Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von Weihnachten

Weil Corona, bei Teilen dieses Haushaltes, erst am abklingen ist, fällt Weihnachten für all die Menschen, die es hier verbringen wollten, aus. Trotzdem beschließen wir, in den nahe gelegenen Nutztierpark zum Gottesdienst im Freien zu fahren, um wenigstens ein bisschen Weihnachtszauber zu erhaschen. Und der lässt tatsächlich nicht lange auf sich warten:

Zwischen freilaufenden Eseln, Ziegen, Hühnern und Gänsen stehen wir - natürlich mit ausreichend Abstand - mit ungefähr hundert anderen Menschen vor einer spartanisch gezimmerten Bühne, trinken süßen Tee und lauschen dem Pfarrer. Der Pfarrer ist ein unscheinbarer Mann, nickelbebrillt und jung, ziemlich austauschbar, aber wunderbar leidenschaftlich. Es ist unmöglich nicht zu spüren, wieviel Herz in seinen Worten liegt. Seine Predigt - nein, sein kompletter Gottesdienst - ist modern, Teile davon haben, auch aufgrund des Rhythmus' in dem sie vorgetragen werden, regelrechten Poetry Slam-Charakter. Das mag ich sehr. Am besten aber gefällt mir, wie er die wenigen Menschen, die sich hier versammelt haben, dazu animiert, gemeinsam zu singen. Er mischt klassische und moderne Lieder und setzt bei beiden nicht voraus, dass man sie kennen muss. Stattdessen singt er vor den einzelnen Liedern die Refrains an. Einmal gibt er uns eine Melodie vor, die von einer jungen Frau mit Gitarre leise begleitet wird, und bittet uns darum, einfach nur zu summen. 

Während wir alle vor dieser Bühne stehen und summen, erst leise und schließlich immer lauter, schwillt der Wind an, rauscht durch die Baumkronen über uns und leichter Niesel setzt ein. Dieser Moment ist es, der mich dieses Jahr mit Weihnachten versöhnt. Er zaubert mir eine Gänsehaut und nehme ihn mit nach Hause.

Kommentare

  1. Auch ich habe eine Gänsehaut beim Lesen erhascht! Danke dafür ❤️

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  2. Auch von mir ein herzliches Dankeschön, liebes Muschelmädchen. Alles Gute für Dich und Deine Liebsten im neuen Jahr!

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    1. Vielen lieben Dank. Es ist nie zu spät, dir das auch zu wünschen, oder? Ich wünsche dir das auch. Von ganzem Herzen.

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