Vom Mehr

Morgens um 7 Uhr schickt mir H. ein Video, das ihn dabei zeigt, wie er gerade dabei ist, vollkommen verschlafen und splitterfasernackt in die Ostsee zu stiefeln. Er filmt so lustig an sich herunter, dass ich in den Genuss komme, einmal alles an seinem absolut perfekten Körper zu sehen. Unvermittelt muss ich loslachen. Ich liebe alles an diesem Video. Alles an diesem Kurzfilm ist so typisch H. Ich mag das, dieses jungenhafte, nie erwachsen gewordene. Den Schalk in seinen Augen, die verrückten Gedanken und vor allem die Bereitschaft, Dinge einfach zu tun, ohne vorher darüber nachzudenken. Das Zittern und der leise, gequälte Laut, der seine Lippen verlässt, als er tiefer in das kalte Wasser eintaucht.

Ich brauche mehr von diesen Menschen in meinem Leben. Menschen, die spontan in die Ostsee hüpfen. Die wie ich fühlen. Die gut sind, die verrückt sind, dich mich in sich hineinsehen lassen, die irgendwie unangepasst und mutig sind, die bunt sind und nicht so ernst, aber dafür klug und einfühlsam. Ich brauche neue Gefühle. Will mehr fühlen und noch intensiver und vielfältiger. Will mehr erleben, mehr sehen, mehr lernen. Mehr lieben. Vor allem immer mehr lieben.

Eine Zeitlang war die Sehnsucht, dass irgendwo dort draußen noch mehr auf mich warten muss, weg. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, ständig suchen zu müssen. Aber plötzlich ist es wieder da und fühlt sich stärker denn je, kaum aushaltbar, an. 

Also, was hast du noch zu bieten, Leben?

Ist da noch mehr?

Hier bin ich, mal wieder suchend.

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