Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von der späten Erkenntnis

Zwischen Staubsaugen und dem Abwaschen des alten Geschirrs, ist er plötzlich da, dieser Moment, auf den ich seit vielen, vielen Monaten warte: Mit einem Male fühlt es sich richtig an, mir einen Stapel weißes Papier zu nehmen und ihm einen Brief zu schreiben. Mein Stift fliegt über die leeren Seiten, füllt sie mit Worten, während sich zeitgleich mein Kopf immer mehr leert. Ich schreibe alles auf, was mir auf der Seele liegt. Alles, was mir wichtig erscheint und alles, was ich sagen will. Fast vier Stunden lang schreibe ich.

Erst einige Stunden danach spüre ich die Sackgasse, in die mich dieses Schreiben hineingezwungen hat. Denn es geht mir nicht besser. Ganz im Gegenteil. Ich ringe vielmehr um Fassung und mir ist danach, mich zusammenzurollen und zu weinen. Denn mit einem Schlag wird mir bewusst, dass die Zeilen, die ich geschrieben habe, niemals ihren Empfänger erreichen dürfen. Denn es ist doch so: Wir haben seit vielen, vielen Jahren keinen Kontakt mehr. Und nichts und niemand gibt mir das Recht, das, in Form meines Briefes, zu ändern. Es steht mit schlicht und ergreifend nicht zu, einem Menschen, den ich früher mal kannte, der mir aber heute vollkommen fremd ist, mit meinen Zeilen zu konfrontieren. Es wäre eine vollkommen brachiale Art und Weise in seine Welt, seinen Alltag, vielleicht: seine Familie einzudringen.

Wenn ich ihm den Brief schicken würde, wäre es absolut egoistisch. Denn eines ist ganz klar: Ich habe all die Worte für mich geschrieben. Damit es mir besser geht. Damit ich verstehen kann. Damit es mir möglich wird, loszulassen. Das zu erkennen, fühlt sich für mich an, als müsste ich zwischen seinem und meinem Wohlbefinden wählen. Und ich bin kein Mensch, der sein eigenes Wohl über das anderer Menschen stellen kann.

Ich darf ihn also nicht mit meinen Gedanken und Gefühlen belasten.
Richtig?
Ach, fuck. Das ist so scheiße.

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