Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Küssen

"Gib mir die Zeit für einen ehrlichen Kuss,
so wollen wir uns küssen, wenigstens am Schluss:
Es wird ein Kuss sein, der alles verzeiht,
der alles vergibt und uns beide befreit.
Du musst ihn mir schenken, 
ich bin zwar ein Dieb,
doch gestohlen ist er wertlos und dann brauch' ich ihn nicht."

(Die toten Hosen: Der letzte Kuss)

Kein Sex. Wir sind sogar voll bekleidet. Du liegst auf deinem Sofa und ich sitze auf dir. Ohne hinzuschauen weiß ich, dass mein Rock längst über meine Hüften gerutscht ist. Ich spüre dich bei jeder Bewegung unter mir. Das ist so verführerisch. 
Und du küsst mich.
Du küsst mich wie ein Ertrinkender. Weitestgehend kontrolllos, gierig und hart. Leidenschaftlich. Immer mal wieder spüre ich, wie die Angst in mir hochbrandet. Einmal gebe ich dem Drang, aufzuspringen, fast nach. Aber dann erinnere ich mich daran, dass du es bist, der hier ist. Ich denke an deinen Gesichtsausdruck, als du mir ein paar Stunden zuvor gezeigt hast, dass die Wohnungstür offen ist und ich jederzeit flüchten darf. Um mir Sicherheit zu geben. Hin- und hergerissen zwischen dem Bedürfnis, mich vollkommen fallenzulassen oder lieber wegzurennen, bemühe ich mich, die Kontrolle über die Ängste zu behalten und nicht in die Richtung des Wegrennens zu kippen. Aber der Grat, auf dem ich balanciere, ist so verdammt schmal. Als könntest du meine Zweifel körperlich spüren, wirst du plötzlich sanfter. Sofort rücken meine Ängste in den Hintergrund. Eine Welle von Zuneigung und Lust überrollt mich, die jegliche Angst in rasender Geschwindigkeit verblassen lässt, bis ich sie schließlich ganz vergesse. Doch die Atempause, die du mir gibst, ist nur kurz und der Sturm in dir braucht nicht lange, um erneut loszubrechen. 
Deine Hand in meinem Nacken zieht mich näher zu dir und dieses Mal zieht dein Kuss mich so sehr in deinen Bann, dass meine Gedanken für ein paar Sekunden verstummen und mein Kopf sich komplett ausschaltet. Mit leerem Kopf passen wir plötzlich perfekt in einander. Wie zwei Puzzelstücke. Nichts ist mehr holprig und ungelenk. Unsere Berührungen fügen sich rein intuitiv in einander. Als wären wir für einander gemacht. Während deine Hände über meinen Körper wandern, dringt deine Zunge hart und fordernd in meinen Mund ein. Als du meine Unterlippe ansaugst, bin ich so verloren, dass ich unwillkürlich leise aufseufze und das Geräusch in deinem Mund verebbt. Du drückst dein Becken fest gegen mich. Reine Lust tobt sich durch meinen Unterleib und ich kann fühlen, wie du dich hart unter mir abzeichnest. In diesem Moment will ich nichts mehr, als nackt auf dir zu sitzen und dich tief in mir zu spüren.
Ich glaube, ich brauche den ganzen harten Sex gar nicht. Mit dir ist das irgendwie egal. Schlaf mit mir, wie auch immer du es willst und brauchst. Aber schlaf mit mir. Lass mich nicht los.

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