Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom nicht-Schneewittchen

"Oh, guck mal!", rufe ich verzückt und zeige mit dem Finger aus dem Autofenster. Asa und ich stehen gerade an einer roten Ampel. Vor uns überquert, ganz beschwingt, eine ziemlich hübsche Frau die Kreuzung.
"So möchte ich auch aussehen.", seufze ich, "So schlank und hübsch. Damit ich auch mal ein Kleid anziehen kann, ohne deformiert auszusehen."
Asa schnaubt leise. Er kleingtc fast ein wenig genervt.
"Was ist denn?", frage ich verwundert und wende mich ihm zu.
"Nichts.", gibt er knurrend von sich.
"Nichts?", frage ich.
Er schweigt. Nur um nachzuschieben:
"Ich könnte jetzt nur etwas sagen, was total sexistisch wäre. Also lasse ich es, sonst pöbelst du mich gleich an.", sagt er.
"Hm.", erwidere ich. Ich kämpfe mit meiner Neugier. Es interessiert mich ja schon, was er sagen wollte. Nachdenklich betrachte ich ihn von der Seite. Er verzieht seine Lippen zu einem Lächeln.
"Du weißt, dass ich es merke, wenn du mich anstarrst, Muschelmädchen?", fragt er grinsend.
"Hmmhm.", gebe ich zurück. "Was wolltest du denn sagen? Was so sexistisch ist?", traue ich mich nun doch zu fragen.
"Willst du es wirklich wissen?", holt er sich die Rückversicherung.
Ich nicke heftig.
"Ja, bitte."
"Also gut...", gibt er nach, "Diese Frau, auf die du da eben gezeigt hast, war total dürr! Und alles, was mir eben dazu eingefallen ist, war: Schneewittchen, Schneewittchen, kein Arsch, kein Tittchen."
Diesmal schnaube ich.
"Das ist echt sexistisch!", erkläre ich empört.
Asa lacht leise und verdreht die Augen zum Autohimmel.
"Das sagte ich bereits.", stellt er mit ruhiger Stimme fest.

Ich schweige und sehe dabei zu, wie die Welt an den Autofenstern vorbeizieht. Und dann grinse ich heimlich ein wenig in mich hinein. Weil mir langsam klar wird, dass Asa da gerade etwas ganz schön Nettes zu mir gesagt hat. Ich bin ein nicht-Schneewittchen.

Kommentare

  1. Die Dürren sehen nur gut aus, so lange sie Kleidung haben, die das schlimmste kaschieren. Es ist zwar abgedroschen, aber dennoch: Echte Frauen haben Kurven.

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    1. Richtig! Nur Hunde stehen auf Knochen :-).

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    2. Ich versuche so oft, das zu glauben.
      Aber leicht ist es irgendwie nicht. Obgleich es toll wäre, wenn ihr recht hättet. :-)

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    3. Haben wir. Wir wissen, wovon wir reden. :-D

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    4. Das finde ich toll. Bitte mehr von diesen männlichen Überzeugungen! :-)

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