Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Leben gelernt

Ich pflege gerne Traditionen. Also: Hier sind wir. Wie immer am heutigen Tag ein Post über das, was ich in diesem Jahr gelernt habe:
  • Man kann mehr verlieren, als man glaubt ertragen zu können.
  • Es beruhigt mich, Kirchen zu besuchen. In letzter Zeit arbeite ich direkt gegenüber von einer Kirche. Und mittlerweile habe ich es mir angewöhnt, dort ab und an mal, in meiner Mittagspause oder nach Feierabend, einzukehren und mir ein paar Minuten Zeit für mich selbst zu nehmen. Ich halte Zwiegespräche. Das wirkt wahnsinnig beruhigend auf mich. Und für das Ego ist es auch ganz nett: Ich senke den Altersdurchschnitt drastisch.
  • Ich kann nicht ganz so gut damit umgehen, dass man nach einem Verlust gezwungen ist, so schnell wieder zu funktionieren. Von heute auf morgen ist alles vergessen. Das Umfeld hat keine Lust sich damit auseinanderzusetzen, wie es einem geht. Also macht es einfach weiter. Und zieht einen selbst mit sich.
  • Es gibt Menschen, die mir mehr zutrauen, als ich es selbst tue.
  • Im Sommer stelle ich mich gerne, wenn es regnet, nackt auf den Balkon, um die Regentropfen auf der Haut zu spüren. Das macht mich glücklich. Ich mag Regen.
  • Einen Menschen langsam kennenzulernen, mit all seinen Marotten und Ecken und Kanten, macht einfach glücklich. Es ist schön, wenn man sich ohne Einschränkungen vertrauen kann. Das fühlt sich an, wie wunderwirrwahnsinniges Verliebtsein. Bezaubernd.
  • Ich will nicht alt werden, merke aber, dass mich das Leben doch abschleift, je mehr ich mich ihm hingebe. Aus der wachsenden Lebenserfahrung resultieren Erfahrungen, die Vorurteile schaffen und mich vorsichtiger werden lassen. So will ich nicht sein. Stattdessen will ich geistig flexibel bleiben, ein bisschen blauäugig, naiv und gutmütig. Ich will vom Guten in meinem Gegenüber ausgehen. Solange bis er mir das Gegenteil beweist.
  • Das Leben ist zu kurz, um nicht im Herbst mit den Füßen durch die bunten Blätter zu rascheln und sie hochzuwerfen, um es Farben regnen zu lassen.
  • Zwar kann ich nicht singen, aber ich muss singen dürfen, um glücklich zu sein. Unter der Dusche, im Auto, beim Hausputz, bei der Arbeit, im Supermarkt. Egal wo: Ich muss singen. Zusatzbonus: Wenn ich dazu unkoordiniert rumhampeln darf.
  • Meine Katzen müssen 100 Jahre alt werden. Mindestens. Sonst bin ich unglücklich.
  • In Extremsituationen - zum Beispiel, wenn ich im Krankenhaus bin - kann ich meinen Körper total runterfahren. Das fühlt sich an, als würde ich mich von mir selbst abspalten. Und nur noch von außen beobachten, was mit mir passiert. Ohne Angst oder andere Gefühle.
  • Ich bin doch ein Mädchen. Weil ich meine Jugend hauptsächlich in Gesellschaft von Jungs verbracht habe, habe ich mich lange für eine Kumpelfreundin gehalten, die eher einen männlichen Touch hat. Das ist Blödsinn. Dazu bringt mich folgende Beweisführung: 1. Ich habe Brüste. 2. Ich weine bei Liebesfilmen. 3. Ich stehe manchmal auf roten Nagellack, wenn ich feiern gehen will. 4. Scheiß auf Einhörner, Alpakas sind viel cooler. Und Kamele schlagen Alpakas. Weil sie noch viel schöner doof gucken können. 5. Ich wäre doch gerne heimlich eine Disney-Prinzessin. (Würde das aber niemals zugeben!) 6. Ich shoppe gerne. 7. Ich habe Schuhe gekauft, die mir nicht passen, einfach nur weil sie schön sind und ich sie ins Regal stellen will. Ich bin gerne eine Frau.
  • Ich bin ein emotionaler Wiederkäuer. Das zeigt dieser Blog sehr schön. Manchmal muss ich Dinge, die mich wirklich berührt haben, wieder und wieder aufschreiben. Bis ich sie loslassen kann.
  • Kein Blog ist für immer da. Aber ich hoffe noch immer, dass mir jemand das Gegenteil beweist.
  • Als ich dieses Jahr schwanger war und da Kind verloren habe, schrieb mir jemand, dass ein solches Unglück nur diejenigen Menschen trifft, die es schaffen, trotzdem weiter zu leben. Ich lebe weiter. Aber ich bin nicht sicher, wie viele solcher Schicksalsschläge ich es schaffe wegzustecken, bis ich irgendwann am Boden liegenbleibe. 
  • Ich brauche regemäßigen Kontakt zu den Menschen, die mir nahestehen. Um mich sicher und aufgehoben zu fühlen.
