Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von den drei U's

Es ist nicht gut, dass ich mich so ausgehöhlt fühle, nachdem ich ein paar Tage mit meiner Familie verbracht habe. Und trotzdem entscheide ich mich hin und wieder dazu. Dann bin ich jedesmal voller Vorfreude und mir sicher, dass es dieses Mal anders wird. Nur um dann wieder auf den Boden der Tatsachen zu landen.

Es ist so: Gefühlt bin und bleibe ich das Kind meiner Familie, egal wie alt ich bin. Und als dieses fühle ich mich ungeliebt. Nicht von meinem Eltern. Meine Mama und mein Papa sind großartig. Aber vom ganzen Rest. Warum haben die mich nicht lieb? Warum interessieren die sich nicht für mich? Warum bin ich denen so egal? Das sind die Fragen, die an mir nagen, seitdem ich wieder Zuhause bin. Meine Familie kennt mich nicht. Und würde ich heute sterben, hätte ich Angst vor der Grabrede. Denn was will man schon über jemanden sagen, von dem man nichts weiß. 

Nichts, was ich tue, scheint gut genug für meine Familie zu sein. Auch nicht die Bilder, die ich male. Erst ist man hellauf begeistert. Dann zeige ich meinem Patenkind mit ein paar einfachen Tricks, wie es besser zeichnen kann. Das funktioniert so gut, dass es dann heißt: "Oh, schön. Xy kann das ja viel besser als du. Und die ist erst 12 Jahre alt. Da hat sie wohl deutlich mehr Talent. Vielleicht lässt du es dann besser." Und es ist albern von mir, das ist mir bewusst, aber: Die Worte treffen mich. Ich fühle mich abgewertet. Ich bin nicht gut genug. So generell nicht. Nicht gut genug im zeichnen, nicht hübsch genug, nicht dünn bzw. essgestört genug, nicht erfolgreich genug, nicht reich genug. Nicht verheiratet, kein Arzt als Partner, keine Eigentumswohnung in Berlin-Mitte für eine knappe Million. Mir ist das alles egal. Mir geht's gut, mit dem was ich bin und habe. Nur halt meiner Sippe nicht.

Ich freue mich für mein Patenkind, dass es spontan zeichnerische Fähigkeiten entwickelt hat. Nur kommt die Freude heute nicht aus dem Herzen, sondern eher aus dem Verstand. Denn ich verstehe schon, dass mein Patenkind nichts für meine Familie kann. Und dass es ziemlich missgünstig wäre, eifersüchtig die Anerkennung, die sie erhält, zu sein und sich nicht mit ihr zu freuen. Dennoch bleibt ein sehr bitterer Nachgeschmack. Der zudem sehr effektiv dafür sorgt, dass ich mich noch schlechter fühle.

Ich denke, diese Art von gemeinsamen Urlauben spare ich mir künftig. Die sind für mich zutiefst toxisch. Ich will mich nicht so unerkannt, ungeliebt und ungewollt fühlen. Das ist nicht gut für mich. Dann beschränke ich meine Familie lieber auf meine Eltern. Die haben mich wenigstens lieb. So ganz und aus vollem Herzen. Und das ist ja eigentlich auch viel.

Kommentare

  1. Wie unschön☹
    Auch wenn es schwer ist, ist es vermutlich das Beste, wenn Du diese Leute meidest. Ich denke, die haben Dich eh nicht verdient.

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    1. Das ist ein Gedanke, der hilft: Du hast recht, die haben mich nicht verdient.Danke :-*

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  2. Familie kann man sich nicht aussuchen. Leider.
    Es ist Dein Leben und Du musst damit zufrieden sein. Dein Glück ist es, das zählt.
    Lass Dich nicht runterziehen und fühl Dich gedrückt.

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    1. Ja. Familie ist einfach generell... ein kompliziertes Thema.
      Fühl dich auch gedrückt :-)

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