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6G (KW 46 I 2024)

GESCHAFFT Ich habe endlich die -10kg erreicht. Die halte ich auch stabil, aber ansonsten geht kein Gramm mehr runter. Nervig. H. versucht mir die ganze Zeit einzurichtern, dass es ja klar ist, dass ich nicht abnehme, weil ich durch das Laufen ja Muskeln aufbaue, aber es nervt mich. Er versucht mich damit zu trösten, dass ich so fit bin wie ich es noch nie war. Damit hat er sicherlich recht und ich mag es, fit zu sein. Aber kann ich nicht beides haben? Kann ich nicht fit und dünn sein? Bah. GELAUFEN Ich bin jetzt eine dieser Mütter, die von außen betrachtet so aussehen, als hätten sie ihr Leben total im Griff (Sieht aber tatsächlich nur so aus. Bin in der Realität weit davon entfernt.). Die Art von Mütter, die niemand mag. Aber da ich niemanden mehr habe, der das kleine Kind mal für eine Stunde betreuen kann, muss das kleine Kind jetzt leider mit mir zusammen laufen. Und ehe ich es bei dem Wetter mehrmals anplünnen muss, nutze ich den Weg zum Kindergarten, zu dem wir morgens das große K

6G (KW 43 I 2024)

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GEWÜTET Ich hatte schon irgendwie so eine Ahnung, dass der Mann das mit Harry , was ich ihm vor kurzem erzählt habe, nicht gut wegstecken wird. Wir kennen uns zu lange und zu gut als dass ich das hätte glauben können. Tatsächlich erstaunt mich dann aber doch die Situation, in der sich die Wut entlädt: Anstatt den Pizzateig, wie sonst, selbst zu machen, hat der Mann welchen gekauft. Und der ist oll und zu weich und zu klebrig und überhaupt. "Und weißt du, was das schlimmste daran ist?!", frat der Mann mich wütend, während er versucht, den Teig auszurollen. Ich schüttle stumm den Kopf. "Dass ich jedes Mal, wenn ich beschissenen Teig ausrolle, an Harry denken muss!" Und dann folgen eine Harry-Pizzateig-Erinnerung sowie eine der wildesten Schimpfwörter- und Beleidigungs-Tiraden, die ich jemals von ihm gehört habe (und bisher habe ich eine Menge gehört, er flucht hervorragend und viel zu viel für einen Familienvater). Als er wieder zu Atem kommt, ruft er: "Und ich w

Von der Angst

Während ich mit dem Auto zum Gynäkologen fahre, legt sich die Morgensonne wärmend auf mein Gesicht und kitzelt meine Nasenspitze. Aus den Feldern und Wiesen, durch die mich mein Weg führt, steigt Nebel. Die Sonne lässt die unzähligen kleinen Wassertropfen im Licht glitzern. Max Raabe singt, dass heute ein guter Tag ist, um glücklich zu sein. Und ich denke, dass es schon merkwürdig ist, wie schön das Leben ist. Besonders in den Momenten, in denen es sich am zerbrechlichsten zeigt. Also wenn du, der du diese Zeilen im Augenblick liest, gerade etwas Zeit hast, dann drücke mir doch ein bisschen die Daumen. Ich würde mich darüber freuen. Denn ich sitze jetzt im Wartezimmer meines Frauenarztes, der gleich nachsehen wird, wie sich der kleine Tumor, der sich in mir befindet, in den letzten Wochen entwickelt hat. Und obwohl ich zuletzt recht entspannt damit war, dass sich in mir etwas befindet, was da eigentlich nicht hingehört, bin ich es jetzt gerade nicht mehr.  Aber ich atme einfach weiter.

