Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Jobangebot: Gedankensammlung

Irgendwann war ich so genervt von meinem Job, dass ich angefangen habe, mich mal umzuhören. Ich habe exakt eine Bewerbung geschrieben. Sie ging in den öffentlichen Dienst. Da die eh alle zu Bewerbungsgesprächen einladen, die sich irgendwie ins Profil pressen lassen, kam die Einladung zum Vorstellungsgespräch nicht besonders überraschend. Die Einstellungszusage dann aber doch, denn ich möchte mal behaupten, dass ich im Bewerbungsgespräch deutlich besser hätte sein können, hätte ich in der Nacht davor nicht nur zwei Stunden geschlummert. Ich war zwar entspannt, hatte aber häufig das Gefühl, während des Redens die Frage vergessen zu haben und immer leicht am Wesentlichen vorbei zu antworten. Schlafmangel macht's möglich. Aber gereicht hat es anscheinend trotzdem. 

Tja. Und nun weiß ich auch nicht so recht. Die Stelle ist recht gut vergütet. Für 10 Wochenstunden weniger 100 Euro mehr als ich in Vollzeit bei meinem aktuellen Arbeitgeber bekomme. Gleitzeit. Arbeitszeitkonto. 50% Homeoffice nach der Einarbeitung möglich. Alles, was ich bisher nicht hatte. Nicht einmal im Lockdown, in dem ich weiter gezwungen wurde, Bewerbungsgespräche persönlich und vor Ort zu führen. 

Die neue Aufgabe: Jaaaaaa. Okay. Nicht wirklich super aufregend, aber okay. Halt so Personalkram, den ich kann. Anzeigen, Bewerbungsgespräche usw. Vom Aufgabengebiet deutlich enger gefasst, wesentlich weniger Abwechslung. Dafür aber auch, zumindest nehme ich das an: Deutlich weniger Zahlendruck von oben. Aber kann ich mit einem kleineren Aufgabengebiet umgehen? Wird mir da nicht langweilig? Vor allem weil ich aus einem Job komme, in dem ich immer unter Strom, immer 300% geben muss und in dem es keine Atem-und Erholungspausen gibt? Kann ich damit umgehen, keine Entscheidung mehr alleine zu treffen? 

Das Team ist ähnlich klein wie mein derzeitiges. Der Gedanke, mich neu in ein Team einfinden zu müssen, ängstigt mich allerdings etwas. Aber mal wieder etwas Neues kennenzulernen, zu lernen, wäre schon auch schön. Ich mag es, mich weiterzuentwickeln. 

Und zu guter Letzt: Ich bin mir nicht sicher, ob ich eine Kündigung bei meinem aktuellen Arbeitgeber überlebe. Denn mein Team und meine Chefin werden sich sehr im Stich gelassen fühlen. Und ich bin mir fast sicher, dass da eine Kündigung persönlich genommen wird. Vielleicht sogar von der Geschäftsführung. Die mir noch vor kurzem gesagt hat, dass ich mir auf keinen Fall einen anderen Job suchen, sondern immer das Herz auf der Zunge tragen soll, wenn es Probleme gibt. Aber... Soviel werden die mir nie und nimmer bezahlen. Und ich kann nicht mein ganzes berufliches Leben einem Job widmen, bei dem das Team zwar gut ist, der aber miserabel vergütet wird... 

Mir geht's echt schlecht, wenn ich daran denke, dass ich kündigen muss. Aber ich glaube, an einer Kündigung führt kein Weg vorbei, oder? 

Kommentare

  1. Ich denke, wenn der jetzige Job grundsätzlich Spaß macht und es eher um finanzielle Fragen geht, sollte man zumindest dem bisherigen Arbeitgeber die Chance lassen, das anzuheben.
    Wenn er nein sagt oder die Erhöhung zu niedrig ist, kannst Du immer noch ablehnen und gehen.
    Mir ist das wider Erwarten vor vier Wochen so passiert.
    Eigentlich wollte ich die Kündigung zunächst verbal überbringen, um die Chefetage vorzubereiten.
    Er hat ohne zu zögern per sofort derart viel Geld draufgelegt, dass ich ins Grübeln kam. Soviel Geld mehr hat noch keiner bei uns bekommen. Ich war auch die allererste, die 2014 Home Office angeboten bekam. Wollte ja damals 400 km weit weg ziehen und kündigen.
    Es geht ganz viel.. Viel mehr, als man manchmal ahnt..
    Mit dem jetzt neuen Gehalt habe ich nicht nur mehr als ich im neuen Job bekommen hätte, sondern auch die Aussicht, in etwa einem Jahr vertretungsweise die Chefetage einnehmen zu dürfen. Letzteres wog für mich mehr als die satte Gehaltserhöhung, weil es bedeutet, dass die Chefetage sich zurückziehen will - und das wiederum bedeutet zwar beruflich sehr viel Verantwortung, aber zugleich ganz viel Erleichterung im Miteinander im Job. Aus Gründen ist mir vor allem das sehr wichtig.
    Nach einigen schlaflosen vergrübelten Nächten, drei Telefonaten und Gesprächen mit dem Mann zu Hause habe ich dann den Änderungsvertrag unterschrieben und das neue Angebot abgelehnt. Der dort meinte, dass ich vermutlich richtig entschieden habe, denn meine jetzigen Aufgaben klängen weitaus spannender als das, was mich bei ihm erwarten würde.
    Ich denke, fragen lohnt sich also immer. Auch aus Loyalität 😉
    Ich persönlich möchte nicht nochmal in den öffentlichen Dienst. Es ist mir einfach zu unflexibel, Entscheidungswege ultra umständlich und langwierig und kein Raum für „Kreativität“. Alles genormt und geregelt. Für mich ist das nix.
    Aber das mag für andere wiederum ganz angenehm und beruhigend sein, da ist jeder anders.

