Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von Frühlingsgefühlen

Wenn mir vor ein paar Jahren jemand gesagt hätte, dass ich eines Tages Spaß dabei empfinden werde, Kaltakquise zu betreiben, wäre ich vermutlich in halbwegs panisches Gelächter ausgebrochen und hätte mir ungläubig lächelnd an den Kopf getippt. Noch immer überrasche ich mich manchmal selbst:
Denn ich kann Vertrieb, bin sogar gut darin. Vermutlich weil ich vollkommen strategielos, sogar regelrecht unbedarft bei potentiellen Kunden aufschlage und einfach losquatsche, ohne mir den Kopf über Wortwahl und Inhalt zu zerbrechen. Die ersten Lacher heimse ich zumeist schon ein, wenn ich motiviert durch die Eingangtüren hüpfe und fröhlich "Servus, Grüezi und hallo." rufe.
Als ich bei einer dieser Vertriebstouren heute einen ziemlich hübschen Mann kennenlerne, merke ich, dass sich langsam Frühlingsgefühle in mir regen. Während wir uns durch den Smalltalk treiben lassen und ich mein Gegenüber mit Nervennahrung in Form von Schokolade versorge, stelle ich mir vor, dass er mich stante pede auf seinem Schreibtisch vernascht. Tut er aber nicht. Weil er Anstand besitzt. Und ich viel zu zurückhaltend bin, um im beruflichen Umfeld herumzubaggern. Mein Kopfkino genieße ich trotzdem. Zumindest bis er mich jäh aus meinem ganz persönlichen, kleinen Porno herausreißt und mir lächelnd mitteilt, dass er die Schokolade, die ich ihm mitgebracht habe, an seinen Kollegen weiterleiten wird, weil er selbst gerade diätet. Pah! Ich frage mich, welches Milligramm an seinem absolut perfekten Körper er weghungern will, hake aber nicht nach, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen. Stattdessen wird mir just in diesem Augenblick bewusst, dass ich mich nach einem Flirt sehne. Einem unverbindlichen, heftigen Flirt mit einem klugen Mann. Knisternd, offensiv, intensiv, dreckig, mitreißend und alles versprechend. Der mein Herz für einen Moment tanzen lässt.



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