Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Trotz

"In the nighttime
When the world is at it's rest
You will find me
In the place I know the best
Dancin', shoutin'
Flyin' to the moon
Don't have to worry
'Cause I'll be come back soon..."

(Paul Kalkbrenner: Sky and Sand)

Auf dem Weg nach Hause fällt es mir plötzlich ein. Für einen Moment stehe ich regelrecht fassungslos neben mir. Aber in genau diesem Augenblick kann ich mich auch spüren. Mit all den Gefühlen, Gedanken und dem einzigartigen Chaos, das die letzten Wochen in mir hinterlassen haben. Ein Gefühl, das einem Flächenbrand ähnelt. Während die Sonnenstrahlen wärmend meine Haut streicheln und gleichzeitig eine Gänsehaut, von der  Zehenspitze bis in die letzte Haarwurzel hinein, über meine Haut wandert, durchzuckt mich eine Erkenntnis. Die in lauten Wellen nachhallt:
Irgendwo, zwischen dem Krankenhausaufenthalt meines Vaters, dem Tod meiner Opas und der Verantwortung, die ich viel zu lange für T.´s Wohlbefinden getragen habe, habe ich mich verloren.
Und habe vergessen, wie sehr ich das Leben liebe.

Ich hatte nie Angst vor der Ungewissheit, Krankheit, Tod und Schicksalsschlägen. Stattdessen war es mir immer wichtig, dass Leben so zu nehmen, wie es eben kommt. In dem unumstößlichen Vertrauen, das mir kein nachhaltiger Schaden entstehen wird und stets daran glaubend, dass mir nur das geschieht, was ich auch fähig bin zu bewältigen. Ich wollte an guten und schlechten Dingen wachsen. Das Leben, das mich mit all seinen bunten Farben verzaubert, annehmen. Und mir einen Spaß daraus machen. Aus dem matschbraunen Mischmasch langweiliger Alltagsroutinen, den blauen Nächten voller Exzess, den konfettifarbenen Überraschungen und Zufällen, aus all den rosaroten Farben der Liebe. Und auch aus den Momenten tiefster Dunkelheit.

Kurz, aber ganz deutlich, flimmert rasende Wut in mir auf.
Eines ist mir plötzlich ganz bewusst:
Ich habe nicht vor, mich vom Leben in die Knie zwingen zu lassen.
Nicht heute und nicht jetzt.
Dafür bin ich viel zu trotzig.
Ich bin es gewohnt, die zweite Wange hinzuhalten, wenn ich geohrfeigt werde.
Und zu lächeln.
Das ist es, was ich auch weiterhin vorhabe.
Noch brauche ich ein wenig Geduld mit mir.
Ich muss das Lächeln wieder üben.
Aber ich werde es hinkriegen.
Irgendwie.

Mit ein wenig Glück liegt noch mindestens ein halbes Leben vor mir. Ein Leben, das ich mit Lachen, Tanzen, Reisen, Gefühlen und bunten Farben füllen will. Und vielleicht auch - irgendwann - mit Kindern. Mit einfach allem, was sich mir anbietet.
Darum geht es.
Ich habe es nur vergessen.


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