    AntwortenLöschen
  2. Wenn der alte Job nur noch nervt, dann spricht nichts gegen einen Wechsel. Und Kollegen, die eine Kündigung persönlich nehmen, finde ich irgendwie merkwürdig.
    Und wenn der neue Job doch nichts für Dich ist, dann bewirbst Du Dich einfach wieder woanders und ziehst weiter.

    AntwortenLöschen
  3. „Irgendwann „war ich so genervt von meinem Job“
    Wie sehr musst Du genervt sein, bis Du Dich bewirbst? Kannst Du das, was Dich nervt beeinflussen / verändern?

    “Nicht einmal im Lockdown, in dem ich weiter gezwungen wurde, Bewerbungsgespräche persönlich und vor Ort zu führen.“
    Magst Du es gezwungen zu werden?

    „in dem ich immer unter Strom, immer 300% geben muss und in dem es keine Atem-und Erholungspausen gibt?“
    Auch hier sprichst Du von „müssen“

    „ob ich eine Kündigung bei meinem aktuellen Arbeitgeber überlebe“
    Drastische Schilderung! Tatsächliches Empfinden oder Stilmittel der Dramatisierung?

    „Denn mein Team und meine Chefin werden sich sehr im Stich gelassen fühlen. Und ich bin mir fast sicher, dass da eine Kündigung persönlich genommen wird.“
    Lies den Paten von Mario Puzo „Es ist nichts Persönliches, es geht nur ums Geschäft.“ Das sollte die Maxime für alle Beteiligten (im beruflichen Kontext) sein.

    „sondern immer das Herz auf der Zunge tragen soll, wenn es Probleme gibt.“
    Hast Du dieses Angebot je in Anspruch genommen? Wenn Nein: Warum nicht?

    „Mir geht's echt schlecht, wenn ich daran denke, dass ich kündigen muss“
    Alles in allem habe ich das Gefühl, dass Dein aktueller AG mit Dir in einer emotionalen Art und Weise umgeht, die vielleicht nicht die beste für Dich ist, Du aber dem „guten Team“-Wunsch (denn das ist Dir wichtiger als „gutes Geld“, so meine Vermutung) nicht aufgeben willst.

    Ich bin frei, denn ich bin einer Wirklichkeit nicht ausgeliefert, ich kann sie gestalten.
    Paul Watzlawick
    Was Deinen Job und der Umgang Deines jetzigen AG mit Dir betrifft, hab ich da verschiedene Gedanken

    AntwortenLöschen
  4. Zu Deiner Frage am Ende des Textes: JA!
    In den anderen Kommentaren ist dazu alles schon gesagt.
    Das Verhältnis zu Deinem aktuellen AG / Team klingt "komisch".
    Vielleicht wäre ein Wechsel ein erster Schritt.
    Du bist ja nicht gezwungen, ewig den neuen (vielleicht langweiligen oder eintönigen Job zu machen)...

    Zum ÖD:
    Zitat:"Ich war zwar entspannt, hatte aber häufig das Gefühl, während des Redens die Frage vergessen zu haben und immer leicht am Wesentlichen vorbei zu antworten."
    Das ist DIE perfekte Qualifikation für diesen Bereich ;-)

    Mein bisher einziges Vorstellungsgespräch im ÖD - 2012 in HH - war gruselig: Mir gegenüber saßen 13 (!) Personen, die alle irgendeine Funktion in der Behörde hatten. Mir war sofort klar, dass ich dort niemals anfangen werde. Wie soll man denn jemals eine Entscheidung treffen, wenn immer ein Dutzend Nichtsleister im Stuhlkreis mitreden, keiner aber die Verantwortung übernimmt?! Vorher war ich Führungskraft mit Personalverantwortung und habe (musste) häufig auch Entscheidungen treffen, die mein Auftraggeber hätte treffen müssen (der aber immer, wenn es brenzlig wurde "krank" war).
    Oh, ich schweife ab...

    Am Ende solltest Du schlicht auf Dein Bauchgefühl hören und NICHT auf die Befindlichkeiten anderer.

    VG Heiko

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Willkommen im Zauberreich. Da dieser Blog ziemlich viel persönlichen Krimskrams enthält, lassen Sie uns einander doch duzen:

Schreib mir gerne einen Kommentar, bringe mich zum nachdenken, schmunzeln oder lachen. Aber bitte vergiss nicht, dass dieser Blog ein Spiegel meines Innen- und Gedankenleben ist. Ich würde mich demnach freuen, wenn du deine Worte sorgfältig wählst und behutsam mit den Dingen umgehst, die ich hier niederschreibe. Außerdem möchte ich dich darum bitten, mir deinen Namen oder wenigstens ein Kürzel unter dem Kommentar zu hinterlassen, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe. Dankeschön!

Bitte beachte zudem, dass die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (https://zauberreich.blogspot.de/p/datenschutz.html) und in der Datenschutzerklärung von Google.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vom Kaffee und vom Leben

Vom Unglücklichsein

Vom Schmerzgedächtnis