anziehen will. Feuerwerksraketen explodieren, weil sie sich an den Sternen stoßen. Omas Haare werden weiß, weil Menschen schimmeln, wenn sie älter werden und Straßenbahnen sind verrückte Roboterzüge.
Es ist eine schöne Welt, in der mein Kind lebt und ich bin dankbar, dass ich ein Teil von ihr sein und an ihr teilhaben kann. Ich genieße es, meinen eigenen Blick für die Wunder dieser Welt wieder etwas mehr zu schärfen, einige auch ganz neu zu entdecken. Hoffentlich gelingt es mir, ihm diese Welt so lange wie möglich zu bewahren. Möge seine Kindheit bunt und sorglos sein, solange wie möglich.
Das ist ein schöner Text.
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