Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von Hormonen

Es gibt diese Tage, da ist Frau-sein einfach nur scheiße. Das sind die Tage, an denen ich mich nicht sexy fühle, weil ich mich einfach nicht in meinem Körper wohlfühle: Die Hormontage.

Hier ein Beispiel:
Eben stand ich in der Küche und habe gekocht. Dazu habe ich Zwiebeln geschnitten. Drei Stück. Eine von den dreien war besonders aggressiv. Und während ich da also stand und Zwiebeln schnitt und anfing zu heulen, da spürte ich auf einmal diese wahnsinnige Wut in meinem Bauch: Auf die Zwiebel. Ja, richtig. Auf eine einfache, blödsinnige Z-w-i-e-b-e-l! Plötzlich hatte ich gar keine Lust mehr zu kochen. Sonst ganz der friedliebendste und augeglichenste Mensch der Welt, hätte ich in diesem Moment am liebsten das Messer genommen und die dämlich grinsende Raufasertapete damit bearbeitet. Oder den Kochlöffel samt des riesigen Topfes in die Ecke getreten. Scheiß auf jedwede Form des alltäglichen Pazifismus´!


Nun bin ich ja aber, hoffe ich wenigstens meistens, nicht völlig blöd: 


Mir ist schon klar, dass das ein Hormontag ist. Also probiere ich permanent, mir gut zuzureden: "Muschelmädchen. Die Zwiebel kann nichts dafür. Das ist bestimmt eine nette Zwiebel!". Das hilft tatsächlich auch für einen Moment - bis ich mir die Tränen aus dem Gesicht wische und die Hälfte meines Eyeliners und meines Maskaras auf meinem Unterarm wiederfinde. Sofort schießt mir wieder die Wut in den Bauch. In dem Versuch, mich zu beruhigen, halte ich mir weiter meine Ansprache: "Bleib ruhig, Muschelmädchen, das bist du ja nicht - das sind die Hormone. Du bist so nicht, du bist ganz anders!". Und was soll ich sagen? Der Knoten Wut in meinem Bauch weicht tatsächlich - aber eben nur einem anderen Gefühl: An seine Stelle tritt das Bedürfnis, grenzenlos über der Zwiebel zu verzweifeln, das Kochen kochen sein zu lassen und mich stattdessen den Rest meines Lebens von einer Dose passierter Tomaten aus dem Jahr 2003 und einem Beutel roher Zwiebeln zu ernähren. Beides kann ich immerhin mit ins Bett nehmen und dort heulend verspeisen. P-M-S. Ehrlich, PMS ist so scheiße. PMS ist jähzornig und dramatisch. Oder auch: PMS ist schlicht und ergreifend ein Arschloch!

Ich fühle mich wie eine ferngesteuerte Hormonsammelstation. Wie ein Alien, eine Bombe oder eine selbstmordgefährdete Romanfigur. Nein, besser: Ein explosives, ferngesteuertes, depressives und äußerst unattraktives Alien.

Und es ist auch nicht so, dass das Wissen darum, dass das PMS-Monster mich steuert, mir in irgendeiner Art und Weise hilft: De facto ist es stattdessen so, dass ich mich wirklich schlecht fühle, ganz, ganz selten tatsächlich absolut sozial unverträglich bin und meine Tage - Pf! Selten dämliches Wortspiel! - damit verbringen möchte, mich mit Schokolade vollzustopfen, Liebesschnulzen zu gucken und dabei zu heulen. Das ist ja nicht das Problem, könnte man nun meinen. Ha! Doch, das ist es! Wenn ich nämlich noch mehr Schokolade esse, dann fühle ich mich irgendwann noch schlechter, als vorher schon, weil ich Angst bekomme, dass ich aufgrund meiner Kugelfigur in meiner Wohnung vereinsamen und irgendwann hungerleidend sterben werde! Mit niemandem als Freund außer einem schweigsamen Gartenzwerg aus Ton, der stoisch meine Selbstgespräche erträgt. Außerdem hat Mutter Natur es wirklich großartig eingerichtet, dass ich spätestens ab Tag 2 meiner Periode durchgängig von wildem, hemmungslosem, hartem Sex träume! Oder hat das dem Sinn, der drohenden Vereinsamung vorzubeugen?

Ich wollte eigentlich nur sagen: Solche Tage sind scheiße und ich will mein Ich zurück. Oder Mitleid. Mitleid ist auch gut. So wie Liebe. Und Gummibärchen statt Schokolade. Ich gehe jetzt meinen Gartenzwerg streicheln.
(Woah. JETZT, nach dem Schreiben dieses Posts, geht es mir besser! Und meine Tastaur hat nicht einmal Wutdellen, vom reinhämmern der Buchstaben. Wunderbar. Es sind die kleinen Dinge im Leben, die zählen.)

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