Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von Bewerbungsgesprächen

„Ich war mal ein Mann.“, ruft die Bewerberin fröhlich, „Aber eigentlich habe ich mich immer als Frau gefühlt.“ „Ich finde es mutig von ihnen, dass sie sich entschieden haben, dieses Gefühl frei auszuleben!“, sage ich lächelnd. „Ja, wissen sie“, sie strahlt mich an, „dass war gar nicht so einfach. Ich habe viele Freunde dadurch verloren. Sie konnten nicht akzeptieren, dass ich eine Frau bin. Aber nun ja... So ist das eben. Ich bin jetzt, wer ich sein will. Das macht mich glücklich!“ „Das finde ich bewundernswert.“, erwidere ich. Hiernach unterhalten wir uns ein bisschen über den Job, auf den Sie sich beworben hat. Zumindest bis sie mich ohne Vorwarnung laut unterbricht, die Augen aufreißt und mir fasziniert aufs Dekolleté starrt: „Entschuldige, Herzchen, dass ich dich unterbreche, aber ich muss das einfach fragen: Deine Brüste sind doch nicht echt, oder? Die hast du doch machen lassen,oder? Du musst mir unbedingt die Telefonnummer von deinem Arzt geben! Deine Möpse sind fantastisch, ich kann kaum woanders hingucken!“ Ich laufe rot an. Und nein, sie lässt sich so gar nicht davon überzeugen, dass meine Brüste echt sind. Am Ende des Gespräches ist sie sogar annähernd beleidigt, weil sie vermutet, dass ich ihr die Telefonnummer meines Arztes nicht gebe, weil ich ihr keine schönen Brüste gönne. Nun ja...

*.*

Im Konferenzraum sitzt eine junge Frau, die ziemlich lässig gekleidet ist. Sie trägt ein großes T-Shirt und ziemlich kurze Jeansshorts. Die langen Haare fallen ihr offen über die Schultern. Ihr Gesicht leuchtet rot. Vermutlich ist sie aufgeregt, denke ich, während ich den Raum betrete. Das ist aber nicht des Rätsels Lösung, wie ich gleich feststellen werde. „Es tut mir sooo leid!“, ruft die Bewerberin nervös, als sie aufsteht, um mir die Hand zu reichen. „Was tut ihnen leid?“, frage ich verwundert. „Ich war gestern mit meinem Freund am FKK-Strand. Dabei bin ich eingeschlafen und habe mir den mega Sonnenbrand geholt! Es ist so schlimm, dass ich heute weder einen BH noch einen Slip tragen kann! Ehrlich gesagt habe ich sogar Probleme, mich überhaupt zu setzen. Am liebsten wäre ich einfach nackt zu ihnen gekommen!“ Ich unterdrücke nur mit Mühe ein Schmunzeln und singe in mich hinein. Lalala... so viele irrelevante Details und das schon im ersten Satz... Aber irgendwie mag ich ihre ehrliche und unerschrockene Art sehr gerne. Das verspricht ein interessantes Gespräch zu werden...

Kommentare

  1. Antworten
    1. "Leider legen wir in dieser Firma großen Wert auf entsprechendes Auftreten, aber wenn Sie mir den gestrigen Sonnenbrandschaden noch etwas genauer zeigen könnten, lässt sich sicher ein Auge zudrücken!"

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    2. @DrSchwein

      Mir auch. Jedenfalls ist das Leben mit Bewerbern wesentlich erheiternder als ohne.

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    3. @Rain

      In diesem Fall: Ach, nein, lass mal. Besser nicht.
      Aber ein interessantes Kopfkino hast du da. Vielleicht sollte ich das in einem separaten Phantasie-Post aufgreifen. ;-)

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  2. Der erste Teil der Post ist ja schon, ich sage mal skurril, lässt aber zumindest die Gewissheit zurück, das du offensichtlich über zwei sehr schöne Argumente verfügst. Bitte ;)

    Der zweite Teil ist phantastisch!
    Mir stellen sich viele Fragen, z.B. auf welche Stellenausschreibung sich die Dame beworben hat. Und natürlich: Habt ihr sie eingestellt? Und: Konnte geprüft werden ob die Aussage hinsichtlich Slip und BH tatsächlich zutreffend war? Abschließend: Sonnenbrand auf der Brust oder dem Rücken?
    Fragen über Fragen :)

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    1. Ich widerspreche: Ich vermute es ging der freundlichen Bewerberin vor allem um die Größe der Argumente. Hinsichtlich dieser unterstellt man mir nämlich ganz gerne Kunst.

      Die zweite Bewerberin wurde von mir eingestellt, ja. Die Beantwortung deiner Fragen überlasse ich allerdings deiner Phantasie. Ich nehme an, dass diese weitaus aufregender ist, als es die Realität je sein könnte.

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