Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Blick eines Kindes

„Das Leben ist verrückt! Und ich finde das wunderbar. 
Wer das nicht merkt, verschläft das Schönste.“

(Hans Bemmann: Stein und Flöte)

Wir sitzen auf dem Sofa, das kleine, dreijährige Mädchen kuschelt mich an sich und ich traue mich kaum einzuatmen, so zart, unschuldig und zerbrechlich wirkt sie auf mich, mit ihrer niedlichen Stupsnase, den großen braunen Augen und den fülligen, blonden Locken. Verliebt lächle ich sie an.


„Du hast schöne Haare.“, sage ich zärtlich und streiche ihr sanft mit den Fingerspitzen über den Kopf. Ihre Augen werden noch größer. „Die sind so hell.“, stellt sie fest. Dann legt sie den Kopf schräg, kneift die Augen etwas zusammen und man sieht ihr an, dass sie über irgendetwas nachdenkt. Ich muss mir ein wenig auf die Lippen beißen, um nicht leise zu lachen. „Anton hat aber noch hellere Haare.“, sagt sie schließlich. „Wer ist Anton?“, frage ich. „Mein Freund.“, gibt sie zurück und drückt sich noch etwas mehr an mich, „Aus dem Kindergarten.“. Ich lege einen Arm um sie. „Ach so…“, sage ich und muss daran denken, wie sehr ich früher „Pünktchen und Anton“ geliebt habe. Und den „Michel aus Lönneberga“.

„Weißt du was noch heller ist, als Antons Haare?“, fragt sie mich. Ich schmunzle in mich hinein. „Die Sonne?“, frage ich. Sie nickt ernsthaft. Dann legt sie ihren Kopf an meine Brust und ich kraule ihr behutsam den Kopf. Ein paar Momente später glaube ich, dass sie eingeschlafen ist, doch dann richtet sie sich plötzlich wieder auf und sieht mich an. „Und was ist heller als die Sonne?“, fragt sie mich. Ich überlege. „Ich glaube, nichts ist heller als die Sonne.“, antworte ich. Sie schüttelt enttäuscht den Kopf und man kann ihr ansehen, dass sie mir nicht glaubt. Ich könnte schwören, dass ich ihr soeben beigebracht habe, dass Erwachsene ganz schön doof sein können. 
„Doch…“, sagt sie schließlich, „Es gibt etwas, dass heller ist als die Sonne.“. „Was denn?“, frage ich neugierig. Sie schlingt die Arme um mich und kuschelt sich noch näher an mich. Ich ziehe die Decke fester um sie und gebe ihr einen kleinen Kuss auf den Kopf. Sie schließt die Augen.

„Glühwürmchen“, nuschelt sie schläfrig in meinen Pullover.


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