Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von der Auszeit



'Ja, aber glauben sie denn wirklich, Herr Professor', fragte Peter, 'andere Welten sind überall zu finden und einfach nur so um die Ecke herum?'. 'Nichts ist wahrscheinlicher', antwortete der Professor. Er nahm seine Brille von der Nase und putzte sie sorgfältig. Dabei murmelte er: 'Ich frage mich wirklich, was sie ihnen eigentlich auf den Schulen beibringen.'

(C. S. Lewis: Die Chroniken von Narnia)


Komm, wir nehmen uns eine Auszeit. Ich stopfe so viel Daunendecken und Federkissen in meinen Seesack, dass wir ihn kaum noch tragen können. Wir lachen darüber, dass er trotzdem federleicht ist und schnipsen ihn einfach, mit Daumen und Zeigefinger, ein paar hundert Meter in die Luft. Wie ein grüner Luftballon sieht er von hier unten aus. Denkst du an das rote Koffergrammophon? Dann sorge ich für eine Thermoskanne Kakao und ganz viel Schokolade. Damit wir es gut haben, wenn wir uns ganz weit weg denken.

Wir denken uns dorthin, wo wir das warme Holz des morschen Stegs unter unseren Fußsohlen spüren und uns vom Anblick des rauen Meeres verzaubern lassen können. Wir genießen den Wind auf der Haut, das Salz auf den Lippen und lassen uns den Sand durch die Hände rieseln. Stunde um Stunde sitzen wir an unserem menschenleeren Strand und schauen den Wellen dabei zu, wie sie unermüdlich an unser Ufer rollen. Einzig das leise Schreien der Möwen, die sich in weiter Ferne tummeln, lässt uns ahnen, dass es sein könnte, dass sich die Welt dort draußen auch ohne uns weiterdreht.

Später, wenn uns kalt wird, drehen wir das alte Boot um, das dort hinten am Strand liegt, und vergraben uns unter weichen Decken. Das Grammophon singt Lieder, die im Wind verhallen, und die dunklen, bauschigen Wolken ziehen still über uns hinweg. Ich reiche dir eine Tasse süßen Kako  und spüre deine Hand auf meinem Rücken. Während ich meinen Kopf an deine Brust lege und deinem Herzschlag lausche, braut sich am Ende des Himmels ein Unwetter zusammen. Komm, ich baue uns ein Dach aus meinem Seesack. Dann verkriechen wir uns in einander und hören dem Regen zu. Wenn du willst, halte ich dich fest, bis die Sonne wieder durch die Wolken bricht und dich in der Nase kitzelt. Bis dahin erzähle ich dir Geschichten vom Meer.

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