Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von der Buckelei

Wir wollen spazieren gehen. "Sollen wir was mitnehmen?", frage ich den Mann. Er kennt mich lange genug, um zu wissen, dass ich damit eine Thermoskanne Kakao und Kekse meine. "Von mir aus müssen wir nichts mitnehmen.", antwortet er schulterzuckend. Ich finde das irgendwie komisch. Deshalb frage ich ihn, nachdem ich ein paar Minuten darüber nachgedacht habe, warum er nicht will, dass wir etwas mitnehmen. "Das ist immer so viel Vorbereitung.", sagt er, "Und dann müssen wir den ganzen Kram einpacken, mitnehmen und durch die Gegend buckeln." 

Ich muss ganz schön schlucken. Weil: Das vorbereiten, einpacken und mitnehmen übernehme eigentlich immer ich. Und das der Mann den Kram tragen muss, kommt auch eher selten vor.

"Das ist ganz schön gemein.", erwidere ich irgendwann leise. Das hier, das kann ich nicht einfach so schlucken. "Ich mache das - Kakao kochen und Kekse einpacken - damit wir eine schöne Zeit haben. Für uns." Der Mann antwortet irgendwas belangloses. Ich weiß gar nicht mehr was. Aber dieses Gespräch verfolgt mich für den Rest des Tages. Zusammen mit der super genervten Stimmung des Mannes, der ich mich irgendwann nicht mehr entziehen kann, sodass auch meine Stimmung kippt.

Auf dem Rückweg vom Spaziergang sitze ich im Auto auf dem Beifahrersitz, schaue aus dem Fenster und versuche, die schöne, verschneite Winterlandschaft zu bewundern. Aber ich bin einfach nur traurig. Was ich hier tue fühlt sich an, als würde ich nicht mein Leben leben, sondern in einem falschen Leben feststecken. Ich muss an H. denken, mit dem ich vor wenigen Tagen einen Spaziergang durch den Wald gemacht habe. Unabgesprochen hatte er Schokolade und ich Kakao sowie die geschmacklosesten Plätzchen der Welt mit. Und er fand das trotzdem nicht doof. Glaube ich. Wir hatten nur drei Stunden Zeit für einander, aber wäre es mehr gewesen, wären wir vielleicht auch dreimal so lange gelaufen, um die Gesellschaft des anderen und diesen wunderbaren Wintertag zu genießen. Trotz der Buckelei von Kakao und Schokolade.

Ich glaube, der Mann weiß mich überhaupt nicht zu schätzen. Diese Einsicht auszusprechen tut mir weh. Und sie treibt mir Tränen in die Augen.

Kommentare

  1. Ich möchte Dir nicht zu nahe treten - aber ich glaube, das Problem ist nicht der Mann.
    Wenn Du Kakao und Kekse mitnehmen möchtest, damit Ihr es schön habt unterwegs, dann tu es.
    Dann frage ihn nicht, sondern mach.
    Wenn er es nicht braucht, weil es auch ohne dem für ihn schön ist, solange er es mit Dir erlebt, ist das nichts Falsches oder mangelnde Wertschätzung.
    Vielmehr hab ich beim Lesen dieses und anderer Posts den Eindruck, als wird der Mann an H. gemessen.
    Da kann der Mann nur verlieren, weil er nicht (mehr) sein darf wie er ist oder vllt. immer schon war?
    Dass er einen Kampf kämpft, von dem er nicht mal weiß, dass er mittendrin steckt?
    Wenn Du diejenige bist, die etwas anderes sehnt und wünscht, dann sei ehrlich, auch zu Dir selbst.
    Wenn Du nicht glücklich bist, kannst Du auch keinen anderen glücklich machen..

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  2. Und hey, einen Alltag hat H. mit Dir auch nicht. Eure begrenzt mögliche Zweisamkeit hat schon von daher etwas Besonderes. Natürlich schätzt man diese ganz anders, als könnte man jeden Tag „alles“ haben..

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  3. Liebes Muschelmädchen, Du hattest hierzu, glaube ich, eine Antwort geschrieben. Oder steht sie woanders? Ich hatte sie aber gelesen, jedoch zu der Zeit nicht die Kraft gehabt, darauf einzugehen.
    Ich wollte Dir aber sagen, dass ich niemals die Absicht hatte und habe, Dir weh zu tun. Mir steht auch eine Einschätzung letztlich gar nicht zu - denn ich kenne Dich gar nicht. Das einzige, was ich je tue, ist eine Reflektion des Gelesenen. Meine Reflektion, die überhaupt keinen Anspruch auf Wahrheit besitzt. Ich kann damit genauso auch 100 % falsch und daneben liegen.

    Ich fand Deinen Gedanken schön, einen gemeinsamen schönen Moment zu haben, etwas zu machen in dem Gefühl, dass es beide so wollen. Mit meiner Reaktion meinte ich eher nur, dass man dem anderen auch einen schönen Moment bereiten kann, ohne dass man erst danach fragt - und dann enttäuscht ist, weil die Reaktion anders ausfällt als erhofft oder gedacht - und dass dann wiederum einen gewissen Zauber zerstört.
    Ach vielleicht sollte ich einfach besser still sein. Und Dir einfach nur ein gutes Jahr wünschen. Das meine ich von Herzen.

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    1. Liebe Helma,

      alles ist gut, du hast mir nicht wehgetan. Du hast mir, im Gegenteil, einen wertvollen Denkanstoß gegeben.
      Vielen Dank dafür!

      Nun bin ich reichlich spät dran, aber auch ich wünsche dir ein gutes (gesundes, erfüllendes, glückliches) Jahr. Ein Jahr voller Leben, Abenteuer, Meer und Glück!

      Alles Liebe.

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