Von Tagebuchsachen
(Vielleicht nichts für schwache Nerven.)
Heute Morgen, als ich zur Arbeit gefahren bin, musste ich daran denken, wie friedlich mein Leben geworden ist, seitdem ich den Job gewechselt habe. Erst jetzt wird mir langsam klar, wie sehr mir diese Jahre emotional und körperlich zugesetzt haben. Eine leichte Ahnung davon beschlich mich bereits, als ich direkt nach der Zusage für den neuen Job erst einmal krank wurde. Und zwar nicht für ein oder zwei Wochen, sondern gleich so richtig, über mehrere Wochen. Es ging einfach gar nichts mehr. Totalausfall.
Wenn ich jetzt an diese Arbeit zurückdenke, frage ich mich ernsthaft, wie ich das so lange mitmachen konnte. Dieser ständige Leistungsdruck von allen Seiten, die stetige schlechte Laune, die nach unten weiter gereicht wurde, schneller, höher, weiter. Die unbezahlte Rufbereitschaft: Aller zwei bis drei Wochen für 7 Tage rund um die Uhr, ohne Freizeitausgleich. Aber vor allem: Die Geschichten. Ich habe ein bisschen das Gefühl, als würde erst jetzt geballt auf mich einstürzen, was ich da eigentlich erlebt habe. So als ob es mir erst jetzt bewusst würde. Verrückt. Und mich schmerzt das. Vieles davon schmerzt mich so sehr. In letzter Zeit muss ich immer wieder an die eine Geschichte mit dem Säugling denken, der vor Hunger und Durst schon ganz grau war.
Im Moment habe ich nicht das Gefühl, als würde ich das gut wegstecken können, was da in mir aufplöppt. Aber ich hoffe, dass die Zeit für mich arbeitet. Und ich spüre, dass es gut ist, dass ich mir eine Tätigkeit gesucht habe, die friedlicher ist. Ich staune immer noch darüber, dass jeden Morgen alle mit guter Laune das Rathaus betreten. Und das auch noch alle nett zu einander sind. Keiner verliert ein schlechtes Wort über den anderen. Bisher habe ich noch niemanden schreien gehört. Alle sind offen und hilfsbereit. Das war vorher unvorstellbar für mich.
Und ich liebe die halben Tage, die ich arbeiten kann. So wie heute. Ich habe einfach um 13 Uhr meinen Rechner runtergefahren und bin gegangen. Ein Hoch auf Gleitzeit und Arbeitszeiterfassung!
Es war heute richtig kalt. Aber die Sonne schien. Ich habe mich nach der Arbeit in die Fußgängerzone gesetzt und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Es war gut. Zumindest bis sich irgendein Typ, der mir von Statur und Körpergröße deutlich überlegen war, neben mich setzte und anfing, mir Dinge über seinen Penis zu erzählen, die ich noch nie wissen wollte. Erst war ich so fassungslos, dass ich mich nicht rühren konnte, aber irgendwann habe ziemlich verstört die Flucht ergriffen. Und seitdem ist mir irgendwie ekelhaft zumute. Es nervt mich, dass ich auf so etwas immer noch reagiere, wie ein Kaninchen, das vor der Schlange hockt: Mit Schockstarre. Ich konnte nicht "Nein!" sagen, ich konnte mich nicht mit Worten wehren und bis ich geflüchtet bin, ist auch einige Zeit vergangen. Und am Ende hatte ich Angst beim Weg durch das Parkhaus. Obwohl ich dort noch nie Angst hatte.
Ganz ehrlich, ich verstehe es einfach nicht. Wie man so sein kann. Wie man anderen Menschen so sehr zu nahe treten oder ihnen Angst machen kann. Wie man bösartig sein kann. Machtbesessen. Wie man anderen Menschen etwas Böses wünschen kann. Ihnen absichtlich Leid zufügen kann. Ohne Frage, ich bin auch nicht perfekt. Aber ich gebe mir Mühe, gut zu sein. Ich begehe meine Fehler unabsichtlich. Es gibt in mir kein Bedürfnis, andere Menschen zu verletzen. Höchstens dann, wenn ich selbst sehr tief verletzt wurde. Aber selbst dann kann ich mich in der Regel zügeln. Sonst ist da einfach nichts in mir.
Ich gehe jetzt ins Bett und streiche dieses Erlebnis aus meinem Kopf.
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Es gibt wirklich äußerst merkwürdige Männer. Ich frage mich, was diese Penisgeschichte wohl über den Mann aussagt.
AntwortenLöschenEs freut mich, dass der neue Job so viel besser passt.
Ja, leider haben wir immer noch nicht gelernt bei sexueller Belästigung sofort "Stopp" zu sagen. Teilweise weil es auch von der breiten Masse verniedlicht wird
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