  • Wenn ich fröhlich bin, neige ich zum Leichtsinn. Besonders gerne fahre ich Schlangenlinien auf der Autobahn. Verteilt über zwei Spuren. Das ist echter Frohsinn.
  • Ich bin so verpeilt, dass ich es nicht nur schaffe, mehrfach mit auf links gedrehter Kleidung auf Arbeit zu erscheinen, sondern auch mit zwei unterschiedlichen Schuhen. Schätze, ich bin gnadenlos verloren. 
  • Nur wenn ich frei bin, komme ich näher. Sobald man versucht, mich festzuhalten, entziehe ich mich. 
  • Ich vermisse es, eine Familie zu haben, die mich kennt und sich für mich interessiert.
  • Der Spiegel ist abgelöst worden. Zunächst einmal von der Zeit, die ich ein paar Wochen lang wirklich mochte. Bis mir das Feminismus-Trallala gehörig auf die Nerven ging. Nun bin ich bei der Süddeutschen gelandet. In Kombination mit einem kleinen Lokalblatt. Aber ob mich das glücklich macht, weiß ich noch nicht.
  • Ich bin gerne politisch inkorrekt. Und Gendering nervt. Genauso wie diese furchtbare Gleichmacherei in einer Gesellschaft, in der die Mehrzahl der Menschen völlig verkrampft nach Individualität strebt. Bin überfüttert damit.
  • Selbstdisziplin ist etwas, was mir leichtfällt. Vermutlich, weil ich den Sturkopf eines Esels habe. Was ich irgendwie unfair finde, weil ich nicht nur gerne den Sturkopf, sondern auch die flauschigen Ohren eines Esels... Öhm. Worauf wollte ich hinaus? Ah, ja: Selbstdisziplin ist toll. Schwer ist es nur, einen Anfang zu finden.
  • Ich kann nicht in einem Team arbeiten, das unmotiviert und unehrgeizig ist. Das frustriert mich zutiefst und hat Potential, sich auf meine eigene Leistung niederzuschlagen.
  • Es macht glücklich, Purzelbäume zu schlagen. Aber mit dem Alter wird es gefährlicher. 
  • Nicht nur Essen (Schokolade!) macht glücklich. Sich gesund zu ernähren sorgt auch für Wohlbefinden. 
  • Bescheiden zu leben, Befriedigung durch einfache Dinge zu erfahren und diese bewusst wahrzunehmen, vereinfacht, entschleunigt und befriedet das Leben ungemein.
  • Vermutlich werde ich allmählich seltsam und senil. In letzter Zeit kommt es immer öfter vor, dass ich mich mit Tieren unterhalte. So zuletzt vor ein paar Tagen geschehen, als ich eine Katze auf offener Straße antraf und mein Auto anhalten musste. Die Katze war äußerst schmusig. Während ich sie streichelte, hielt ich ihr einen etwa sechsminütigen Monolog darüber, dass sie sich nicht auf der Straße aufhalten sollte. Ich glaube, sie fand mich seltsam. Nur so kann ich mir erklären, dass sie irgendwann, mit hoch aufgerichtetem Schwanz, von mir weg stolzierte. Dabei pure Ignoranz zur Schau stellend. Wenn ich mich weiter so schnell in Richtung einer kauzigen alten Daume entwickle, frage ich mich, wie merkwürdig ich bin, wenn ich meinen 60. Geburtstag feiere. Vermutlich habe ich mich bis dahin entschieden, auf Kleidung zu verzichten und nur noch Feder-Boas als Körperschmuck zu tragen. Ich führe dann Regentänze im Straßenverkehr auf und grabe junge Männer an. Mein Leben wird ein Fest.
  • Mein Leben ist bunt, weil ich es selbst bunt gestalte, anmale, zerschneide, forme, klebe und schüttle, als wäre es eine Schneekugel. Das bin ich mir selbst schuldig. 

Kommentare

Kommentar veröffentlichen

Willkommen im Zauberreich. Da dieser Blog ziemlich viel persönlichen Krimskrams enthält, lassen Sie uns einander doch duzen:

Schreib mir gerne einen Kommentar, bringe mich zum nachdenken, schmunzeln oder lachen. Aber bitte vergiss nicht, dass dieser Blog ein Spiegel meines Innen- und Gedankenleben ist. Ich würde mich demnach freuen, wenn du deine Worte sorgfältig wählst und behutsam mit den Dingen umgehst, die ich hier niederschreibe. Außerdem möchte ich dich darum bitten, mir deinen Namen oder wenigstens ein Kürzel unter dem Kommentar zu hinterlassen, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe. Dankeschön!

Bitte beachte zudem, dass die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (https://zauberreich.blogspot.de/p/datenschutz.html) und in der Datenschutzerklärung von Google.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vom Kaffee und vom Leben

Vom Unglücklichsein

Vom Schmerzgedächtnis