Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom genervt sein

Himmelherrgott. Ich bin so genervt! Mein Bauch grummelt, mein Herz rast und ich schwöre, dass mir Rauch aus den Ohren kommt!

Damit ich nicht vergesse, warum ich meinen derzeitigen Arbeitgeber nicht mehr mag, möchte ich kurz festhalten:

Am Donnerstag ist der Schnelltest der Kollegin positiv. Ein zweiter Schnelltest ist es auch. Die Geschäftsführung zieht sich daraufhin ins Homeoffice zurück, verbietet aber allen anderen dieses. Es wird auf Anwesenheit im Büro bestanden, damit wir uns alle im Büro am Freitag gegenseitig noch ein bisschen anstecken können. Am Samstag entpuppt sich der PCR Test als positiv. Am Samstag ist auch die Dame, die ich die letzten 5 Tage eingearbeitet habe, und zwar nebeneinander vor dem gleichen Rechner sitzend, positiv per Schnelltest.

Der Mann ist einer von der guten Sorte. Wirklich. Ein durch und durch großherziger Mensch. Aber er ist ein Hypochonder und er macht mich wahnsinnig. Und sich selbst auch. Und in all dem Wahnsinn kommt es dazu, dass er mir am Sonntag einen Express-PCR-Test für 120 Euro bucht. Der relativ sinnlos ist. Weil mein letzter Kontakt Freitag war und es durchaus sein kann, dass die Virenlast zu diesem Zeitpunkt noch viel zu gering ist, um irgend etwas festzustellen. Aber gut. Der PCR fällt negativ aus. Kurze Erleichterung beim Mann. Für etwa 7 Minuten. Dann wieder große Sorge.

Der noch-Arbeitgeber informiert mich am Samstag darüber, dass er mich dann am Montag im Büro erwartet. Der Mann guckt sparsam und muss sich sehr zusammenreißen, um nicht zu explodieren und das Telefon an sich zu reißen. Der Chef erklärt, dass das Ergebnis meines PCR-Tests  ja schließlich negativ wäre. Ich lache. Und dann werde ich richtig wütend. Und sage zum ersten Mal in meinem Leben "Nein!" zu ihm. Das muss man sich mal vorstellen: Uns wird Homeoffice verboten. Vor Ort dürfen wir uns nicht auseinandersetzen, sitzen zu fünft in einem Büro, obwohl wir noch vier weitere Räume hätten. Angeblich gäbe es dort ein Problem mit dem Internet. 

Heute wurde mir dann mitgeteilt, dann ich die Hälfte des Weihnachtsgeldes zurückzahlen soll. Alles gut - ich bin Personalerin und weiß, dass man das Weihnachtgeld von Mitarbeitern, die bis zum 31.12.2021 austreten, zurückfordern darf, wenn man Lust hat, mal so richtig scheiße zu seinen Ex-Mitarbeitern zu sein. Eigentlich habe ich vorher auch beschlossen, dass das der Preis ist, den ich bereit bin zu zahlen, wenn man mich dafür im guten gehen lässt. Suprise: Bin ich jetzt aber doch nicht. Die (quasi nicht vorhandene) Coronapolitik der Firma hat mich mürbe gemacht. Weil sie vor allem eines gezeigt hat: Wir sind der Geschäftsführung vollkommen egal. Der Geschäftsführer tingelt, obwohl er selbst Kontaktperson 1 ist, weil er locker 30 minütigen Kontakt im geschlossenen Raum ohne Maske zu der positiven Kollegin hatte, weiter bundesweit durch die Filialen. Und wenn man ihn darauf anspricht, zitiert er Herrn Spahn. Ist ja eh alles egal, weil wir am Ende des Winters sowieso alle genesen, geimpft oder gestorben sind. Dann treiben wir das Infektionsgeschehen doch jetzt mal richtig voran! 

Jedenfalls: Das Geld behalte ich. Musste auch nur kurz darauf hinweisen, dass es gar nicht als Weihnachtgeld, sondern als einmalige Sonderzahlung ausgewiesen war und ich das sogar unterschreiben musste. Ich belohne mich damit selbst für die Zeit, die ich dort gearbeitet habe. 

