Von der Angst

Während ich mit dem Auto zum Gynäkologen fahre, legt sich die Morgensonne wärmend auf mein Gesicht und kitzelt meine Nasenspitze. Aus den Feldern und Wiesen, durch die mich mein Weg führt, steigt Nebel. Die Sonne lässt die unzähligen kleinen Wassertropfen im Licht glitzern. Max Raabe singt, dass heute ein guter Tag ist, um glücklich zu sein. Und ich denke, dass es schon merkwürdig ist, wie schön das Leben ist. Besonders in den Momenten, in denen es sich am zerbrechlichsten zeigt. Also wenn du, der du diese Zeilen im Augenblick liest, gerade etwas Zeit hast, dann drücke mir doch ein bisschen die Daumen. Ich würde mich darüber freuen. Denn ich sitze jetzt im Wartezimmer meines Frauenarztes, der gleich nachsehen wird, wie sich der kleine Tumor, der sich in mir befindet, in den letzten Wochen entwickelt hat. Und obwohl ich zuletzt recht entspannt damit war, dass sich in mir etwas befindet, was da eigentlich nicht hingehört, bin ich es jetzt gerade nicht mehr.  Aber ich atme einfach weiter.

Von Blitzlichtern: Nacktheit

Ich sitze auf ihm. Als ich mich zurücklehne, verdecke ich meine Brüste mit den Armen und den Händen. Er sieht mir lächelnd direkt in die Augen. Sein Blick ist sanft. "Das brauchst du nicht.", sagt er liebevoll. Aber er versucht nicht, mich zu überreden, mich vollkommen zu zeigen und ich bin dankbar für die Zeit, die er mir gibt. Es ist erstaunlich, mit wieviel Geduld und Feingefühl er mir meine Unsicherheiten nimmt. 

Ich hatte nicht vor, mich jemals wieder vor einem anderen Menschen als meinem Frauenarzt auszuziehen. Aber bei ihm fühle ich mich sicher. Er gibt mir das Gefühl, trotz meiner Unzulänglichkeiten begehrenswert zu sein. Trotzdem habe ich die ganze Zeit Angst, dass er schwindeln könnte. Weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass jemand dazu fähig ist, diesen Körper zu mögen.


(Immer mal wieder tauchen kleine Szenen, wie Blitzlichter, in meinem Kopf auf und ehe sie wieder vorbeiziehen, versuche ich, sie in einer Blitzlicht-Reihe festzuhalten. Manche sind wahr, manche sind es nicht. Wieder andere sind auch nur deshalb nicht wahr, weil ich Diskussionen darüber, was "richtig" und was "falsch" ist, scheue und gar nicht erst aufkommen lassen will. Deshalb ein neues Label. Ich würde diesen Blog hier gerne wieder mehr als Tagebuch nutzen. Das bedeutet aber auch, dass ich endlich über Lebensbereiche schreiben will, die ich bisher komplett ausgeklammert habe.)



Kommentare

  1. Wieso hältst Du Dich bzw. etwas an Dir als "unzulänglich"? Kein Mensch ist perfekt, also ist wohl an jedem etwas "Unzulängliches" ...

    "Trotzdem habe ich die ganze Zeit Angst, dass er schwindeln könnte." Und wieder diese Zweifel.
    Ich wünsche Dir, dass Du zukünftig Gesagtes einfach mal so annehmen kannst, anstatt es fortwährend in Frage zu stellen ...

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    1. Mir ist von klein auf beigebracht worden, dass nur schlanke, Faltenlose, perfekte Menschen schön sind. Eingetrichtert quasi von der Mutter und mit der Muttermilch. Dass das Quatsch ist, ist mir bewusst, wenn ich andere Menschen betrachte. Wenn ich mich selbst ansehe ist das allerdings schwieriger...

      Danke für die Wünsche.
      Ich gebe mir ja Mühe. :-)

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