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Es werden Posts vom September, 2013 angezeigt.

Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom alten Rebellen

Revolution stand auf unseren Fahnen. Revolution stand uns im Gesicht. Wir haben erlebt, was andre nicht mal ahnen. Revolution - weniger wollten wir nicht.“ * Unter seinen vielen Freunden und Bekannten galt er als kluger Kopf, als intellektueller, feinfühliger Mensch, der nie einem guten Gespräch abgeneigt war, sofern sein Gegenüber eine interessante Unterhaltung vermuten ließ. Er war wissbegierig und belesen – George Orwells „1984“ begeisterte ihn –, auch wenn er bestimmte Werke zeitweise fast ausschließlich las, um die Mädels zu beeindrucken. Diese erlagen zuhauf seinem Charme. Über die Loyalität hinaus, für die man ihn schätzte, war er jemand, mit dem man Spaß haben konnte. Freigiebig teilte er, was er besaß und veranstaltete Feiern, die weithin als berühmt und berüchtigt galten – skandalöse Feten, an die man sich noch erinnert, Geschichten, über die man heute lachen kann, weil sie vor Absonderlichkeit und Verrücktheit nur so strotzten. Früher war er ein Rebell, ein „Ste

Vom Puzzlespiel des Lebens

„Vielleicht finden wir aus dieser Sackgasse auch nicht mehr heraus. Aber es gibt niemanden, mit dem ich mich lieber verlaufen hätte als mit dir.“   (Jodi Picoult: Beim Leben meiner Schwester) Es gibt Menschen, die treten so selbstverständlich in mein Leben, dass es mir manches Mal so vorkommt, als wäre es fast von zwingender Notwendigkeit – nahezu natürlich –, dass sie plötzlich da sind. Dann möchte ich zuweilen innehalten und ganz verblüfft fragen: „Wer bist du denn? Was machst du plötzlich hier, in meinem Leben? Wo kommst du her? Woran glaubst du? An Schicksal oder an Zufall? Ich habe immer nur an den Zufall geglaubt. Aber ich glaube, ich habe mich geirrt.“. Vielleicht besteht mein Leben doch nicht nur aus einer wahllosen Verkettung von Zufällen. Vielleicht ist es vielmehr so, dass es mir Chance um Chance zukommen lässt und es meiner eigenen Verantwortung und Initiative obliegt, zuzugreifen. Vielleicht schickt einem das Leben manche Menschen einfach zur rechten Zeit, w

Vom Blick eines Kindes

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„Das Leben ist verrückt! Und ich finde das wunderbar.  Wer das nicht merkt, verschläft das Schönste.“ (Hans Bemmann: Stein und Flöte) Wir sitzen auf dem Sofa, das kleine, dreijährige Mädchen kuschelt mich an sich und ich traue mich kaum einzuatmen, so zart, unschuldig und zerbrechlich wirkt sie auf mich, mit ihrer niedlichen Stupsnase, den großen braunen Augen und den fülligen, blonden Locken. Verliebt lächle ich sie an. „Du hast schöne Haare.“, sage ich zärtlich und streiche ihr sanft mit den Fingerspitzen über den Kopf. Ihre Augen werden noch größer. „Die sind so hell.“, stellt sie fest. Dann legt sie den Kopf schräg, kneift die Augen etwas zusammen und man sieht ihr an, dass sie über irgendetwas nachdenkt. Ich muss mir ein wenig auf die Lippen beißen, um nicht leise zu lachen. „Anton hat aber noch hellere Haare.“, sagt sie schließlich. „Wer ist Anton?“, frage ich. „Mein Freund.“, gibt sie zurück und drückt sich noch etwas mehr an mich, „Aus dem Kindergarten.“. Ic