Von verhexten Beziehungen

In den letzten Minuten hab ich viele Sätze getippt, nur um sie anschließend wieder zu löschen. Ich kann fühlen, was ich schreiben will, aber es fällt mir schwer, es auf den Punkt zu formulieren: Es beschäftigt mich seit ein paar Tagen mal wieder intensiv, dass ich in den allermeisten meiner Beziehungen das Gefühl habe, nicht gesehen zu werden und nicht gut genug zu sein.  Da ist zum Beispiel die enge Freundin, die mir Tag und Nacht WhatsApp-Nachrichten schreibt, mich quasi in Echtzeit an ihrem Seelenleben teilhaben lässt, aber nicht einmal auf die Idee kommt, mich zu fragen, was los ist, obwohl ich klar formuliere, dass es mir nicht gut geht. Da ist der Mann, der in all den Jahren nicht auf die Idee gekommen ist, mich heiraten zu wollen. Vermutlich weil ich nicht gut genug bin. Was einerseits okay ist, weil ich nicht heiraten will, aber andererseits in stummer Beharrlichkeit das Gefühl in mir erzeugt hat, dafür wohl nicht gut genug zu sein. Ein Gefühl, das schmerzt. Da ist die Freundin

Vom Manchmal



"Man muß nie verzweifeln, wenn etwas verloren geht, ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück; es kommt alles noch herrlicher wieder. Was abfallen muß, fällt ab; was zu uns gehört, bleibt bei uns, denn es geht alles nach Gesetzten vor sich, die größer als unsere Einsicht sind und mit denen wir uns scheinbar im Widerspruch stehen. Man muß in sich selber leben und an das ganze Leben denken, an alle seine Millionen Möglichkeiten, Weiten und Zukünften, denen gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt."

(Rainer Maria Rilke)

Manchmal schrumpfe ich mich in Gedanken. Dann krieche ich in seine Jackentasche, wärme uns, rolle mich in seiner rechten Handinnenfläche zusammen, genieße unsere Nähe, oder setze mich auf seine Schulter, um dort mit den Beinen zu baumeln, fröhlich vor mich hinzu glucksen, zu lachen und ihm kleine, subtile Späße ins Ohr zu raunen.
Ich stelle mir vor, wie er darüber lachen muss oder sich, an den dunkleren Tagen, gegen seinen eisernen Willen, zum Lächeln bringen lässt. Ich bin ganz sicher, dass er spätestens dann allen Widerstand und jegliche Härte aufgeben würde, wenn ich mich, auf seiner Schulter, auf die Zehenspitzen stellen und ihn am Ohrläppchen kitzeln würde. An diesen Tagen bin ich der Schalk in seinem Nacken, der Mut, der Optimismus, die Unbeschwertheit.

Manchmal wachse ich über mich hinaus und damit zurück in mich hinein. Dann lasse ich in Gedanken meine Fingerspitzen über seinen Körper wandern, streiche, von den Handflächen ausgehend, sanft über seine Unterarme, die Oberarme und die Schultern, zeichne seine Lippen nach, die Nase, die wunderbaren kleinen Fältchen um die Augen herum, fahre zärtlich die Augenbrauen gegen den Strich entlang, bis ich schließlich meine Hände seine Brust hinabstreicheln und auf seinem Bauch zur Ruhe kommen lasse. Behutsam küsse ich ihn dreimal: Auf den Kopf, im Nacken und schließlich, an der verletzlichsten Stelle, zwischen den Schulterblättern. An diesen Tagen bin ich die Sicherheit in seinem Rücken, das Vertrauen, die Wärme und die Liebe.

Kommentare

  1. Tolle Beschreibung eines schönen Gefühls!
    Und manchmal bleibt alles still, weil man glaubt es mit Worten zu verscheuchen...


    M.

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    1. Du...? Ist eigentlich angekommen, was ankommen sollte? In Taormina?

      Danke.

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  2. Wenn ein Mann vielleicht nur EIN Lebensziel haben sollte,
    dann jenes, dass er in seinem Leben jemanden findet,
    der SO über ihn denkt.

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