Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Ende

Ich versuche die Kollegin, die neben uns steht und mich mustert, bestmöglich zu ignorieren. Stattdessen krame ich in der viel zu großen Tasche, die über meiner Schulter hängt, und fische nach dem unscheinbaren, weißen Briefumschlag, den ich Zuhause vorbereitet habe.

"Warte noch.", bitte ich dich und verliere mich dabei fast in deinen himmelblauen Augen.

"Was...?", fragst du verwundert und deine Augen weiten sich, als ich dir schließlich den Umschlag in die Hände drücke. In deinem Gesicht spiegelt sich ehrliche Überraschung.

"Für später.", erkläre ich, "Oder für einen schlechten Tag irgendwann. Wie du willst."

Unvermittelt trittst du auf mich zu, öffnest deine Arme und schließt sie um mich. Meine Fingerspitzen treffen dein Rückgrat, fahren behutsam deinen Rücken hinab, während du mich sanft an dich ziehst und wir für einen kurzen Moment Wange an Wange verharren. Die Umarmung ist perfekt. Sachte wie ein Flügelschlag. Und ebenso flüchtig. Dennoch passt mein Körper vollkommen in deinen. Alles an dieser Berührung fühlt sich richtig an. Ich will so bleiben. Können wir so bleiben, bitte? Nur für zwei, drei Tage oder den Rest unseres Lebens?

Als wir uns, viel zu schnell, von einander lösen, sehe ich deinem Schatten, deiner Kollegin, geradewegs in die Augen. Sie zuckt nicht mit der Wimper. Schaut mir geradewegs in die Augen. Läuft da eigentlich etwas zwischen euch? Es ist nicht das erste Mal, das ich mich das frage. Kurzerhand umarme ich auch sie. Ein geringer Preis für deine Berührung. Und einer, den zu zahlen ich gerne bereit bin.

Und dann flüchte ich. Stürme im Laufschritt aus dem Gebäude. Nur zur Sicherheit. Wer weiß, wie lange du deine Neugier zügeln kannst, ohne den Umschlag zu öffnen. Aber wenn du ihn öffnest, mag ich nicht mehr hier sein. Dann bin ich längst irgendwo anders. Die Angst, mich zu weit aus dem Fenster gelehnt, dir zu sehr vertraut zu haben, schiebe ich von mir.

Kommentare

  1. Viel Glück, Muschelmädchen!

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  2. Ich wünsche Dir, dass es kein Ende war. Es hört sich so nach *zauberhaft* an

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    1. Vielen Dank. Bisher war es nicht endgültig. Und tatsächlich ist es auch ein bisschen zauberhaft - wenngleich vermutlich einseitig. :-)

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