Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von Gewichtigem - KW 47

Am Wochenende findet dieses kleine Fest statt, bei dem es darum geht, so viel wie möglich zu essen, denn was an Gerichten an den einzelnen Ständen angeboten wird, ist alles andere als gewöhnlich. Also nehme ich mir schon in der Woche davor vor, an diesem Tag einfach nur zu schlemmen. Ich möchte Steak am Spieß essen und Cupcakes und Süßkartoffelpommels und einfach alles, nach dem mir so der Sinn steht. Ich finde, dass ich mir das verdient habe. Seit einigen Tagen zeigt meine Waage immerhin die 67 Kilogramm an, pendelnd zwischen 67,2 kg und 67,7 kg. Das ist völlig okay und damit kann ich leben. Das Ziel - die glatten 67 Kilogramm - ist nahe. Aber da es eigentlich nur mein Ziel war, mal eine sieben hinter der sechs zu sehen, erachte ich es insgeheim bereits als erreicht.

Blöd ist, dass ich meinem guten Vorsatz, ganz viel leckere Dinge zu essen, nicht nachkomme. Als ich mir nämlich das erste Törtchen kaufen will, noch bevor ich mir eine Hauptspeise ausgesucht habe, wendet sich mir meine Begleitung zu und fragt:
"Willst du das jetzt wirklich essen, Muschelmädchen?"
Ich sehe sie einigermaßen irritiert an.
"Ja...?", antworte ich verunsichert.
"Aber schau mal", sagt sie, "Du hast so viel abgenommen - bist du sicher, dass du dir jetzt so ein Törtchen reinfahren willst? Dann war doch alles, was du abgenommen hast, umsonst. Bestimmt bereust du es hinterher, so viel und so ungesund gegessen zu haben."
Mit großen Augen und ziemlich perplex blicke ich mein Gegenüber an. Ich sehe das eigentlich ganz anders, denn ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass ich mir nun endlich mal wieder etwas gönnen darf, auch wenn es eine Kalorienbombe ist. Immerhin machen Kalorienbomben glücklich. Für einen kurzen Augenblick bin ich sogar ganz wütend über die Worte. Weil sie mir das Gefühl vermitteln, noch nicht dünn genug zu sein. Obwohl ich dünn genug für ich selbst, für meine Ansprüche bin.
Aber: Die gefallenen Worte verfehlen ihre Wirkung nicht. Natürlich nicht. Mein Kopf schaltet sich sofort ein: Eigentlich hat meine Begleitung ja recht. Wenn ich jetzt so viel esse, dann habe ich hinterher ein schlechtes Gewissen. Außerdem zeigt die Waage dann bestimmt wieder die 68 Kilogramm an. Und vielleicht wiege ich dann von heute auf morgen plötzlich wieder ganz viel. Und die ganze Abnehmerei war völlig umsonst. Was natürlich, objektiv betrachtet, grober Unfug ist. Das ist mir klar. Dennoch komme ich nicht gegen die Gedanken an.

Also knicke ich ein. Vor mir selbst und meinem Gegenüber.
Hier gibt es kein Essen für mich. Kein Steak, keine Pommels und kein Törtchen.
Und du blöde Waage zeigt am Montag trotzdem wieder eine sechs und eine acht.
Das ist mal richtig unfair.
Ich hätte das Törtchen essen sollen!




Kommentare

  1. Das ist ja blöd. Dabei waren die Leckereien extra für Dich angerichtet

    AntwortenLöschen
  2. Gerade weil es 67,x waren, hättest Du Dir was gönnen MÜSSEN! Lass´ Dich nicht beeinflussen, tue, was Du magst!

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Recht hast du! Aber das hört sich so einfach an. In der Praxis ist das manchmal gar nicht so leicht.

      Löschen
  3. Das Ziel ist in greifbarer Nähe! Nun fang langsam an, Dich zu belohnen, das ist Motivation auf den letzten Metern.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ist erledigt. Hab schon Angst vor der Waage im neuen Jahr. :-)

      Löschen
  4. Auf diese Begleitung würde ich zukünftig verzichten, wenn ich mir etwas essbares gönnen möchte.
    Oder vielleicht auch sonst.
    Wer weiß, bei welchen anderen Dingen, die Dir Spaß machen würden, dann ähnliche Fragen gestellt werden?!
    Ich finde aber auch, dass Belohnung ein MUSS ist! Egal was andere da meinen!
    Und letztlich bereust Du es, nichts probiert zu haben.
    Es hat DIr also NULL gebracht. Oder?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Stimmt.
      Mittlerweile ist ja ein wenig Zeit vergangen. Ich habe es nachgeholt, mich selbst zu belohnen.

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Willkommen im Zauberreich. Da dieser Blog ziemlich viel persönlichen Krimskrams enthält, lassen Sie uns einander doch duzen:

Schreib mir gerne einen Kommentar, bringe mich zum nachdenken, schmunzeln oder lachen. Aber bitte vergiss nicht, dass dieser Blog ein Spiegel meines Innen- und Gedankenleben ist. Ich würde mich demnach freuen, wenn du deine Worte sorgfältig wählst und behutsam mit den Dingen umgehst, die ich hier niederschreibe. Außerdem möchte ich dich darum bitten, mir deinen Namen oder wenigstens ein Kürzel unter dem Kommentar zu hinterlassen, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe. Dankeschön!

Bitte beachte zudem, dass die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (https://zauberreich.blogspot.de/p/datenschutz.html) und in der Datenschutzerklärung von Google.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vom Kaffee und vom Leben

Vom Unglücklichsein

Vom Schmerzgedächtnis