Von alten Gefühlen

Es ist schon später Abend. Ich komme gerade vom Laufen als mein Handy piept. Jemand schickt mir über WhatsApp Fotos vom Absolvententreffen meiner Schule. Ich freue mich darüber. Es ist spannend, Menschen zu sehen, die ich teilweise seit fast 20 Jahren nicht mehr gesehen habe. Aber dann entdecke ich etwas, dass mich scharf einatmen lässt. Ich halte dem Mann mein Handy unter die Nase: "Guck mal!", fordere ich ihn auf. Der Mann guckt und sagt schließlich fragend: "Ja. Und?" "Da ist Harry !", sage ich. "Ja.", sagt der Mann, "Das sehe ich." "Harry ist beim Absolvententreffen!", stelle ich fest. Der Mann guckt ein bisschen irritiert.  "Ja.", sagt er, "Und?" "Harry ist beim Absolvententreffen", wiederhole ich. Und vielleicht schwingen bei diesen vier Worten mehr Gefühle mit als ich will. Der Mann mustert mich. "Muschelmädchen, ist alles okay?", fragt er und sieht mich prüfend an. "Du bist

Vom Glatzkopf

Wir laufen zu viert durch den Supermarkt. Der Mann hat das große Kind an der Hand, ich trage das kleine Kind auf den Schultern. Wir unterhalten uns, der Mann mit dem großen Kind, ich mit dem kleinen Kind, das Babylaute vor sich hin plappert, wir alle zusammen. Wir sind nicht leise, aber auch nicht übermäßig laut. Ich denke, wir fügen uns unauffällig in das allgemeine Supermarkt-Geschehen ein.  Bei den Backwaren kommt es kurzzeitig zu einer Verstopfung. Es wollen so viele Leute Brot kaufen, dass ich kurz anstehen muss, bevor ich mir das Brot, das ich will, nehmen kann. Ein kleiner glatzköpfiger, dicker Mann hinter mir guckt mich böse an. Er will an mir vorbei. Ich lächle entschuldigend und drücke mich und das kleine Kind platzsparend quasi ins Regal, damit er an uns vorbeikommt.  Nur ein paar Meter weiter kommen der Mann und das große Kind dem glatzköpfigen, dicken Mann ins Gehege. Er muss um sie herumgehen, um seinen Weg fortzusetzen. Das findet er vermutlich blöd, weil der Mann einen

Von Gewichtigem - KW 36

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Ich bin in die aktuelle Woche mit einem neuen Rekord gestartet und bin am Montag erstmals 12,7 Kilometer gerannt. Wenn man bedenkt, dass ich erst am 30.07.2024 das erste Mal laufen war und zu diesem Zeitpunkt gerade mal 700 Meter am Stück durchrennen konnte, überrascht mich das selbst. Und ich muss zugeben, dass ich gerade sehr angefixt bin, herauszufinden wo meine körperlichen Grenzen liegen. Bei 12,7 Kilometern jedenfalls noch nicht. Da geht noch mehr. Die Kondition, um weiterzulaufen, ist vorhanden, aber meine Knöchel haben sich wabbelig angefühlt und ich wollte es nicht riskieren, in der nächsten Runde umzuknicken. Also habe ich Vernunft walten lassen... Außerdem erstaunt es mich ernsthaft, wie glücklich mich das Laufen macht. Der erste Kilometer läuft sich meist entspannt, der zweite und der dritte sind für gewöhnlich hart anstrengend und ab dem vierten laufe ich leicht und unangestrengt vor mich hin. Das Laufen leert mir den Kopf. Es ist die einzige Zeit in meinem Leben, die ich

Von der Verbundenheit

Das kleine Mädchen, das mir im Supermarkt über den Weg läuft, fällt mir auf, weil sie so ängstlich schaut, als ich sie anlächle. Ihre Angst, die ich fast körperlich fühlen kann, löst in mir ein Gefühl der Verbundenheit aus:  Ich weiß, wie sie sich fühlt, projiziere das Kind, das ich vor vielen Jahren war, in sie hinein. Vermutlich eine Projektion, die zu dem eigentlichen Empfinden des Kindes gar nicht passt, trotzdem habe ich das Gefühl, das mit ihr irgendetwas nicht stimmt. Also schiebe ich mich an der Kasse hinter sie und beobachte sie nachdenklich weiter. Als sie mich wieder ansieht, mit ihren großen, dunklen, mandelförmigen Augen, lächle ich sie sanft an. Aber sie weicht meinem Blick aus, sieht zu Boden. In dem Moment, als die Kassiererin nach der Brötchentüte greift, die das Mädchen auf das Laufband gelegt hat, weiß ich plötzlich, was hier nicht stimmt:  Während die Kassiererin die Brötchen in der Brötchentüte durchzählt, spannt sich der Körper des kleinen Mädchens an und sie begi