Und ich verrate nur hier: Mir ist das Geld eigentlich egal. Aber ich hatte, zum ersten mal in meiner beruflichen Laufbahn, das Bedürfnis, mich wehren zu wollen. Dagegen ungerecht behandelt zu werden. Und der einzige Punkt, wo ich unsere Geschäftsführung treffe, ist eben hier: Beim Geld. Und bei der verweigerten Anwesenheit im Büro. 

Also sitze ich jetzt seit zwei Tagen im Homeoffice. Mit einem hypochondernden Mann Zuhause. Der sich nicht separieren mag, "weil wir das zusammen durchstehen", aber der mich mit seiner Sorge um den Verstand bringt. Schön, sag ich euch. So, so schön.

Der Mann macht mich eindeutig zu einem schlechteren Menschen. Aber dafür zu einem, der deutlich mehr auf seine eigene physische und psychische Gesundheit achtet. 

Kommentare

  1. Gruseliger Arbeitgeber.
    Und weil es von so Leuten viele gibt, sind wir früher oder später alle verloren.

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  2. Ojojojojoj!
    Dein "Noch"-Arbeitgeber verweigert sich der Fürsorgepflicht. Man könnte ihm richtig auf die Füße treten (lassen).
    Büropflicht gilt nur für Arbeitsplätze, die nicht ausgelagert werden können. Und da zählt nicht das Pseudo-Argument: "Zuhause wird nicht gearbeitet."
    Ist der Noch-Chef ein Coronaleugner bzw. -verharmloser?
    Gut, dass Du Dich für selbstbestimmtes Homeoffice entschieden hast, die Rechtslage ist auf Deiner Seite ...
    Und dass Dich der "hypochondernde Mann" zu einem schlechteren Menschen macht, stimmt nicht! Rede Dir das nicht ein!
    Ganz liebe Grüße und bleib´ gesund!

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    1. Doch, doch. Es ist ganz definitiv so, dass mich der Mann so einem schlechteren Menschen macht. Und das ist großartig. Weißt du, warum? Weil er dafür sorgt, dass ich öfter "Nein" sage, eben nicht permanent über meine Grenzen hinausgehe, sondern auf mich aufpasse und gesund bleibe.
      Und ich will es genau so. Er erdet mich. Während andere Menschen von mir nehmen, gibt er mir zurück, sorgt sich, liebt mich. Es ist perfekt. Und manchmal genervt zu sein - womit ich mich auf den zweiten Kommentar andernorts beziehe - ist vollkommen normal. Für gewöhnlich funktionieren wir, weil wir den anderen sein lassen, wie er ist. Aber manchmal hakt es dabei eben. Das ist okay. Zusammenwachsen funktioniert eben nicht immer reibungslos.
      Ich mache den Mann übrigens zu einem besseren Menschen. Ich bin sanftmüter, geduldiger, weicher als er. Zusammen sind wir in Balance.

      Soweit ich weiß, funktioniert dieses Anzeigen von Arbeitgebern nicht besonders gut...

      Bleib auch gesund.
      Und falls wir uns nicht mehr hören: Frohe Weihnachten!

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    2. Entschuldige, dass ich nochmal kommentiere:

      Offenbar bin ich hier nicht mehr erwünscht.

      Vielleicht bin ich grade auch übersensibel, aber ich lese diesen gewissen Unterton heraus und werde daher zukünftig schweigen.

      Alles Gute!

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    3. Ich hab gerade ein bisschen gebraucht, um herauszubekommen, was dich wohl geärgert hat. Ich hab zuletzt gar keine Kommentare mehr beantwortet, auch nicht in dem Post davor. Jemand meinte mal zu mir sinngemäß: "Wenn dir gerade nicht danach ist, dann mach es doch einfach nicht. Ist doch dein Blog." Und so habe ich es gehalten. Das hatte mit dir nichts zu tun.
      (Davon ab: Es hätte auch schlicht ein Versehen sein können.)

      Keine Ahnung, was du in meine Zeilen hineinliest. Offenbar etwas, was nicht da war. Allerdings trifft dein Verhalten bei mir einen sehr wunden Punkt. Deshalb schlicht:

      Dir auch alles Gute.

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    4. Ich glaub ich war der "Jemand" :-)
      Und ja: Dein Blog, deine Regeln, Dein "Wohnzimmer".

      Grüße & das übliche für die nächsten Tage

      M.

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    5. Ich glaube auch. :-)

      Ich wünsche dir frohe Weihnachten. Und viel Weihnachtszauber.

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