Vom Glatzkopf

Wir laufen zu viert durch den Supermarkt. Der Mann hat das große Kind an der Hand, ich trage das kleine Kind auf den Schultern. Wir unterhalten uns, der Mann mit dem großen Kind, ich mit dem kleinen Kind, das Babylaute vor sich hin plappert, wir alle zusammen. Wir sind nicht leise, aber auch nicht übermäßig laut. Ich denke, wir fügen uns unauffällig in das allgemeine Supermarkt-Geschehen ein.  Bei den Backwaren kommt es kurzzeitig zu einer Verstopfung. Es wollen so viele Leute Brot kaufen, dass ich kurz anstehen muss, bevor ich mir das Brot, das ich will, nehmen kann. Ein kleiner glatzköpfiger, dicker Mann hinter mir guckt mich böse an. Er will an mir vorbei. Ich lächle entschuldigend und drücke mich und das kleine Kind platzsparend quasi ins Regal, damit er an uns vorbeikommt.  Nur ein paar Meter weiter kommen der Mann und das große Kind dem glatzköpfigen, dicken Mann ins Gehege. Er muss um sie herumgehen, um seinen Weg fortzusetzen. Das findet er vermutlich blöd, weil der Mann einen

Von der Verbundenheit

Das kleine Mädchen, das mir im Supermarkt über den Weg läuft, fällt mir auf, weil sie so ängstlich schaut, als ich sie anlächle. Ihre Angst, die ich fast körperlich fühlen kann, löst in mir ein Gefühl der Verbundenheit aus: 
Ich weiß, wie sie sich fühlt, projiziere das Kind, das ich vor vielen Jahren war, in sie hinein. Vermutlich eine Projektion, die zu dem eigentlichen Empfinden des Kindes gar nicht passt, trotzdem habe ich das Gefühl, das mit ihr irgendetwas nicht stimmt. Also schiebe ich mich an der Kasse hinter sie und beobachte sie nachdenklich weiter. Als sie mich wieder ansieht, mit ihren großen, dunklen, mandelförmigen Augen, lächle ich sie sanft an. Aber sie weicht meinem Blick aus, sieht zu Boden.

In dem Moment, als die Kassiererin nach der Brötchentüte greift, die das Mädchen auf das Laufband gelegt hat, weiß ich plötzlich, was hier nicht stimmt: 
Während die Kassiererin die Brötchen in der Brötchentüte durchzählt, spannt sich der Körper des kleinen Mädchens an und sie beginnt, nervös auf ihren Zehenspitzen zu wippen. Ihr Geld wird nicht reichen, um alle Brötchen zu bezahlen. Ich weiß es, bevor die Kassiererin ihr Preis nennt und das Mädchen damit beginnt, ihr das Kleingeld in die Hand abzuzählen. Nur wenige Momente später wird sich mein Verdacht bestätigen.
"Kann ich das mit Karte bezahlen?", klinke ich mich in das Gespräch zwischen der mehr als offensichtlich genervten Kassiererin und dem Mädchen ein. Die Kassiererin sieht mich entgeistert an, als ich auf die Brötchen deute. "Da musst du der Frau aber danke sagen!", belehrt sie das Mädchen streng, als ich meine Karte auf das Kartenlesegerät lege. Ich rolle innerlich mit den Augen.
"Danke!", flüstert das Mädchen scheu. 
Ich schüttle nur still den Kopf und lächle beruhigend.
Die Kassiererin drückt mir das Bargeld, dass das Mädchen ihr gegeben hat, in die Hand. Ich will es nicht. Also halte ich es dem Mädchen hin und sage: "Hier. Kauf dir etwas schönes davon." Doch sie weicht vor mir zurück, stolpert ein paar Schritte rückwärts und schüttelt wild mit dem Kopf. "Danke!", wiederholt sie noch einmal leise, während sie ihre Brötchentüte fest unklammert hält. Dann dreht sie sich um und flüchtet aus der Situation. 

An der Kasse sind alle furchtbar still als jetzt die Kassiererin damit beginnt, meine Waren über den Scanner zu ziehen. Und dann blitzt auch in mir für einen kurzen Moment wieder das kleine Mädchen, dass ich einmal war, auf. Denn ganz unter uns: ich habe in diesem Augenblick so gar keine Ahnung, ob mein Dispo noch ausreicht, um den Einkauf zu bezahlen. Aber ich bin dankbar dafür, dass ich erwachsen bin und mich heute besser in dieser Welt zurechtfinde. Eine unfreundliche Kassiererin tut mir nicht mehr weh. Ihre Unfreundlichkeit in einer solchen Situation sagt mehr über sie als über mich aus. Trotzdem bin ich erleichtert, als ich meine Einkäufe bezahlt habe. Vermutlich ähnelt meine Flucht aus dem Discounter deshalb ganz der meiner Vorgängerin. 
Es sind schwierige Zeiten.

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