Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom schwimmenden Kompliment

"Komm, wir gehen zusammen den Bach runter,
denn ein Wrack ist ein Ort, an dem ein Schatz schlummert..."

(Alligatoah: Willst du)
 
Irgendwann necke ich ihn mal wieder. Solange, bis er seine Hände auf meine Hüften legt, sein Gesicht zu mir hinunterbeugt und gefährlich leise sagt: "Hör auf, mich zu ärgern. Anderenfalls stopfe ich dir den Mund." Von da an sind wir friends-with-benefits. Zwar ist er das eine oder andere Jahr jünger als ich, aber ich mag es, dass er im Bett weiß, was er tut und sich nicht davor scheut, auch mal zuzupacken. Er ist der erste Mann, bei dem ich mich nicht unwillkürlich frage, was er da unten tut, während er mich hingebungsvoll leckt. Stattdessen kann ich mich einfach fallenlassen. So sehr, wie man sich eben fallenlassen kann, wenn man sich turtelnd und lachend in einem leeren Vorlesungssaal verbarrikadiert hat.

Eines Morgens, wir sind gerade miteinander durch die Betten getobt, liegen wir rücklings nebeneinander auf der weichen Matratze, atemlos, erhitzt, verklebt von Körperflüssigkeiten. Noch hat der Wecker nicht geklingelt. Ich genieße die Stille. Die ersten Sonnenstrahlen, die sich den Weg in die kleine, gemütliche Einzimmerwohnung suchen. Das leise Zwitschern der Vögel vor dem Fenster.
Als ich ihn das nächste Mal ansehe, merke ich, dass er sich zu mir gedreht hat, den Kopf auf den Ellenbogen stützt und mich betrachtet. Ich lächle leicht.
Er sagt: "Wenn man alle Teile von dir einzeln betrachtet, bist du wunderschön."
Ich ziehe mir die Bettdecke bis zur Nasenspitze und fühle mich hässlich als Ganzes.

Und dann liebt er mich.
Von heute auf morgen.
Ohne Sex, aber dafür mit Haut und Haar und vielen Gefühlen.
Friends-with-benefits geht den Bach runter.
Dicht gefolgt von unserer Freundschaft.

Kommentare

  1. Eine schöne romantische Vorstellung, dass aus Freundschaft plus eine tiefe Beziehung entstehen kann. Pro: die Unkompliziertheit des Anfangs, Contra: die Seltenheit 😉

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    1. Contra: Solche Geschichten gehen niemals gut aus - wenigstens nicht bei mir. ;-)

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  2. So kann es Jedem ergehen - auf beiden Seiten der Erzählperspektive.
    Vielleicht war das "und dann liebt er mich" aber doch nicht so ganz von heute auf morgen?

    Und die zweite anzuzweifelnde Aussage steht dann im Kommentar unter dem von Nelly^^ - sag niemals "nie"... ;-)

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    1. Du bist der Grund, warum ich die Einschränkung "- wenigstens nicht bei mir" noch angefügt habe. Dass solcherlei Geschichten bei dir gut ausgehen, weiß ich. :-) Bei mir halte ich das allerdings eher für unwahrscheinlich. Dass mit den Gefühlen hätte genauso gut mir passieren können. Und ich glaube, dass ich normalerweise, ziemlich weiblich, dazu neige, Gefühl und Sex nicht allzu gut trennen zu können.

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