Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von Sommertagen

Ich trage ein schwarzes Wickelkleid mit einem weißen Spaghettitop darunter. Wickelkleider sind toll. Sie betonen genau die beiden Vorzüge, die mein Körper hat: Taille, denn dort wird das Kleid gebunden, und Brüste. Und weil ich mich gut fühle, schlüpfe ich, kurz bevor ich aus dem Haus will, doch noch aus meinem Höschen heraus. Es stört mich irgendwie, ist unbequem und kneift. Also weg damit. Draußen ist es ohnehin warm.

Unterwegs bekomme ich allerdings doch Bedenken. Ich frage mich, ob das Kleid zu durchsichtig ist. Ob man sieht, dass ich nichts darunter trage, wenn man mir auf den Hintern schaut. Als ich auf dem Parkplatz aus dem Auto steige, wird mir schlagartig klar, dass es noch ein ganz anderes Problem gibt. Ich muss aufpassen: Der Wind fährt so geschickt unter mein Kleid, dass er es hochhebt. Ich checke es natürlich zu spät und betrete, nur wenige Sekunden später, mit einigermaßen gesunder Gesichtsfarbe den Baumarkt. Dass mich dabei zwei alte Männer deutlich zu lange betrachten, verunsichert mich noch mehr.

Aber da ist nicht nur Verunsicherung. Da ist auch noch etwas anderes: Ich spüre die Lust, die sich warm in meinem Unterleib ausbreitet und feucht zwischen meinen Schamlippen sammelt. Während ich orientierungslos suchend durch die Gänge des Baumarktes wandere, jeden beiläufigen Blick registriere, streife ich, wie zufällig, mit dem rechten Daumen über eine meiner Brustwarzen. Unter dem Stoff meines Kleides drückt sie sich mir hart entgegen und sehnt sich nach Berührung. So wie sich mein ganzer Körper danach sehnt.

Schließlich bleibe ich stehen. Bei den Schraubzwingen. Und erlaube mir einen Moment meines ganz persönlichen Kopfkinos:

Ich stelle mir vor, wie du hinter mich trittst und ich mich an dich lehne. Wenn du jetzt hier wärst, würde ich dir, mitten im Baumarkt, so lange schmutzige Worte ins Ohr flüstern, bis du aufgibst und mich hier nimmst, irgendwo, zwischen Farben, Gartentischen und Dekoartikeln. 

Ich grinse vor mich hin, während ich die Schraubzwingen betrachte. Wir könnten ja auch noch weitergehen und uns zusammen im Baumarkt einsperren lassen: Sex mit dir, auf Rasenmähern, Holzstapeln und Handhubwagen, klingt verlockend. Oder: In der Sanitärabteilung zwischen Hunderten von Spiegeln. Lass uns die Nacht zum Tag machen. Carpe noctem. Und wenn der Morgen dämmert, entzünden wir im Außenbereich ein Schwedenfeuer, naschen Schokolade aus den Fächern neben der Kasse und stoßen mit Cola auf das Leben an. 

Seufzend greife ich nach der Schraubzwinge meiner Wahl und mache mich auf den Weg zur Kasse. Für einen Moment bin ich sehr versucht, dir eine W.hatsA.pp-Nachricht zu schreiben.

"Begleitest du mich bald mal in den Baumarkt? Damit ich dir schmutzige Phantasien ins Ohr flüstern kann? Wir könnten uns hier einschließen lassen, um wilden und hemmungslosen Sex zu zelebrieren. Bitte? Ich gucke auch sehr lieb!"

Ich lösche die Zeilen wieder. Du würdest mich wohl für verrückt halten. Oder für sexsüchtig. Und vielleicht bin ich auch beides. Wenigstens ein bisschen. An Sommertagen.

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