Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Von lauter halben Sachen

Ich kann ein bisschen stricken, weiß, wie man einen Flaschenzug baut, kann ein bisschen tapezieren, ein Dach bauen, Möbel schreinern, wenn das Werkzeug vernünftig ist und in meinem Kaffee steht der Löffel. 

Wenn ich Lust habe, kann ich häkeln und bügeln und Knöpfe annähen. Sogar kochen geht ganz gut, obwohl ich meistens das Gegenteil behaupte, weil ich viel lieber bekocht werde. Ich kann sägen und hobeln und auch als Frau einparken. Wenn ich die Parklücke nicht in einem Zug besiege, dann spätestens nach dem zehnten Versuch. Immerhin bin ich eine Großstadtprinzessin. Ich habe gelernt, wie man Bäume fällt, kann Fische angeln und weiß, wie man ein Feuer entzündet, wenn man weder Streichhölzer noch Feuerzeug dabei hat. Ein bisschen Motocross kann ich fahren, ein bisschen Frau bin ich, aber noch lange nicht immer und immer will ich es auch gar nicht sein. Die meisten Standardtänze beherrsche ich halbwegs. Chachacha mag ich am liebsten. Ich kann ein wenig schreiben, beherrsche aber die Groß- und Kleinschreibung noch immer nicht perfekt und auf meine das/dass-Schwäche mag ich eigentlich gar nicht hinweisen. Schnürsenkel kann ich binden, Nägel in die Wand schlagen, klettern und steppen. Ich bin gut darin, neue Wörter zu erfinden, aber wenn niemand meine Worte versteht, nützt es nichts, sie zu benutzen. Beim Sex bin ich schamlos, wenn ich nur lange genug verschämt sein durfte, um Vertrauen fassen zu können. Zeichnen kann ich etwas, aber das liegt nicht wirklich am Können, sondern daran, dass ich schon immer einen Stift in der Hand gehalten habe. Ich kann Englisch, allerdings nicht perfekt, ich verstehe und spreche un petit peu Französisch, auf spanisch kann ich Bier bestellen und auf italienisch ein paar Grundlagen sagen: Mi chiamo Windlicht.

Lampen kann ich anschließen, ich weiß, welche Kleidung mir steht und wie man sich gut benimmt.  Vom Kiten weiß ich eine Menge. Besonders gut beherrsche ich das unkontrollierte Abheben, das sich mehrfache Überschlagen und unsanfte Landen. Das fällt mir mindestens ebenso leicht, wie zu stolpern, mich irgendwo zu stoßen oder in Fettnäpfchen zu treten. Vielleicht könnte ich ein richtig guter Trottel sein, aber selbst das gelingt mir nicht, weil ja auch blinde Hühner ab und an über Körner stolpern.
Ich kann vieles ein bisschen, aber nichts so richtig. 
Das mag ich nicht. 
Ich möchte gerne etwas können, was mich auszeichnet.

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